Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

D. Bruce über die Schlafkrankheit. 
Der zu Studien über die Schlafkrankheit nach 
Uganda geschickte Lieutenant-Colonel D. Bruce ist 
nach England zurückgekehrt und hat einen Bericht 
erstattet, aus dem die „Times“ interessante Ver- 
öffentlichungen bringen. Es heißt unter anderem: 
Bei Bruces Ankunft in Entebbe hatte der dort- 
selbst tätige Dr. Castellani bereits bei fünf Fällen 
von Schlafkrankheit Trypanosomen in der Cerebro- 
spinalflüssigkeit und bei einem Falle im Blut nach- 
gewiesen. Damals glaubte Castellani noch nicht an 
einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Trypano- 
soma und Schlafkrankheit und hielt den Befund für 
etwas Zufälliges; jedoch war diese Beobachtung für 
die spätere Erforschung von größter Wichtigkeit. 
Bruce, welcher durch seine Entdeckungen auf dem 
Gebiete der Tsetsekrankheit ein genauer Kenner der 
Trypanosomen ist, folgte, sobald er davon Kenntnis 
erhielt, diesem Fingerzeig und es gelang ihm alsbald, 
unter 34 Fällen von Schlafkrankheit bei 70 Prozent 
diesen Parasiten in der Cerebrospinalflüssigkeit nach- 
zuweisen. In der Folge gelang es dann, in 100 
Prozent der Fälle das Trypanosoma nicht nur in 
der Cerebrospinalflüssigkeit, sondern auch im Blut 
nachzuweisen; es war daher mit der größten Wahr- 
scheinlichkeit in dem Trypanosoma die Ursache der 
Krankheit gefunden. Durch eine Reihe sorgfältiger 
Untersuchungen gelang es ferner Bruce und 
seinen Mitarbeitern Naborro und Grieg, festzustellen, 
daß Affen, geimpft mit Cerebrospinalflüssigkeit von 
an Schlafkrankheit Erkrankten oder mit Blut von 
Eingeborenen, die zwar noch nicht die Symptome 
der Schlafkrankheit zeigten, aber einen ähnlichen 
Parasiten beherbergten, erkrankten und unter allen 
Symptomen von Schlafkrankheit starben. 
Der analoge Parasitenbefund bei Tiererkrankungen 
infolge Stiches der Tsetsefliege ließ vermuten, daß 
bei Schlafkrankheit derselbe Infektionsmodus statt- 
finden würde. 
Am Seeufer (Viktoriasee) wird in großen Mengen 
eine Tsetsefliege (Glossina palpalis) gefunden; durch 
Experimente wurde nachgewiesen, daß nicht nur die 
Fliegen, welche Blut von Schlafkranken ausgenommen 
hatten, fähig seien, den Krankheitsstoff auf gesunde 
Affen zu übertragen, sondern daß frisch auf infizier- 
tem Gebiet gefangene Fliegen ohne weiteres fähig 
waren, die Krankheit hervorzurufen. Es wurde 
ferner durch forgfältigste Nachforschung festgestellt, 
daß überall da, wo Schlafkrankheit herrscht, auch die 
Fliege anzutreffen ist; in Gegenden, wo die Glossina 
palpalis nicht gesunden wird, findet sich auch keine 
Schlafkrankheit. 
Weiterhin zeigte eine Untersuchung einer großen 
Zahl von Einwohnern der von Schlafkrankheit be- 
ihrem Blut beherbergten, während sich in den letzteren 
nicht ein einziger Fall damit behaftet fand. 
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Diese Untersuchungen beweisen, daß die Schlaf- 
krankheit hervorgerufen wird durch Eintritt eines 
Krankheitsstoffes, eine Trypanosomenart, wahrscheinlich 
Trypanosoma Gambiense (entdeckt von Forde, be- 
schrieben von Dutton), in das Blut und fernerhin 
in die Cerebrospinalflüssigkeit, und daß diese Trypa- 
nosomen von dem kranken auf den gesunden Menschen 
durch eine Fliegenart (Glossina palpalis) und zwar 
allein von dieser übertragen werden: kurz, Schlaf- 
krankheit ist eine menschliche Tsetsefliegenkrankheit.“ ) 
——... — — 
Schlangengift und Deilserum gegen Schlangenbiß. 
George Lamb, M. D. Captain J. M. S. hat in 
den Scientifte Memoirs by Officers of the Me- 
dical and Sanitary Departments of the GCovern- 
ment of India (New Series Nr. 4 und Nr. 5) 
Untersuchungen über Schlangengifst und die Wirkung 
von Heilserum bei Schlangenbissen angestellt. In 
der ersien Veröffentlichung beschreibt er eingehend 
die Wirkung des Giftes von zwei verschiedenen 
Schlangenarten: der Cobra (Naja tripudians) und 
einer indischen Viper (Daboia Russellii) auf die 
verschiedenen Bestandteile des Blutes. Seine Unter- 
suchungen zeigen, daß die Wirkung dieser zwei 
Schlangengifte sowohl auf die roten Blutkörperchen 
als besonders auf die Gerinnungsfähigkeit des Blutes 
eine ganz verschiedene ist. In der zweiten Arbeit 
veröffentlicht der Verfasser seine Untersuchungen über 
die Heilwirkung von Schlangenserum bei verschiedenen 
Schlangenarten. Das bekannte Calmettesche Serum 
hat bei Bissen der Cobra (Naja tripudians) eine 
gute Heilwirkung, während es schon bei Bissen von 
Bungarus fasciatus, einer Schlange, deren Geschlecht 
mit dem der Cobra verwandt ist, keine nennenswerte 
Heilwirkung mehr zeigt und bei dem Biß der 
Daboia Russellil und der Echis carinata sich 
vollständig unwirksam erwies. In derselben Weise 
war ein von Dr. Tidswell in Sydney durch Im- 
munisierung eines Pferdes mit dem Gifte der austra- 
lischen Tigerschlange gewonnenes Serum gegen den 
Biß der Tigerschlange sehr heilsam, aber unwirksam 
gegenüber den Bissen von drei anderen australischen 
  
  
*) In der „Times“ vom 19. November d. Js. berichtigt 
E. Ray Lankester vom Natural History Museum einige 
Irrtümer, die sich in den obigen Artikel der „Times“ 
vom 7. November eingeschlichen haben. 
Er betont hauptsächlich, daß Dr. Castellani einen 
Streptococcus für die Ursache der Schlafkrankheit ange- 
sehen und selbst noch nach seiner Ankunft in England an 
diesem Streptococcus als Krankheitserreger festgehalten 
habe. Allerdings habe Dr. Castellani das Verdienst, das 
Trypanosoma in funf Fällen von Schlafkrankheit in der 
Cerobrospinalflüssigkeit und in einem Falle im Blute ge- 
sunden zu haben, er sei jedoch der Ansicht gewesen, daß 
den Trypanosomen eine Bedeutung nicht beizumessen sei. 
fallenen und der davon verschonten Gebiete, daß in 1 ser 2dennsu des Sablafkrantwir win 
; · nosomen für die Entstehung der afkrankheit richtig 
den ersten eine große Prozentzahl die Parasiten in zerkannt und nach der Abreise von Dr. Castellani durch 
weitere Erforschungen erwiesen, sowie auch die Glossina 
Erst Colonel David Bruce habe die Wichtigkeit der Trypa- 
palpalis als UÜberträgerin festgestellt.
	        
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