sich das Wirken des Missionars darauf beschränkt,
durch Güte, durch allerlei Liebesdienste das Wohl-
wollen der Eingeborenen zu gewinnen, ist vorüber.
Unsere Hauptsorge gilt der Jugend. Durch allerlei
Kunstgriffe sucht man sie zur Schule zu bringen. Ich
lebe mit meinen kleinen schwarzen Rangen jeden
Morgen neu auf. Wird des Morgens das Tor ge-
öffnet, so stürmen sie gleich einem erzürnten Bienen-
schwarm in alle Räume des Hauses. Sie kommen
in mein Zimmer, jeden Tag von neuem die wenigen
unentbehrlichen „Wunderdinge“, die ich aus der alten
Zivilisation noch besitze, anzustaunen. Einige von
diesen Kmdern machen uns mit ihrem Eifer, die
Wahrheiten unserer Religlon zu erlernen, große
Freude. Durch die Jugend hoffen wir, all-
mählich auch bei den Erwachsenen dem Christentum
Eingang zu verschaffen. Die Kinder lernen bei
uns die wichtigsten Lehren des Christentums aus-
wendig; in die elterliche Hütte zurückgekehrt, haben
sie nichts Eiligeres zu tun, als das Erlernte herzu-
sagen. Macht später dann ein Missionar die Runde
im Dorfe, von Hütte zu Hütte gehend, so hört er
zu seiner großen Freude, daß Väter und Mütter
und die älteren Geschwister von unserer Schuljugend
etwas erlernt haben; oft bietet sich so Gelegenheit,
den armen Negern ein wenig von der frohen Bot-
schaft zu reden, die auch für sie vom Himmel ge-
geben ward. Bis zur gänzlichen Bekehrung sind
aber noch große Schwierigkeiten zu überwinden.
Der „Stern von Afrika“ verbreitet sich über den
Nutzen, den die Erschließung Kameruns durch eine
große Eisenbahn für die ganze Entwicklung des
Schutzgebietes und damit auch für das Missions-
werk haben würde:
Erst die Erschließung des vielversprechenden Hinter-
landes, welches zweifellos gegründete Aussichten auf
eine reiche Entwicklung hat, durch einen großen
Schienenweg, der von der Küste aus in das ferne
Hinterland bis zum Tschadsee führt, wird auch den-
jenigen, die bisher skeptisch waren, den Wert der
Kolonie offenbaren. Bisher konnte lediglich ein ver-
hältnismäßig kleiner Teil des Küstengebietes von
Kamerun als deutsches Handelsgebiet angesehen
werden. Das große Hinterland mit seinen reichen
Naturschätzen gehört immer noch zum Handelsgebiet
der Haussa, gravitiert nach dem Niger, Benus und
dem Tschadsee und bringt lediglich den Engländern
und Franzosen Vorteil und Nutzen. Das alles wird
mit einem Schlage anders werden, sobald erst die
große Kamerun-Eisenbahn gebaut und damit ein
bequemer Weg ins Innere der Kolonie und weiter
in der projektierten Richtung nach dem Tschadsee vor-
handen sein wird. Daß dann die ganze Kolonie
einen gewaltigen Ausschwung nehmen wird, ist nach
den Berichten der Forschungskommission, welche die
projektierte Strecke auf ihre Ertragsfähigkeit unter-
sucht hat, nicht mehr zu bezweifeln. Von den besten
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Kennern des Landes ist daher der Bau einer Eisen-
bahn, die von der Küste ins Innere der Kolonie
führt, als dringende Notwendigkeit anerkannt worden-
Es handelt sich bei der Erschließung dieses Teile-
von Zentralafrika nicht nur um die Beförderung von
Personen und die allgemeine Hebung des Verkehrs.
sondern auch um die Versorgung Deutschlands mir
den kostbarsten Produkten der Tropen, wie Elfenbein.
Gummi, Baumwolle, Tee, Kaffee, Vanille, Farb= und
Nutzhölzer, sowie den übrigen Erzeugnissen der heißen
Zone. Nach den bis jetzt vorliegenden Berichten ist
auch an dem Vorkommen von Gold im Benuögebier
und in den Mandarabergen nicht mehr zu zweifeln.
Daher muß ein direkter Schienenweg, der diese un-
gemein reichen Gebiete durchqueren und damit ein
großes Stück von Zentralafrika wirtschaftlich er-
schließen würde, auch bald große direkte Früchte
tragen. Die Zukunft wird dann zeigen, was
Deutschland an seiner Kolonie Kamerun hat. Und
der Mission ist durch möglichst baldige Erschließung
des Innern und durch bessere Verkehrsmittel auch
gedient, war doch bisher die Unwegsamkeit des
Landes ein Haupthindernis des Missionswerkes.
In den „Kirchlichen Mitteilungen aus und über
Nordamerika, Australlen und Neu-Guinea“ schreibt
Missionar Lehners aus Deinzerhöhe (Kaiser Wil-
helmsland):
Ich bin gegen Abend im Dorf und verbinde
einer Frau wohl schon das dreißigste Mal ihre
Wunden, die Gott sei Dank auch endlich heilen. Noch
während ich damit beschäftigt bin, wird mit einer
„Kuhschelle“ geläutet. Von allen Seiten des Dorfes
kommen Leute, alte und junge, Knaben, Mädchen,
Frauen. Sie gehen auf ein zu ebener Erde gebautes
Haus zu. Es ist Abendandacht in dem sauber und
ordentlich hergestellten Gottesdiensthaus, das die
jungen Leute ganz freiwillig erbaut und vor etlichen
Wochen vollendet haben. Frühere Schüler halten
abwechselnd die Andachten, die mit Gesang eröffnet
werden, eine biblische Geschichte zum Muttelpunkt
haben und mit Gesang und Abendgebet enden. Der
Eifer dieser jungen noch ungetauften Leute ist eine
sehr erfreuliche Wahrnehmung, und der Segen, den
das Abhalten der Andachten in sich birgt, ist unver-
kennbar. Vor allem werden die Frauen und Mädchen
mit den Liedern und dem Inhalt der biblischen
Geschichte mehr vertraut und bringen demgemäß ein
besseres Verständnis zu den sonntäglichen Gottes-
diensten mit. Em wertvolles und von seiten der
Schwarzen gern benutztes Hilfsmittel zur Erläuterung
biblischer Geschichten sind textgetreue Bilder. Von
den Schülern werden die Bilder sehr begehrt, um
ihre Erzählungen im Dorf zu vertiefen. — Künftig-
hin wird wohl der eine und andere Missionar bei
den Abendandachten im Dorf zugegen sein und tätig
mit eingreifen.