Unsere Landsgenossen waren wie närrisch vor
Freude, als sie vernahmen, daß ein Pastor gekommen
sei, und junge Leute sowohl wie verheiratete kamen
von allen Landgütern herbei, um am Unterricht teil-
zunehmen und sich zur Einsegnung vorbereiten zu
lassen. 21 Personen wurden als Kirchenmitglieder
aufgenommen, während 14 Kinder getauft wurden,
darunter solche, welche fast sieben Jahre alt waren.
Rührend war es anzusehen, wie manche Kinder mit
ihren Namenzetteln hervortraten, um getaust zu
werden. Hier war eine schöne Gelegenheit zur Aus-
übung der Seelsorge geboten, von allen Seiten
kamen sie herbei und waren ein Herz und eine
Seele. Selbst die Reformierten — „Gereformeerden“
— schlossen sich den andern — „Hervormden“ —
an, um eine Gemeinde zu bilden, falls die Kreis-
synode zu einer solchen Gründung übergehen will.
Das Klima ist hier nicht so warm, als ich mir
vorgestellt hatte, keinesfalls wärmer als in Wellington
oder in der Oranjeflußkolonie. Fieber trafen wir
hier nicht an; man sagt aber, daß in früheren
Zeiten, als man noch in Zelten wohnte, hier viel
Krankheit geherrscht hat. Schuld daran waren die
Witterungseinflüsse, infolge der unzureichenden Be-
hausungen, und zum Teil auch der Umstand, daß
das allzu reichliche Gras während der Regenzeit
im Februar und Mai in den Wasserlöchern verrottete.
Auch jetzt noch gelten jene beiden Monate für die
ungesundeste Zeit des Jahres. Zu regnen beginnt
es hier schon im Oktober, und im April fällt in
diesem Lande der Spätregen. Nach meiner
ehrlichen Uberzeugung ist hier für Tausende unserer
Landsleute Raum. Grund ist hier von der
Gesellschaft zu haben, welche hierselbst viele Grund-
stücke besitztt der Preis für den Hektar beträgt
32 Schilling nebst einer offenen Wasserstelle für nicht
mehr als 3000 ha. Von der Regierung erhält
man Grundstücke von nicht weniger als 5000 ha
für 2 Schilling pro Hektar, d. h. falls man nicht
deutscher Bürger werden will; denn dann kann man
Grundstücke haben so groß, als man will. Vom
Kaufpreis bezahlt man beim Kaufabschluß ein Zehn-
teil, nach einem Jahr wiederum ein Zehnteil, in
den folgenden neun Jahren wieder vier Zehnteile, und
nach dieser Zeit hat man noch fünf Jahre Frist,
um die letzten vier Zehnteile gegen vier Prozent
Zinsen abzutragen. Hat jemand z. B. ein Grund-
stück von 5000 ha gekauft, so beträgt der Kaufpreis
500 S. Man bezahlt hiervon im ersten Jahr 50 K,
nachdem bereits 50 8& beim Kaufabschluß gezahlt
worden waren. Für 200 8S hat man nun neun
Jahre lang Kredit, und für weitere 200 LS 15 Jahre
den ersten Teilzahlungen entrichtet werden, solange
diese noch nicht bezahlt worden sind. Ich rate jedoch
niemandem, sich hier niederzulassen, wenn er nicht
mindestens 400 K besitzt. Tagelöhner haben hier
keine Aussicht, da man hier Buschmänner und
Damaras gegen Tagelohn, bestehend in Kost und
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–
Tabak, mieten kann. Man muß im Stande sein,
ein Grundstück kaufen zu können, da jeder Einwan-
derer Grundeigentümer sein muß. Er muß genügende
Mittel haben, nicht allein, um seine Teilzahlungen
entrichten zu können, sondern auch, um einen Brunnen
zu graben, ein Haus zu bauen und Zuchtvieh zu
kaufen. Färsen kosten hier 5 L, Kühe 7 L. Von
Wichtigkeit ist es zu wissen, daß man verpflichtet ist,
den erworbenen Grund selbst zu bewohnen, denselben
mit Brunnen und Haus zu versehen und einige
Stück Vieh darauf zu halten. Noch vieles könnte
ich hier sagen, namentlich betreffs des Ackerlandes,
aber das sicherste ist, selber hierher zu kommen und
alles sich anzusehen.
Windhoek, den 14. November.
Unsere Reise nach hier, von Grootfontein mit
Ochsenwagen und von Okahandja mit Eisenbahn, ist
aufs beste von statten gegangen. Am 8. kamen wir
hier an und trafen einige Tage später mit Herrn
Pastor Botha und seinen Reisegefährten zusammen.
Bereits am 9. begannen die Verhandlungen mit der
Regierung, welche die Entscheidung in der Frage
der Auswanderung mehr als eines Afrikanders aus
der Kapkolonie bringen sollten. Die Verhandlungen
betreffs Kirche, Schule und allgemeiner Wehrpflicht
dauerten drei Tage. Wortführer waren auf der
einen Seite der stellvertretende Gouverneur Major
v. Estorff und Landrichter v. Tecklenburg, auf der
anderen die Pastoren H. P. van der Merwe und
J. F. Botha. Obgleich die Regierung nicht geneigt
war, in einigen Punkten nachzugeben, ist dennoch
meines Erachtens der Verlauf der Unterhandlung ein
sehr günstiger gewesen. Die Bedingungen, unter
denen Afrikander sich in diesem Lande niederlassen
dürfen, werden vollständig in „Ons Land“ veröffent-
licht werden. Ich empfehle dieselben allen Inter-
essenten zur sorgfältigen Beachtung, denn hiernach
kann jeder sich sein eigenes Urteil bilden.
Nachdem alle zu verhandelnden Punkte erledigt
waren, wurden wir Afrikander von dem Gouverneur
zum Mittagessen eingeladen. Waren die Deutschen
bisher schon freundlich zu uns gewesen, so fanden
wir jetzt die hochgestellten Persönlichkeiten besonders
höflich und liebenswürdig. Außer dem Gouverneur
saßen zu Tisch u. a. der Oberrichter, der Oberst-
leutnant und der deutsche Pfarrer. Unsere beiden
Pastoren nahmen die Ehrenplätze zur Rechten und
Linken des Gouverneurs ein. Pastor Botha dankte
dem Gouverneur für alle uns bewiesenen Freundlich-
keiten und Ehrbezeugungen, worauf der Gouverneur
« in liebenswürdiger Weise antwortete.
gegen 4 pCt. Zinsen. Diese 4 pCt. müssen auch von
Wir hatten viel günstigere Eindrücke von der
deutschen Regierung gewonnen und hegen das Ver-
trauen, daß ein gleiches seitens der deutschen Re-
gierung uns Afrikandern gegenüber der Fall sein wird.
Herr J. Watermeyer war ebenfalls unser Tisch-
genosse. Aber obgleich er nun deutscher Untertan
und Regierungsbeamter ist, haben wir dennoch das