Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

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Kamerun. 
Oberleutnant Srhr. v. Stein über die Beendigung 
seiner Bertna-Expedition. 
II. 
Der 7. und 8. September wurden durch weitere 
Entsendung von Patrouillen ausgefüllt, die in den 
zahlreichen großen Dörfern nur wenig Widerstand 
fanden. Es gelang dabei, nur die allgemeine Flucht- 
richtung Bertuas nach Südwesten aus dem dort 
elwas verstlärkten Widerstande zu folgern. Wenig 
von Pfeilschüssen mehr belästigt, im Besitze eines 
Pferdes Bertnas und schließlich bestimmt durch eine 
Nachricht Verumas, daß seine Partei sich immer 
mehr stärke und massenhaft Vangerileute bei ihm 
Schutz suchten, beschloß ich, der Richtung Südwest 
ebenfalls zu folgen. 
Nachzuholen wäre, daß bisher nur ein Soldat 
verwundet war und zwar durch einen Pfeilschuß 
durch die Schulter, eine Verletzung, die unter An- 
wendung eines mir von dem Haussachef bereiteten 
Gegengistes schließlich ziemlich gut heilte. Pfeile und 
Speere waren fast durchweg mit einer Strophantusart 
stark vergiftet. Auch weiterhin kamen sehr wenig 
Verwundungen vor. Ein vereinzelter stärkerer Mbiabi- 
komplex, etwa zwei Stunden von Vangeri, wurde 
in dieser Zeit ebenfalls genommen. 
Am 9. September trat ich, vom Feinde nur 
wenig belästigt, den Marsch nach Südwesten an, 
vorläufig ganz unklar darüber, ob Bertua mit seiner 
Hauptmacht uns südlich umgangen habe und nach 
Bendia ausgewichen sei oder sich weiter westwärts 
zurückgezogen habe. In Ndjabo, einem zu Sendeke 
gehörigen Baiadorfe, nahe dem inneren Rand des 
Gamane westlich umschließenden Urwaldes, wurde 
widerstandslos Lager bezogen, und ebenso mit nur 
geringen Gefechten wurden dann sämtliche Sendeke- 
und Bobalodörfer dieses Abschnitts genommen, ohne 
daß es den Patrouillen gelang, die Spur Bertuas 
selbst wieder aufzufinden. Ich entsandte von hier 
eine stärkere Patrouille unter dem Feldwebel Buari 
in das nicht allzu entsernt gelegene Gamane selbst, 
um mich vom Stande der Dinge dort zu überzeugen. 
Nach Meldung Buaris war jetzt die Stadt gedrängt 
voll Menschen, die unbedingt dem Veruma zu 
gehorchen schienen. Der Häuptling Ndjabo, der mit 
einem Teil seiner Leute in Gamane Zuflucht gesucht 
hatte, erschien selbst, um um Frieden zu bitten, der 
ihm unter der Bedingung auch gewährt wurde, daß 
er Bertua im Sendekelande keinenfalls aufnehmen 
oder unterstützen dürfe, vielmehr, falls dieser in die 
Nähe käme, sofort der Expedition Muteilung gemacht 
werden müsse. Mit ganz ähnlichen Bedingungen 
wurde Rdjabo zu dem benachbarten Baiastomme 
Buri (Djalang), zu den Kokum und Tele im Westen 
geschickt, die alle vom Kriege nicht berührt waren, 
*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1903, S. 205. 
  
mich jedoch von dem vorjährigen Durchmarsch durch 
ihr Gebiet kannten. 
Da ein Widerstand in diesen Gegenden in keiner 
Weise mehr stattfand und die weitere Spur Bertuas 
völlig verloren erschien, brach ich selbst am 10. Sep- 
tember nach Gamane auf, in der Hoffnung, von den 
vielen jetzt dort befindlichen Flüchtigen Nachrichten 
erzielen zu können. An demselben Tage noch er- 
schienen Gesandte von Djalang und Kokum mit der 
Bitte um Frieden und der Meldung, Bertua sei 
ihrem Gebiete nicht nahe gekommen, und sie würden 
alle meine bezüglichen Wünsche ohne weiteres erfüllen. 
Es ist durch diese Abmachung in der Folge das 
Aktionsfeld wesentlich beschränkt worden. Uberein- 
stimmende Nachrichten von Haussas, Flüchtlingen 2c. 
lauteten dahin, daß — kurz nach dem Embruch m 
Vangeri — Bertua nördlich von Gamane die Vangeri- 
straße ostwärts überschritten habe und jedensalls nach 
Inforo (das Staadtsche Enorero) geflüchtet sei. 
Die Verhältnisse in Gomane selbst fand ich des 
weiteren insofern verändert, als die Stämme der 
Gadshi, Dassi, Bujog und Buginde, die Bertua im 
Halbkreis von Nordost bis Südwest um Gamane 
angesiedelt hatte, unterdes die lange ersehnte Gelegen- 
heit ergrissen hatten, um, teilweise nach vorausge- 
gangenem Gefsecht mit den Verumaleuten, zu entfliehen. 
Sowohl in der Nähe von Bimba wie von Beri 
sollten diese Leute jetzt angeblich die rückgehende 
Expedition erwarten, um dann Neuansiedelungen nach 
Anweisung der Verwaltung anzulegen. Nur ein 
geringerer Teil (Gadshi) war an den Kadöi in der 
Nähe des Moyandi gegangen, und es stand von diesem 
die Auswanderung in seine früheren Sitze bei Baturi 
zu befürchten. Für die augenblickliche Lage hatte 
dieser Zwischenfall das Gute, daß er den Gesamt- 
bogen südlich Gamane gegen ein Ausweichen Bertuas 
dahin vorläufig völlig abschloß. 
Ganz unerwartet brach ich am 11. September 
früh morgens in beschleunigtem Marsch nach Insoro 
auf und erhielt erst ganz nahe diesem Orte etwas 
Feuer. Die Patronillen hatten in der hier spärlicher 
bevölkerten Gegend wenig Erfolg, es gewann den 
Anschein, als ob Bertua sicher hier nicht Zuflucht 
gesucht habe. Es stimmten mit diesen Erkundigungen 
die Aussagen einiger Gefangenen überem, die ich 
schließlich, um Inforo und seine Leute ähnlich zu 
verständigen wie in Ndjabo, laufen ließ. Die Angst 
Insoros war jedoch zu groß, als daß es gelungen 
wäre, ihn zu persönlicher Besprechung zurückzurufen, 
wenn er durch Boten auch alles Verlangte auszu- 
führen versprach. 
Am 13. und 14. wurde die Landschaft Bendia, 
die viele kleine Dörfer meist in dichtem Urwald be- 
sitzt, eingehend abgesucht, ohne daß es auch hier ge- 
lungen wäre, eine Spur Bertuas aufzufinden. Hier 
sowohl wie während der gesamten Aktion war der 
stundenlange tägliche Regen, meist verbunden mit 
Gewittern, recht lastig und erschwerte vor allem die 
zahlreichen Flüßchen= und Bachübergänge. Zu einem
	        
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