Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Deulsch· Neu-Guinea. 
Leidenzucht auf Neupommern. 
Einem Bericht des Missionars P. Dicks, der in 
der Zeitschrift des Afrika-Vereins deutscher Katho- 
liken „Gott will es!" veröffentlicht wird, entnehmen 
wir folgendes: 
Vor etwa mehr als 1 ½/2 Jahren erteilte ein er- 
fahrener Mann den Rat, es hier im Bismarck- 
archipel mit der Seidenzucht zu versuchen. Bei den 
meisten Ansiedlern fielen die Worte auf unfruchtbaren 
Boden. Nur bei der Mission wurde denselben mehr 
Aufmerksamkeit geschenkt. Da ein solcher Versuch nur 
mit geringen Unkosten gemacht werden kann, so ließ 
man anfangs vorigen Jahres eine Anzahl Maulbeer= 
bäumchen (morus alba) von Sydney kommen. 
Gegen Ostern wurden die ersten 70 Bäumchen ge- 
pflanzt. Das Gedeihen derselben ist überraschend, 
da die damals ganz kleinen Stämmchen, kaum von 
der Dicke eines kleinen Fingers, nach einem Jahre 
bereits nicht mehr mit der Hand umfaßt werden 
können. Durch Stecklinge wurde nach und nach die 
Zahl bis auf 1400 oder 1500 vermehrt. Der 
Kaiserliche Gouverneur Dr. Hahl zeigte graßes Inter- 
esse für die Sache und war gern bereit, das Unter- 
nehmen zu unterstützen. Von Sydney ließ er durch 
Vermittlung des dortigen Generalkonsulats eine zweite 
Art Maulbeerbaum (morus alba rosea) kommen. 
Ich habe einen Versuch mit ganz dünnen Zweigen, 
die kaum die halbe Dicke eines gewöhnlichen Stroh- 
halmes erreichten, gemacht, und zwar mit dem besten 
Erfolg; mit diesen sehr kleinen Stecklingen habe ich 
eine schöne Anzahl gesunder Bäumchen herangezogen. 
Am 8. April trafen von Australien die ersten Raupen- 
eier ein. Gleich am selben Tage schlüpften einige 
Räupchen aus. Zwanzig Tage fpäter waren die 
ersten Raupen spinnreif, und am 11. Mai legte das 
erste Schmetterlingsweibchen die ersten Eier, die in 
ein paar Tagen die außerordentliche Zahl von 750 
bis 800 erreichten. Die ganze Entwicklung hat also 
nur 33 Tage gedauert, während dieselbe in Europa 
48 Tage erfordert. Die von Sydney erhaltenen 
Eier scheinen nicht überwintert zu sein, weshalb die- 
selben nur sehr unregelmäßig ausschlüpfen, ein Übel- 
stand, dem in Zukunft leicht abgeholfen werden kann. 
Die Kokons sind durchschnittlich etwas leichter, als 
die in gemäßigten Zonen gezogenen, jedoch scheint 
die Seide gut und kräftig zu sein. In Bälde wird 
über den Wert derselben in Deutschland ein sach- 
verständiges Urteil abgegeben. Es steht zu hoffen, 
daß sich der Ertrag bei mehr Erfahrung und dem- 
entsprechend besserer Pflege der Raupen sowie in 
einem geeigneteren Lokal — bis jetzt konnte nur ein 
ziemlich ungünstig gelegenes Zimmer verwendet 
werden — bedeutend heben wird. 
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KAus dem Bereiche der Wissionen und 
der Ankisklaverei-Bewegung. 
Über Fortschritte der evangelischen Mission in 
Deutsch-Ostafrika wird der „Post“ aus Missions- 
kreisen geschrieben: 
Die Brüdergemeinde hat in jüngster Zeit durch 
ihren Missionar Bachmann eine Expedition aus- 
führen lassen, deren Ergebnis die Auffindung 
und Festlegung eines geeigneten Platzes zur An- 
legung einer neuen Station in Iledje war. Dies 
ist insofern von Bedeutung, als hierdurch ein weiterer 
Schritt zur Verbindung der zwei in Angriff ge- 
nommenen Arbeitsfelder — am Nordende des 
Nyassasees und in dem Unyamwesigebiet — ge- 
schieht. Sodann hat die Reichsregierung der ge- 
nannten Missionsgesellschaft die Genehmigung zu 
einer Niederlassung in Kipembabwe an der Süd- 
westgrenze des deutschen Gebietes erteilt. Auch die 
Leipziger Mission macht Fortschritte. Sie hat 
ihren Ausgangspunkt am Kilimandscharo genommen 
und will nunmehr das ganze Paregebiet bearbeiten. 
Eine Erkundigungsreise des Missionars Fuchs ist 
hoffnungsreich ausgefallen. Er häörte geradezu 
Klagen von Heiden, die darauf gerichtet waren, daß 
die Mission sie bisher unberücksichtigt gelassen habe: 
„Allenthalben haben sich Europäer niedergelassen, 
hier auf dieser Seite in Usambara, dort am Kilimand- 
scharo, und sie beschützen die Leute und belehren sie; 
wir allein bleiben verlassen und unwissend.“ Fuchs 
sicherte für seine Gesellschaft in der schönen, frucht- 
baren und gesunden Gonjalandschaft einen Platz 
durch vorläufigen Vertrag. Der dortige Häuptling 
Kindu zeigte sich nicht nur willig, Missionare auf- 
zunehmen, sondern er war durch die Hoffnung auf 
die Ansiedlung höchst erfreut. „Mein Land,“ — 
so sprach er zum Missionar Fuchs — „ ist Dein 
Land, und meine Leute sind Deine Leute; wo Du 
bauen wirst, da werde ich daneben bauen als Freund 
des Europäers.“ So bemühen sich in weitem Um- 
fange und in gesteigertem Maße deutsche Christen 
um die Gewinnung ihrer schwarzen Landsleute. 
Die neue Missionsstation St. Moritz zu Galula 
im apost. Vikariate Tanganyika (Deutsch-Ostafrika) 
wird in der Missionszeitschrift „Gott will es!“ wie 
folgt geschildert: 
Die Mission liegt auf einer kleinen Anhöhe in 
geringer Entfernung vom Dorfe Galula. Die Aus- 
sicht in die afrikanische Landschaft von hier oben aus 
kommt mir jeden Tag schöner vor. Am Fuße 
unseres Hügels dehnt sich ein reiches Tal aus; 
allenthalben sieht man große Bananenhaine mit den 
schönen, breitblätterigen Bananenpflanzen; dazwischen 
tauchen Negerdörfer auf, und da und dort erhebt 
eine schlanke Palme ihre zierliche Krone in die Lüfte. 
Durch das Tal zieht sich ein langer Silberstreisen, 
der in der Sonne glänzende Spiegel des Flusses 
Zongwe. — Die erste Periode des Apostolates, wo
	        
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