Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

erreicht und genommen. Der letzte Anhang Bertuas 
wurde dabei völlig zersprengt und das Pferd, 24 
Weiber und Kinder und die gesamte Habe Bertuas 
wurden erbeutet. Er, selbst war bereits am Abend 
vorher infolge des Uberfalls seiner Verpflegungs- 
karawane außerhalb der Wege in den unbewohnten 
Wald geflüchtet, und seine weitere Spur konnte, 
obwohl die gesamte Truppe, teilweise auch in der 
Nacht, die Gegend weithin abpatrouillierte, zunächst 
nicht aufgefunden werden; nach Aussage der Ge- 
fangenen hatte er nur noch fünf bis sechs Mann 
zur Begleitung. 
Westafrikanische Pflan zungs-Gesellschaft „Victoria“. 
Der Vorstand der Gesellschaft führt in dem 
soeben erschienenen Geschäftsbericht für das Jahr 
1902 aus: 
Einschließlich der auf Urlaub befindlichen Be- 
amten beschäftigte die Pflanzungsabteilung durch- 
schnittlich 17, die Handelsabteilung 10 und die 
Feldbahnabteilung 11 Europäer. Wir können eine 
weitere Besserung der gesundheitlichen Verhältnisse 
seststellen, welche der streng durchgeführten Chinin= 
Prophylaxe sowie den im Laufe der Jahre urbar 
gemachten und in Kultur genommenen großen Land- 
strecken zu verdanken ist. 
Die Arbeiterlage war gut. Es arbeineten auf 
allen Abteilungen zusammen etwa 1800 Neger, von 
welchen auf Pflanzungsabteilung etwa 900, Feld- 
bahnabteilung etwa 700, Handelsabteilung etwa 200 
durchschnittlich entfielen. In der Leistungsfähigkeit 
der Neger und ihrer Gewöhnung zur Arbeit war 
ein erfreulicher Fortschritt zu bemerken. Es herrschte 
zeitweise sogar Angebot von Arbeitskraft über den 
Bedarf hinaus. Durch Aussendung eines Lazarett- 
gehilsen für die Aussicht in den Krankenhäusern, 
weitere Anpflanzung von elwa 300 000 Bananen, 
Vergrößerung der Arbeiterhäuser rc. hat die Gesell- 
schaft in der Besserung der Lage ihrer Arbeiter 
wieder einen Schritt vorwärts getan. Nach wie 
vor ist aufs strengste darauf geachtet worden, daß 
die Arbeiter gut und angemessen verpflegt und 
keinerlei Mißhandlungen von weißen oder schwarzen 
Anfsehern ausgesetzt wurden. Zur Verpflegung er- 
hielten neben der Frucht unserer Olpalmen und fast 
dem ganzen Ertrage von über einer Million Bananen= 
pflanzen unsere 1800 Arbeiter etwa 5500 Zentner 
Reis und etwa 1500 Zentner Fische. 
Der Stand sämtlicher Pflanzungen ist ein guter. 
Am Jahresende waren etwa 1500 ha Land in 
Kultur, auf welchen neben etwa 550 000 Kako- 
bäumen an die tausend Kickrien, etwa 1 100 000 
Bananen und etwa 600 000 frei geschlagene, der 
Mehrzahl nach tragende Olpalmen standen. Die 
großen Erfolg versprechenden Versuche, welche dankens- 
werterweise die Pflanzungs-Gesellschaft Soppo G. 
m. b. H. mit ihrem wilden Kickxienbestande in 
238 
  
  
  
Malende, der einen überraschenden Erfolg ergab, 
sowie mit ihren Kulturen in Soppo anstellte, haben 
uns bewogen, der Kickxienanpflanzung besondere 
Aufmerksamkeit zu schenken. Wir werden im laufen- 
den Jahre eine größere Kickxrienpflanzung schaffen, 
die bei der von Jahr zu Jahr wachsenden Wert- 
bemessung, welche dem Produkte der Kickria auf dem 
Rohgummimarkt geschenkt wird, durchaus zeitgemäß 
und rentabel erscheint. Die bis Ende 1902 ge- 
pflanzten etwa 550 000 Kakaobäume erforderten 
einen Aufwand von 1721 639,83 Mk. Der Baum 
steht mit etwa 3,50 Mk. im Durchschnitt zu Buche, 
ein durchaus normaler Wert, da über die Hälfte 
der Bäume im laufenden Jahre trägt. Vergrößert 
wurde das Maschinenhaus für die Kakaoaufbereitung. 
Neu gebaut wurden neben verschiedenen Anlagen für 
die Feldbahn, wie Lokomotiv= und Wagenschuppen, 
ein Lagerhaus in Boniadicombo, ferner verschiedene 
Arbeiterhäuser und kleine Unterkunftsräume für Be- 
amte an der Eisenbahnstrecke. Neu erworben wurden 
verschiedene für uns brauchbare Gebäude der Firma 
J. Weiler am Kakaohafen. Die Kakaoernte wurde 
in zwei „Guardiolas Patent“-Trockenapparaten auf- 
bereitet und mit 3040 Zentnern auf den Markt ge- 
bracht. Nach Abzug der Erntekosten, Fracht, Asse- 
kuranz r2c. betrug der Reingewinn aus derselben 
94184,13 Mk. (46 113 Mk. beziehungsweise 
13 825 Mk. in den Vorjahren.) Der Marktpreis 
für Kakao war im ganzen Geschäftsjahre stetig, so 
daß wir einen Durchschnittserlös von 111,50 Mk. 
erzielen konnten. Unsere Bananenanlagen (über 
1 000 000 Pflanzen) trugen soviel Früchte, daß wir 
nicht nur unsere Arbeiter (1800) damit reichlich 
verpflegen, sondern auch noch zeitweise dem Kaiser- 
lichen Bezirksamt Victoria für dessen Arbeiter 
wöchentlich bis zu 400 Büschel ablassen konnten. 
Die Früchte unserer Olpalmen stellten wir den 
Arbeitern zur Verfügung, während den Olpalmen 
selber eine besondere Sorgfalt zu teil wird, indem 
wir bemüht sind, den Bestand derselben zu erhalten 
und zu vermehren, in der Hoffnung, auch diesen mit 
der Zeit nutzbringend verwerten zu können. 
In der Handelsabteilung verbleiben nach Abzug 
der Unkosten, Tantièmen 2c. an Reingewinn 
55 896,50 Mk. gegen 16 101 Mk. im Voriahre. 
Wir besitzen zurzeit Faktoreien in Victoria, Bonia- 
dicombo, Buea, Soppo, Molyko und Bali. Von 
diesen war die Bali-Faktorei im abgelaufenen Jahre 
nur während der persönlichen Anwesenheit des Herrn 
Steinhausen in Bali im Betriebe. Die Soppo- 
Faktorei wurde erst zum Jahresende eröffnet. Als 
Neuerung führten wir bei der Handelsabteilung 
ständige Trägerkolonnen ein, welche von Boniadi- 
combo, dem augenblicklichen Endpunkt der Gebirgs- 
bahn aus die Waren nach Soppo, Buea und Molyko 
befördern mußten. Umgesetzt wurden von der 
Handelsabteilung in unseren Faktoreien für über 
1 000 000 Mk. Waren, die zum größten Teile 
deutschen Ursprungs waren.
	        
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