Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

bereits abtriebsreif, die Stämme haben dann etwa 
14 bis 20 m Höhe und 15 bis 25 cm Durchmesser 
in Brusthöhe. Den Fällungsbetrieb und das Ge- 
winnen der Rinde — in mancher Beziehung unserm 
Schälwaldbetrieb ähnlich — konnten wir in mehreren 
Schlägen beobachten. Im Herbst (März, April) ist 
die beste Schälzeit; doch kann das Schälen jederzeit 
bei Eintritt feuchten Wetters erfolgen, welches ander- 
seits auch stets abgewartet werden soll. Der Kaffer 
braucht vorwiegend zwei Werkzeuge, die Axt und 
einen (etwa 1,50 m langen) hölzernen Maßstab. Das 
Schälen geschieht zum Teil am stehenden, zum Teil 
am liegenden Holze. Der Kaffer stellt den Maßstab 
unten an den Stamm, kerbt in 1,5 m Höhe die 
Rinde ringsherum bis #auf das Holz ein, greift dann, 
um den Stamm herumgehend, mit der Schneide der 
Axt in die Kerbe und löst mit Zuhilfenahme der 
linken Hand die einzelnen Rindenstreisen des unteren 
Stammteils bis tief auf die Wurzeln ab. Demnächst 
wird der Stamm in Fußhöhe gefällt, mit dem Fäll- 
ende entweder auf den stehengebliebenen Stumpf oder 
auf eine gegen einen lebenden Stamm gestützte Holz- 
gabel aufgelegt, zunächst von Asten gereinigt, dann 
durch Kerben in Maßstablängen abgeteilt und schließ- 
lich vom dicken Ende aus nach dem Wipfel zu geschält 
derart, daß mit der Schneide der Axt ein Längs- 
schnitt jedesmal von Kerbe zu Kerbe erfolgt und 
darauf die betreffende (1,5 m lange) Rolle abgelöst 
wird. Dem Schälen des Stammes folgt das Schälen 
der entfernten Aste. Die Rinde wird im Bestande, 
mit der Außenseite nach oben, gelagert, das Holz in 
Stangenhaufen ausgeschichtet. Die eingebrachte Rinde 
wird in einem regensicheren Schuppen auf Reisern 
getrocknet, demnächst gewöhnlich mit einer starken 
Maschine (nach Art der Futterschneidemaschine) in 
kleine (etwa 10 cm lange) Stücke zerteilt und ist 
nunmehr fertig zum Versand. Astrinde und über- 
haupt geringwertigeres Material geht aus der Schneide- 
maschine noch in eine Mühle, wo die Stücke zu 
Pulver vermahlen werden. Der Preis für die engl. 
Tonne Rinde beträgt am Platz etwa 6 L. Dies 
beruht auf der Voraussetzung, daß die Transport- 
kosten nach London (einschl. Verzollung) 2 L 10 sh 
betragen und der Marktpreis in London über 10 #. 
die Tonne ist, was zur Zeit mehr von der Qualität 
der Rinde, als von der Menge des Angebots ab- 
hängen soll. Sinkt der Preis in Liverpool, so sinkt 
auch der Lokalpreis der Rmde. Der Tanningehalt 
beträgt etwa 25 bis 37 pCt. Zum Überblick über 
den außerordentlich günstigen Reinertrag einer Wattle- 
wirtschaft mögen folgende Zahlen dienen: 
1 Acker Wattle ergibt nach sechs Jahren etwa 
4 engl. Tonnen Rinde und etwa 1000 Stämme von 
15 bis 20 cm Durchmesser in Brusthöhe (die Größe 
eines engl. Acker ist 40,4678 a). Der Verkaufswert 
der Rinde beträgt am Platz für die Tonne 6 K4, für 
den Acker also 24 L. Das Holz, welches zur Ver- 
wendung als Grubenholz (mining poles) nach dem 
Norden geht, erzielt am Platz pro Waggonladung 
5905 
  
U 
(truck = 20 Tonnen) je nach der Entfernung 10 bis 
20 2E; Brennholz 5 bis 10 K. 
Ein 6 jähriger geschälter Stamm hat durchschnittlich 
etwa 200 engl. Pfund Trockengewicht (1 engl. Pfund 
— 453,,59 g. 1 engl. Tonne = 2240 engl. Pfund 
— 1016,04 kg). Es ergeben also 
etwa 11 Stämme eine Tonne, 
220 - -Ladung, 
-1100 - fünf Ladungen. 
Für einen Acker mit einer Holzernte von etwa 
50 pCt. Nutzholz würde sich nach den oben erwähnten 
Preisen bei günstigen Absatzverhältnissen be- 
reits ein Ertrag für Holz allein von etwa 45 40 
ergeben. Der Prozentsatz des Nutzholzes ist jedoch 
der Regel nach bedeutend höher als 50, er kann bis 
zu 80 steigen. Der Gesamtertrag (Rinde und Holz) 
kann sich pro Acker demnach auf etwa 100 8. be- 
laufen. Dem stehen als Ausgaben gegenüber: 
1. Die Kosten der Bestandsbegründung mit 1 # 
für Pflügen und Eggen, mit 5 sh für Säen pro 
Acker (der Ertrag der Maisernte ist dabei nicht in 
Gegenrechnung gestellt). Verzinseszinsung auf 6 Jahre. 
2. Die Gewinnungskosten von Holz und Rinde 
mit im ganzen etwa 4 2 (falls nicht besondere 
Bearbeitung des Holzes erfolgt, welche jedoch nur 
in der Nähe von Absatz= oder Transportplätzen lohnt). 
3. Das Bodenkapital mit seiner Verzinseszinsung 
auf 6 Jahre. Der Verkaufswert für 1 Acker Land 
beträgt hier zur Zeit 5 bis 15 K., je nach Lage. 
(Etwaige Vorerträge [Durchforstungen) sind dabei 
noch außer Betracht geblieben. Desgleichen der 
Mehrgewinn, den der Produzent hat, wenn er gleich- 
zeitig den überseeischen Handel betreibt.) 
Die Verjüngung des einmal vorhandenen Be- 
standes erfolgt natürlich. Beim Abtrieb wird alles 
glatt abgenommen. Drei Monate später erscheint 
von selbst reichlicher junger Aufschlag; die Stärke 
desselben wird häufig dadurch gesteigert, daß nach 
dem Abtrieb Unkraut und Abraum auf der Fläche 
verbrannt werden, was die Keimung des reichlich 
allenthalben liegenden Samens in gleicher Weise 
befördert, wie die oben beschriebene Behandlung mit 
kochendem Wasser. Einmal ausgekommen, wachsen 
die jungen Pflanzen so rasch, daß sie das nachwuchernde 
Unkraut gewöhnlich beherrschen. Stockausschläge 
kommen in der Regel nur verstreut vor. Es ist das 
wohl eine Folge der oben beschriebenen Schälmethode, 
welche den Stamm oft bis tief unter den Wurzel- 
knoten seiner Rinde beraubt. Ein auf gute Stock- 
ausschläge gerichtetes Verfahren wäre mit dem vor- 
handenen Arbeitspersonal kaum durchzusetzen und 
jedenfalls erheblich teurer, kann auch schon mit Rück- 
sicht auf den rapiden Wuchs der Samenpflanzen 
außer Betracht bleiben, die meist dicht wie Unkraut 
emporschießen und das Wachstum einer ursprünglichen 
Aufforstung noch weit übertreffen. Ein Unterschied 
in der Qualität der Rinde von Kernpflanzen einer- 
seits und den vereinzelt mitwachsenden Stockaus- 
schlägen anderseits ist nicht bemerkt worden. Beim
	        
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