Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

ermüdlichen Missionsvorstehers von Nord-Sansibar 
(Deutsch-Ostafrika) zu sein. Nach seiner Rundreise 
durch den südlichen Teil des immensen Vikariats, 
wo die Väter vom hl. Geist seit mehr als dreißig 
Jahren die Fahne des Christentums und der Kultur 
hochhalten, begab sich Bischof Emil Allgeyer nach 
dem Kilimandjarogeblet. Die an diesem mächtigen 
Schneeberg angelegten Stationen Windthorst in 
Kilema, Fischerstadt in Rombo und Mariahilf in 
Kiboscho entwickeln sich ruhig weiter. Das Erscheinen 
von Schwestern auf letzterer Station behufs Erziehung 
der weiblichen Jugend, hat sich als eine gläückliche 
Neuerung erwiesen. Schade nur, daß Herrn Pater 
Gommenginger die Mittel fehlen, um auch in Kilema 
ein Haus für Schwestern zu bauen: gerade in Kilema 
könnten Schwestern unendlich viel Gutes stiften. 
Im „Stern von Afrika“ wird der Brief eines 
Missionars in Kamerun an einen Freund in 
Dentschland veröffentlicht; es heißt darin: 
Unsere Kameruner Schwarzen sind leider noch 
ein an der Sinnenwelt haftendes Volk, welches für 
das Reich des Geistes wenig Verständnis hat. Man 
gerät zuweilen in nicht geringe Verlegenheit, denn 
es heißt doch der hl. Schrift Gewalt antun, wenn 
man z. B., wie ein Grönländer es getan haben soll, 
die Worte des hl. Johannes: „Sehet das Lamm 
Gottes“ übersetzt mit: „Sehet das Renntierlein 
Gottes“, weil die Grönländer kein Schaf kannten. 
Einst ermahnte ich unsere Kinder mit den Worten 
der hl. Schrift: „Gehe hin zur Ameise, Du Fauler, 
und lerne von ihr.“ Aber da erhoben sich zahl- 
reiche Proteste: „Wie, von der Ameise sollen wir 
lernen?! Weißt Du denn nicht, daß die weiße 
Ameise alles zerstört und selbst auf Eure europäischen 
Kleider und Häuser keine Rücksicht nimmt? daß die 
böse Wanderameise uns unerbittlich auffressen würde, 
wenn wir nicht bei ihren nächtlichen Besuchen im 
Schlasfsaal schleunigst Reißaus nähmen und ihr das 
Feld räumten? Gibt es größere Diebe, als die 
winzigen Zuckerameisen, die Eure Vorräte von Milch, 
Zucker, Fleisch wie ein zahlreiches Heer überschwemmen 
und aufzehren? Nein, von der Ameise wollen wir 
nicht lernen, wir hassen sie.“ Es war umsonst, 
ihnen begreiflich machen zu wollen, daß sie nicht die 
Diebsgelüste, die Mord= und Zerstörungswut der 
Ameisen nachzuahmen brauchten, sondern nur ihre 
emsige Tätigkeit. Aber die Ameisen sind nun einmal 
ihre grimmig gehaßten Feinde — und solche als 
Muster ausgestellt zu sehen, will ihnen nicht in den 
Sinn. Bei der vierten Bitte des „Vater unser“: 
„Gib uns heute unser tägliches Brot“, müssen wir 
setzen: „Unsere tägliche Nahrung“, denn Brot ist 
noch vielen Kamerunern unbekannt. Unsere Kinder 
begreifen übrigens schon recht gut, daß sie bei der 
vierten Bitte nicht allein um die materielle Speise, 
sondern überhaupt um alles Notwendige für Leib 
und Seele bitten sollen. Daß es da Knaben gibt, 
die unter dem Notwendigen auch ein Fläschchen 
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Parfüm verstehen, um damit ihrer schwarzen Haut 
Duft und Glanz zu verleihen, und Mädchen, die 
eine neue Halskette aus bunten Glasperlen oder ein 
hübsches, neues Kopftuch für unumgänglich notwendig 
erachten, um ihr Geschlecht würdig zu repräsentieren, 
darf Dich nicht wundern. Die Evastöchter und 
Söhne stecken eben in schwarzer und in weißer Haut, 
und die tief eingewurzelte Hoffart wird hler in 
einem Tage oder einem Jahre eben so wenig oder 
noch viel weniger ausgerottet werden können, als in 
Deutschland. Natürlich suchen wir ihre Wünsche 
auf das rechte Ziel zu lenken und ihre allzu hohen 
Anschauungen über die eigene Persönlichkeit möglichst 
zu dämpfen. Uber die Art und Weise dieser Wert- 
schätzung gehen freilich die Ansichten der schwarzen 
und der weißen Evastöchter himmelweit auseinander. 
Während das deutsche Mädchen um ihrer selbst 
willen begehrt sein will, setzt das schwarze Natur- 
kind seinen Stolz darein, um einen recht hohen Preis 
verkauft zu werden, und felbst christliche Mädchen 
ziehen es vor, lieber sitzen zu bleiben als sich 
„umsonst“ an einen christlichen Mann „wegzuwerfen“. 
Es hält noch schwer, solche verkehrten Ansichten zu 
beseitigen, und trotz aller Predigten und Ermahnungen, 
trotz Mühe und Arbeit müssen wir es öfters erleben, 
daß der böse Feind durch das von ihm gesäte Un- 
kraut den guten Samen zerstört. 
Auf Seite 497 des Kolonialblattes 1902 ist 
berichtet, daß seit einiger Zeit Verhandlungen darüber 
schweben, ob die evangelische Missionsgesellschaft in 
Basel die Tätigkeit der presbyterianischen Kirche der 
Vereinigten Staaten Nordamerikas in Südkamerun 
übernehmen soll. Es ist noch keine Entscheidung ge- 
troffen. Aber der von der Baseler Mission heraus- 
gegebene „Evangelische Heidenbote“ enthält in seiner 
Dezembernummer eine ausführliche Darstellung der 
bisherigen Missionsarbeit in Südkamerun, zugleich 
im Anschluß an ältere Quellenbetrachtungen über 
Land und Leute in jenem Bezirk. Dabei wird be- 
merkt, daß die deutsche Regierung der Tätigkeit der 
amerikanischen Mission verschiedenemale ihre An- 
erkennung bezeugt habe, namentlich auch für die 
Dienste, die sie mehrfach bei Schlichtung von Palavern 
leistete. 
Die Berichte der Missionare der Rheinischen 
Missionsgesellschaft bekunden fortgesetzt große 
Schwierigkeiten unter den Namas (Hottentotten) im 
südlichen Teil von Deutsch-Südwestafrika. Etwas 
günstigere Aussichten scheinen sich auf der neu zu 
gründenden Station Khoes (bisher Filial von Keet- 
manshoop) unter den Velschoendragers zu bieten. 
Die Velschoendragers erklärten sich sofort bereit, 
die Güter ihres Missionars umsonst heraufzuschaffen, 
wenn er nur bald käme und sich definitiv bei ihnen 
niederlassen wolle. Auch sonst versprachen sie, ihm 
behilflich zu sein, wie sie nur immer könnten.
	        
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