Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

ein Rad erhalten zu können, wurde getäuscht. Wir 
trafen sie vielmehr gleichfalls in schlechter Lage 
mit erschöpften Ochsen an einer Wasserstelle liegend 
an. So wurde denn kurz vor Beginn der Regen- 
zeit in 165 km Entfernung von den ersten Werften 
am Okavango der Wagen mit zwei Eingeborenen, 
einem Pferd und fünf völlig ermatteten Ochsen, von 
denen einer bald darauf einging, zurückgelassen und 
mit der Karre und den übrigen 30 Tieren weiter- 
gezogen. Gleich nach dem Eintreffen am Okavango 
sollten die mitgenommenen Wagenachsen zurückgesandt 
werden und ein vorausgeschickter Bote zwei neue 
Räder von dem noch etwa 550 km entfernten Groot- 
sontein holen. Das letztere ließ sich ohne Schwierig- 
keit bewerkstelligen, dagegen gab die unmittelbar be- 
vorstehende Regenzeit Anlaß zur Sorge. Setzte 
sie ein, bevor die Räder beim Wagen einge- 
troffen waren, so war das Durchbringen desselben 
nach Grootfontein ausgeschlossen. Außerdem mußte 
für die Gesundheit der Zurückgelassenen, welche ohne 
Schutz der Nässe ausgesetzt waren, gefürchtet werden. 
Mit 30 Ochsen ging die Fahrt trotz schweren San- 
des schnell von statten, da die Gespanne gewechselt 
werden konnten. Und als man ein zum Okavango 
führendes großes Rivier mit stehendem Wasser und 
grünem Gras antraf, begannen auch die Ochsen sich 
zu erholen. Am 10. Oktober wurde der Okavango 
erreicht, sein Lauf stromabwärts verfolgt und erst bei 
des Häuptlings Himarua Werft ein längerer Halt 
gemacht, um die Rückkunft des nach Grootfontein 
gesandten Boten mit den Wagenrädern abzuwarten. 
Von Omupanda ab führte der Weg zuerst noch 
77 km weit in östlicher Richtung durch Werften des 
Ukuanjamastammes, späterhin wurden bis zum Oka- 
vango nur noch Viehposten der Ovambos und ver- 
einzelte Buschmannstrupps angetroffen. Sonst ist 
das ganze Gebiet unbewohnt. 
Der für das Ovamboland charakteristische Reich- 
tum an Rivierbildungen, welche das Hochwasser des 
Kunene aufnehmen, hörte allmählich auf. Dafür trat 
nur ein größeres Rivier, das Oshimpolorivier, welches 
die Niederschläge des Oshimpolofeldes teils nach 
Ukuanjama, teis in einem zweiten Arm nach Ondonga 
abführt. Im Gegensatz zu den flachen und mit 
üppigem Gras bewachsenen Rivieren des Ovambo- 
landes ist dasselbe tiefer in das Gelände einge- 
schnitten und die Sohle mit weißem, reingewaschenem 
Sand bedeckt. Wasser findet sich das ganze Jahr 
hindurch offen an verschiedenen Stellen der Riviere 
und in einer Anzahl Vleys von manchmal beträcht- 
licher Größe. Grundwasser ist überall in mäßiger 
Tiefe zu erreichen. Ausgedehnte baumfreie Flächen, 
namentlich in der Nähe von Rivieren und andere 
Merkmale zeigen an, daß zur Regenzeit das Land 
teilweise unter Wasser stehen muß. Sonft ist das 
ganze Oshimpolofeld mit Wald bestanden, und zwar 
mehr mit Hochwald als Buschwald. Je weiter man 
nach Osten kommt, um so schöner und dichter wird 
der Wald. Leider richten alljährlich Brände, die die 
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Eingeborenen der Jagd wegen, oft aber nur aus 
Mutwillen anlegen, großen Schaden an. An wenigen 
Stellen ist die Fächerpalme des Ovambolandes ver- 
treten, jedoch nur in geringen, abgeschlossenen Be- 
ständen. Auch Fruchtbäume, die im Ovamboland 
bei den Werften häufig sind, fanden sich vereinzelt 
vor; es waren dies zwei Arten wohlschmeckender, 
wilder Orangen und ein Baum mit mandelartiger 
Frucht. Sie sind durch Zufall aus Samen ent- 
standen, den umherstreifende Eingeborene verstreut 
haben. Der Baobabbaum, der in der Nähe des 
Kunene angetroffen wurde, war nicht vorhanden. 
Das rote Holz eines ziemlich häufig vorkommenden 
Baumes verwenden die Ovambos in zerpulvertem 
Zuflande, mit Fett vermischt, als Schönheitsmittel 
zum Einreiben des Körpers. Tributpflichtige Busch- 
leute bringen es ihnen in kleinen, mit Bastfäden um- 
schnürten Bündeln. Der Graswuchs ist gut, die 
Qualität besser als im Ovambolande. 
Der Sandboden des Oshimpolofeldes weist im 
westlichen Teile vereinzelt Kalkablagerungen auf; je 
weiter man nach Osten kommt, desto häufiger er- 
scheint Kalktuff und tritt stellenweise in großer 
Mächtigkeit auf. 
Der Flußlauf des Okavango ist von großer 
landschaftlicher Schönheit. Das weite Tal, das der 
Strom in einer langen Reihe von Jahren ausgearbeitet 
hat, ließ mit seinen grünen Wiesenflächen und den 
hohen, schön bewaldeten Rändern alles bisher Gesehene 
weit hinter sich. Von Dürre und Trockenheit, ist hier 
nichts zu merken, obwohl auch von einer tropischen 
Uppigkeit der Vegetation keine Rede sein kann. Der 
Okavango hat einen vom Kunene wesentlich verschie- 
denen Charakter, soweit die gesehenen Strecken der 
beiden Flüsse in Betracht kommen. Das Uber- 
schwemmungsgebiet ist nicht breit und entwickelt sich 
nach Ablauf des Hochwassers zu einer grünen Gras- 
flur; versumpfte Seitenarme und Moräste sind selten. 
Das Bett ist steinig, hin und wieder mit Kalkstein- 
riffen durchsetzt. Sand führt der Okavango sehr 
wenig; auch die Ablagerungen des Hochwassers, 
welche aus Schlamm, Krautwerk und Holz bestehen, 
sind unbedeutend. Die Ufer sind steil, mit einem 
dichten Rohrgürtel eingefaßt, der sie vor Abbruch 
schützt. Der Boden ist im Flußtal eine dunkle oder 
rötliche Erde von bindigem Charakter und fruchtbar; 
auf der Höhe beginnt wieder der Sand. Am Fluß- 
ufer findet sich Töpserton, den die Eingeborenen zu 
Hausgeräten verarbeiten. Die mittlere Strombreite 
beträgt etwa 100 m. Die Wassertiefe ist sehr ver- 
schieden, im Mittel 1,5 m bei Niedrigwasser, welches 
zur Zeit unserer Anwesenheit ungefähr erreicht war. 
In einem 110 m breiten Profil wurde im Strom- 
strich eine Oberflächengeschwindigkeit von 0,8 m Sek. 
gemessen bei 2 m durchschnittlicher Wassertiefe, in 
einem anderen Profil von gleicher Größe eine solche 
von 0,6 m Sek. Zur Winterzeit führt der Oka- 
vango mindestens soviel Wasser als der Kunene, bei 
Hochwasser jedoch weniger. Die höchsten Flutmarken
	        
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