Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

hineingepreßt. Dadurch entsteht nun ein harter 
Klumpen in Kegelform von etwa 12 cm Höhe und 
10 cm Durchmesser. Da auf den Boden zwei 
Bastseile gelegt wurden, so läßt sich der Klumpen 
nun leicht herausziehen und gelangt in dieser Form, 
nachdem er an der Luft noch weiter getrocknet ist, 
zum Verkauf oder eigenen Verbrauch. Zu diesem 
Zwecke wird ein Stückchen davon abgeschnitten, auf 
einem Stein zerrieben, und der Schnupftabak ist 
fertig. Um ihm aber ein besseres Aroma zu geben, 
mischen die Matengo oft noch Ingredienzien dazu: 
Kräuter aus dem Walde, besonders aber das abge- 
fallene Ende der Bananenblüten. Letzteres nehmen 
sie, verbrennen es auf einer Scherbe eines zer- 
brochenen Topfes zu Asche und mischen dieselbe dann 
mit dem Schnupftabak. 
Nun sind aber unsere Schwarzen in der Kultur 
noch nicht soweit vorgeschritten, daß sie schon 
Schnupftabakdosen nach europäischer Art verfertigen 
könnten. Früher behalfen sie sich in anderer Weise. 
Sie rissen Käsern von der Größe eines Fingerhutes 
einfach den Kopf ab, weideten sie aus, trockneten sie 
an der Sonne, und die Tabakdose war sertig. 
Wegen ihrer Kleinheit mußten natürlich gleich 
mehrere genommen werden, alle zusammen wurden 
an einer Schnur um den Hals gebunden, und das 
diente zugleich zur „Zierde.“ Daß sie aber mit 
dieser Art Tabakdosen nicht recht zufrieden waren, 
zeigte sich, als die „Europäer“ kamen. Bei diesen 
sahen sie manches, was ihnen zur besseren Lösung 
der Tabakdosenfrage dienen konnte. Da waren es 
besonders die Patronenhülsen, die von den Europäern 
weggeworfen, von den Matengo aber mit Gier auf- 
gegriffen wurden. Eine solche weggeworfene Patronen- 
hülse kann unter den Matengo Ursache zum Streit 
werden. Jetzt tragen die „glücklicheren“ Matengo 
statt der Käferleichen vier bis fünf Patronenhülsen 
um den Hals, in denen ihre Vorräte von Schnupf- 
tabak aufgespeichert sind. 
Die im Jahre 1879 auf Anregung Livingstones 
gehründete englische Missionsstation Urambo in 
Deutsch Ostafrika ist 1898 an die Deutsche Brüder- 
gemeinde übergegangen. Uber die weitere Entwick- 
lung dieser Mission und Neugründung anderer 
Stationen berichtet Pastor Fleck in Nr. 11 und 12 
der Zeitschrist „Die evangelischen Missionen“. Wir 
entnehmen diesen Artikeln im Auszug folgendes: 
Die Mission der Brüdergemeinde befand sich in 
Urambo in eigentümlich schwieriger Lage. Da sie 
die Nachfolgerin einer schon 19 Jahre bestehenden 
englischen Mission war, fand sie Heiden vor, die an 
das Christentum schon gewöhnt waren, ohne dasselbe 
wirklich anzunehmen. Außerdem konnte sie in wesent- 
lichen Stücken der bisher angewendeten Missions- 
methode nicht folgen. Der Hauptfehler der englischen 
Missionare war der gewesen, daß sie die Heiden 
durch Geschenke verwöhnt hatten. Die eigentliche 
Absicht der Mission, ewige Güter zu bringen, trat 
  
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dadurch in den Augen der Heiden völlig zurück 
hinter den irdischen Vorteilen, Kleidern und Messern. 
Mit dieser Praxis wurde sofort und gänzlich ge- 
brochen. Schonend gingen die Deutschen mit den 
Anderungen im Gottesdienst vor. Anstelle des täg- 
lichen Gottesdienstes trat der Morgensegen. Sonn- 
tags wurde der englische Ritus zunächst beibehalten, 
nur der Verkündigung des Evangeliums etwas mehr 
Raum gewährt, aber Geschenke gab es für die Kirchen- 
besucher nicht mehr. Als nach Ablauf des Monats 
die Kattunstücke ausblieben, blieben auch allmählich 
die Kirchgänger aus. Am Karfreitag hatte sich zur 
großen Freude der Brüder doch wieder eine große 
Zahl versammelt, aber o weh, als auch da das Vor- 
ratshaus geschlossen blieb, erhob sich ein Murren, 
und einer nach dem andern zog unwillig wieder ab. 
Die 500 bis 600 Kirchgänger, die anfangs das 
Entzücken der Brüder gewesen waren, schmolzen gar 
bald auf ein kleines Häuflein zusammen. 
Noch durchgreifender verfuhren die Brüder mit 
der Schule. See fanden eine Klasse von mehreren 
hundert Schülern, Erwachsene und Kinder bunt 
durcheinander. Auch hier waren von Zeit zu Zeit 
zur Belohnung kleine Geschenke verteilt. Daß ein 
Erfolg des Unterrichts nicht zu sehen war, ist wohl 
verständlich. Nachdem sich die Brüdermissionare eine 
Zeitlang mit der Schule abgequält hatten, wurde sie 
schließlich ganz geschlossen. Erst nach Jahresfrist 
wurde sie wieder eröffnet, nun aber unter ganz 
anderen Verhältnissen. 4 Knaben und 10 Mädchen, 
darunter die „Hauskinder“, die besreiten Sklaven- 
kinder, fanden sich zunächst ein. Bald wuchs die 
Zahl auf durchschnittlich 28, die täglich vormittags 
11/2 Stunden in Religion, Lesen, Rechnen und Singen 
unterrichtet wurden, nun mit befriedigendem Erfolg. 
Der deutsche Bezirkshauptmann, Freiherr v. Ledebur, 
hat im Jahre 1902 die Schule besucht und seiner 
Befriedigung über die Leistungen auch dadurch Aus- 
druck gegeben, daß er ihr eine Regierungsunterstützung 
verschaffte. Zur Kinderschule trat bald auch auf 
ausdrücklichen Wunsch eine Schule für Erwachsene, 
die nachmittags gehalten wurde, und in der vorzugs- 
weise biblische Geschichte gelehrt wurde, damit auch 
solche, die zu alt zum Lesenlernen waren, die Ge- 
schichten von Jesus noch kennen lernten. Endlich 
hielt Frau Dahl am Vormittag noch eine Nähschule 
für die Hauskinder. 
Man kann die Zeit der Anfangsarbeit einer 
neuen Mission dann als abgeschlossen betrachten, wenn 
die nötigen Gebäude dauerhaft hergestellt sind und 
die Eingeborenensprache einigermaßen beherrscht wird. 
Dieser Zeitpunkt trat in Urambo mit dem Beginn 
des Jahres 1900 ein. Schon Ende 1898 war als 
dritter Missionar der Theologe R. Stern mit Frau 
und Töchterchen in Urambo angelangt, ein erfahrener, 
sprachenbegabter Mann, der, bisher in Suriname, 
nun zum Vorsteher der neuen Mission in Deutsch- 
Ostafrika bestimmt war. Er warf sich mit ganzer 
Kraft auf die Erkundung und Erlernung der Sprache,
	        
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