Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Landschaften stärkere Abteilungen von Yeruma aus- 
gesandt, um den Häuptling aufzufinden. Am 30. 
September verlegte ich das Lager wiederum nach 
Gamane selbst, um dort das weitere abzuwarten. 
Am 29. war der Bruder des mehrerwähnten Abu, 
dem die Flucht nach Gamane gelungen war, einge- 
bracht worden, der als letzter angesehener Baia nach 
der Gefangennahme Abus den Häuptling verlassen 
hatte. Auf Zureden Abus selbst, der seiner Ketten- 
haft gern ein Ende machen wollte, gestand er, daß 
Bertug am 26. oder 27. nachts, ganz dicht an 
Gamane vorbei, unbemerkt, von nur sechs Leuten 
begleitet, die Staadtsche Route nach Süden passiert 
habe und sich nun irgendwo südlich Gamane in 
nicht allzugroßer Entfernung aufhalten müsse. Er 
habe die Absicht, Deruma als Häuptling in Gamane 
zu lassen und selbst zu seinem Bruder, dem Häupt- 
ling eines sehr großen Stammes Vangeri, zwei 
Tage östlich Carnotville, dauernd zu flüchten. Um 
absolute Klarheit in diese Wendung der Angelegenheit 
zu bringen, wies ich sofort die in der Nähe des 
Mpandi am Kadei sitzenden entflohenen Gadshi und 
die Betakoroleute an, Nachrichten einzuziehen und 
Bertua, wenn möglich, zur Stelle zu schaffen. Außer- 
dem entsandte ich einige Haussa über den Kadöi, um 
dort ebenfalls Nachrichten einzuziehen. 
In den nächsten Tagen kamen die Baiaabteilungen 
aus allen angeführten Landschaften zurück, ohne eine 
Spur Bertuas aufgefunden zu haben, brachten aber 
von seiten der Vangeri-, Bobalo= und Goimahäupt- 
linge, deren Verstecke sie aufgesucht hatten, durchweg 
die Bitte um Frieden und stellten das Erscheinen 
dieser Häuptlinge in Aussicht. 
Um bei der großen Wahrscheinlichkeit, die die 
Flucht Bertuas in der Bingerichtung jetzt genommen 
hatte, alles zu versuchen, diese fortgesetzte Quelle der 
Beunruhigung der gesamten Nordzone zu beseitigen, 
konnte ich nun, da ich auf Grund der kriegerischen 
Erfolge, der Unbeliebtheit Bertuas und der Erbitte- 
rung aller umwohnenden Stämme gegen die Baia 
betreffs der Folgen sicher ging, in Gamane selbst 
energische Maßregeln ergreifen. Ich berief am 
5. Oktober eine allgemeine Versammlung, in der ich 
die alsbaldige Einlieferung Bertuas verlangte. In- 
solgedessen begaben sich sämtliche einflußreichen Männer 
sofort auf die Suche nach dem Häuptling, nachdem 
sie vorher ihre Waffen zusammengeworfen und erklärt 
hatten, keinesfalls mehr mit der Verwaltung kämpfen 
zu wollen. Unter allgemeiner Zuversicht, daß fried- 
liche Verhältnisse nun zurückkehren würden, verstrichen 
die nächsten Tage, während derer Abteilungen aller 
Balachefs in der Richtung Binge vorgesandt waren. 
Leider lief zu derselben Zeit die Nachricht ein, daß 
die Gadshileute den Kadi beim Mpandi überschritten 
und sich nahe Baturi angesiedelt hätten. Bertua, 
wohl von Dokogenye und Korodundue nur gering 
unterstützt, da alle Dörfer, die ihm bisher Hilfe ge- 
währt hatten, bestraft worden waren, hatte sich den 
Gadshizwischenfall dahin zu nutze gemacht, weit 
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südlich der Bingestraße nach Westen zurückzukehren, 
und es blieb auch den Baia deshalb sein Aufenthalt 
zunächst verborgen. 
Nunmehr machte sich der Yeruma selbst auf die 
Suche, und von einigen seiner Leute wurde Bertuas 
Aufenthalt zwischen dem Ntungu und Sambe, südlich 
des verlassenen Djimagu wirklich entdeckt. Doch er- 
klärte sich Meruma außer stande, Bertua zu greifen, 
da er mit einigen Hinterladern bewaffnet sei und 
sich zur Verteidigung angeschickt habe. Ich teilte 
nun sofort Patrouillen ein und befahl, um diesmal 
ganz sicher zu gehen, am 12. Oktober den Abmarsch 
noch in der Nacht gegen Morgen. Trotz aller guten 
Aussichten würde aber auch dieses Mal eine vergeb- 
liche Bewegung eingeleitet worden sein, wenn nicht 
in der Nacht noch zwei der Bertua begleitenden 
Leute, die, um Verpflegung zu besorgen, nach Dahia- 
gekommen waren, dort von Yerumas Leuten aufge- 
griffen wären. Bertua hatte, nachdem er sich entdeckt 
sah, sofort seinen Aufenthalt wieder gewechselt und 
in dem Walde des Garikundi ein neues Versteck 
gefunden. Die sogleich dahin abgeschickte weitere 
Patrouille hat ihn dann gegen Mittag des 
12. Oktober erreicht und nach Zersprengung seiner 
wenigen Begleiter ihn selbst zu greifen verspucht. 
Ein einzelner Mann erreichte ihn schließlich und 
hat ihn, als Bertua einen Revolver in Tätigkeit 
setzte, erschossen. Die Leiche wurde am 13. von 
Leuten der Expedition bis Dahia zurückgebracht und 
dem Yeruma übergeben. Das Gros der Expedition 
war an dieser letzten Aktion nicht mehr beteiligt, 
hatte vielmehr des außerordentlichen Hochwassers 
halber erst die Hälste des Weges zum Garikundi 
zurückgelegt und bezog in Sus bei Eintreffen der 
bezüglichen Meldungen Lager. Von hieraus wurde 
in den nächsten Tagen mehrfach Gamane besucht und 
dort die Verhältnisse endgültig geordnet. Nach Er- 
ledigung aller Angelegenheiten konnte am 18. Oktober 
der Rückmarsch nach Berri angetreten werden. 
Der rein militärische Erfolg der Expedition 
gegen Bertua ist zufriedenstellend. Die Rekruten- 
truppe hat sich im ganzen recht gut gehalten. 
Insbesondere den Pangweleuten kann ich ein gutes 
Zeugnis ausstellen. Der Verlust der Expedition 
beträgt: 1 Träger tot (Krankheit), 2 Schwerver- 
wundete (Schädelbruch, Schuß durch Schulter mit 
Blutvergiftung) und 3 leichter Verwundete (Pfeilschuß 
durch Fuß und 3 Hiebverletzungen). Die politischen 
Resultate finden ihren Höhepunkt wohl in dem außer- 
ordentlichen moralischen Erfolg, den die kriegerische 
Aktion gegen die allgemein gefürchteten Baia bis an 
den Djah nach Süden, bis weit über Kunde hinaus 
nach Norden und auch weithin nach Westen gehabt 
hat, ein Eindruck, der durch den Tod Bertuas und 
die Gefangennahme Abus noch sehr verstärkt wird. 
Die nun unbestrittene Herrschaft des sehr regierungs- 
freundlichen Meruma, der im Laufe der Aktion immer 
wieder seine völlige Loyalität bewiesen hat, gewähr= 
leistet eine für den Handel ersprießliche Veränderung
	        
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