Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

strengendem Marsche an eine kleine Bucht des Kiwus 
bei Mumariwa arushozi, während die von jetzt ab 
immer für sich marschierenden Kongolesen gegen 3 Uhr 
nachmittags weit nördlich von mir Lager bezogen. 
Ich machte in Mumariwa arushozi einen Ruhetag 
und gelangte von dort in weiteren fünf Stunden 
in die Landschaft Mumegatate. Der Marsch führte 
uns dann weiter, stetig steigend, auf die Igigahöhen, 
wo angeblich besonders schöner Urwald passiert 
werden sollte. Der ganze von uns durchzogene Ur- 
waldstrich hatte indessen nur die Breite einer Marsch- 
stunde und muß als ein winziger Rest früheren 
Urwaldes bezeichnet werden; auch war die Höhe 
und Stärke der einzelnen Bäume nicht auffallend. 
Als Untergestrüpp waren Farne und Königskerzen 
vorherrschend. Dieser noch stehende Teil wird leider 
auch in wenigen Jahren verschwunden sein, da die 
Eingeborenen schon jetzt sich hier anbauen und den 
Wald urbar machen. Dieses zu verhindern, ist, so 
lange eine direkte Einwirkung auf Ruanda fehlt, der 
Station Usumbura unmöglich. Eine diesbezügliche 
Rücksprache mit dem Msinga dürfte keinen weiteren 
Erfolg haben, da derselbe den Zweck dieses Schauris 
nicht einsehen wird. 
Nachdem dann die Wasserscheide zwischen Kiwu 
und Kagera-Nil überschritten war, stiegen wir zum 
Tal des Kirurumebaches ab, eines Nebenflusses des 
Nyawarongo, und lagerten hier. Nach Süden zu 
sahen wir ausgedehnten Urwald, dessen Durchquerung 
auf dem Lugegawege allerdings fünf bis sechs Tage 
beanspruchen soll. In vier weiteren Märschen er- 
reichten wir dann in der Landschaft Ubufando den 
Nyawarongofluß, welcher hier eine Breite von etwa 
20 m hatte und zu beiden Seiten etwa 100 m 
breite Papyrussümpfe zeigte. Bis zum Nyawarongo 
passierten wir in sehr bergigem Gelände die Land- 
schaften Kabire, Muganno und Rkole und über- 
schritten den Birurume, den Ngofu= und Lukalala= 
bach, sämtlich Nebenflüsse des Nyawarongo. In der 
Landschaft Muganno mußte ich Lebensmittel re- 
quirieren, da die Bevölkerung mir diese verweigerte. 
In der Landschaft Nkole erblickten wir dieses Mal 
zuerst die Vulkane Michawura und Kirunga ka 
Karisimbi. Die Bevölkerung der bisher durchzogenen 
Landschaften war keine auffallend dichte, muß für 
das stark bevölkerte Ruanda sogar als gering be- 
zeichnet werden. Die Bewässerung war dem sehr 
zerrissenen und relativ hohen Gelände gemäß auch 
eine gute, fast in jedem Tal trafen wir auf größere 
oder kleinere Bäche. Am 25. September überschritten 
wir den Nyawarongo an einer 20 m breiten und 
nur ¾ m tiefen Stelle und gelangten in allmählich 
sich abflachendem Gelände in die Landschaft Nduzi, 
von wo wir auf Ansuchen Luabilindas lagerten, 
trotzdem es nur noch 1 ½ Stunden bis zur Residenz 
des Msinga waren. Auch für den nächsten Morgen 
bat Luabilinda uns, nicht zu früh aufzubrechen, da- 
mit der Msinga sich auf unsere Ankunft vorbereiten 
könne. Wir erschienen daher auch erst gegen 9 Uhr 
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des nächsten Tages in der Königsprovinz Nduga. 
Die Gegend ist hier ausgesprochenes Hochplateau 
mit leichten Bodenwellen und Sümpfen geringerer 
Breite in den Mulden. Auf den Kuppen liegen die 
Dörfer mit spärlichen Bananenhainen, stellenweise 
von hohen Bäumen umgeben, ein Zeichen, daß hier 
angesehene Watussi ihren Wohnsitz haben oder hatten. 
In breiter Front ging ich in der Landschaft Nduga 
gegen das Dorf Nyanza des Msinga vor, die Askaris 
mit aufgepflanztem Seitengewehr, die Träger in 
dichtem Haufen dahinter, von den nach Tausenden 
zählenden Eingeborenen zu beiden Seiten begleitet. 
Lager schlugen wir etwa 500 m vom Sultansdorf 
entfernt auf, in welchem die deutsche Flagge gehißt 
war. Gegen 11 Uhr erschien dann Luabilinda, um 
uns das Erscheinen Msingas zu melden. Es ver- 
ging indessen noch eine weitere Stunde, bis sich der 
vor dem Sultansdorf lagernde schwarze Haufe löste 
und sich unter dem Gedröhne von fünf großen und 
auf dem Kopfe getragenen Trommeln auf unser Lager 
in Bewegung setzte. Die Spitze bildeten mehrere 
hundert Speer= und Bogenträger, denen der eigent- 
liche Zug mit einer tausendköpfigen Menge folgte. 
Inmitten dieser befand sich der Msinga in einem 
Tragkorbe, zu beiden Seiten von etwa 30 außer- 
gewöhnlich großen Watussis im Kriegsschmuck begleitet. 
Im Lager stellten sich diese dann in weitem Halb- 
kreis um mein Zelt auf, so Platz für den nachfol- 
genden Msinga schaffend, welcher 50 m vorher 
seinem Tragkorbe entstiegen war. Ich begrüßte den 
Msinga mit Handschlag, die neben meinem Zelt 
aufgestellten Askaris präsentierten, während Msinga, 
von den Watussi Luandangiko, Kawale und Luabi- 
linda begleitet, mir in mein Zelt folgte, wo sich auch 
Leutnant v. Parisch und Oberarzt Dr. Engeland ein- 
gefunden hatten. Nachdem ich dort dem Msinga 
erklärt hatte, daß ich nur in friedlicher Absicht 
zu ihm gekommen wäre, versicherte er mir, der 
deutschen Regierung untertan zu sein. Im Laufe 
der nun stattfindenden Unterhaltung erkundigte er 
sich nach den Namen des Leutnants v. Parisch und 
des Dr. Engeland und kehrte dann wieder inmitten 
seiner Leute in sein Dorf zurück. Die ganze Be- 
grüßung, bei welcher ein gewisses Zeremoniell beob- 
achtet wurde, dauerte kaum 10 Minuten. 
Der Mfsinga ist ein noch junger Mann von 
etwa 20 Jahren und großer, schlanker Figur. 
Auch er trug gleich seinem Gefolge einen weiß- 
gegerbten Lederschurz aus Antilopenfell mit herab- 
hängenden Quasten und einen reich mit Perlen be- 
sticken Kopfputz. Die ins Gesicht hängenden 
Perlenschnüre gaben ihm in Verbindung mit den 
hervorstehenden Zähnen zeitweise einen etwas blöden 
Ausdruck, den ich indessen später, ohne diesen Kopfputz, 
nicht mehr wahrgenommen habe. Mit dem Mfsinga 
war dann auch Verpflegung für die Askaris und 
Träger mit etwa 150 Ziegen, 300 bis 400 Lasten 
Kartoffeln, Pombe und Brennholz eingetroffen. Nach 
Rückkehr des Msinga in sein Dorf erschienen dann
	        
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