Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Pachtzins soll taxiert werden nach dem Wert des 
ungenutzten Geländes, der von Zeit zu Zeit durch 
Schäitzung ermittelt werden soll. 
Bei den Parlamentsverhandlungen des Gesetz- 
entwurfs traten einige interessante Einzelheiten über 
den Stand der Entwicklung von Britisch-Neu-Gulnea 
hervor. Außer den bereits genannten beiden Beamten 
— dem Lieutenant-Governor und dem Chief judicial 
officer — werden als Mitglieder des Executive 
Council noch erwähnt: der Chief medical osfficer, 
der Government Secretary, der Treasurer und der 
Landmesser. An anderer Stelle findet sich die Be- 
merkung, daß die Eingeborenengerichtsbarkeit durch 
sechs Resident magistrates und neun Assistent resident 
magistrates ausgeübt wird. Die weiße Bevölkerung 
wird auf etwa 500 Seelen angegeben, wovon 300 
bis 350 Miners (Goldsucher), der Rest Missionare, 
Händler und Beamte sind. Nur an zwei Plätzen 
befinden sich größere Niederlassungen, in Samarai 
und Port Moresby; doch erreicht in keiner von 
beiden die Zahl der Europäer die Ziffer Hundert. 
Die Einnahmen aus dem Territorium betrugen in 
den letzten Jahren etwa 16 000 2; hiervon ergaben 
die Zölle 13 000 L, Strafen, Gebühren usw. den 
Rest. Es wurde darauf hingewiesen, daß von diesem 
Betrage ein großer Teil mittelbar von den Einge- 
borenen aufgebracht worden sei. 
Die Regelung des zukünftigen Landerwerbes 
führte zu eingehenden Erörterungen. Die Mehrzahl 
der Redner betonte, wie der Erwerb großer Land- 
komplexe seitens einiger Spekulanten der Entwicklung 
in den einzelnen australischen Staaten Schwierigkeiten 
bereitet hätte. Gegenüber dem vom Minisstertisch 
warm verteidigten Regierungsentwurf, der die Mög- 
lichkeit eines Erwerbes des Landes zu Eigentum 
vorsah, wurde dann die oben geschilderte Regelung 
angenommen. Uber die Größe der bereits veräußerten 
Landflächen konnte der Mmister keine Auskunft geben. 
Jedoch geht aus dem erzielten Gesamterlös hervor, 
daß von der Besitzergreifung bis zum 30. Juni 1902 
jedenfalls nicht 5000 Acker, wahrscheinlich erheblich 
weniger, an Private veräußert worden sind. Hier- 
von entfallen allein 1155 Acker auf das Jahr 1901. 
Während dieses Jahres lagen der Verwaltung 
70 Eigentumserwerbsanträge über insgesamt 202 529 
Acker vor. Hiervon wurden 32 mit insgesamt 1155 
Acker bewilligt; neun weitere Anträge wurden zurück- 
gezogen, sechs zurückgewiesen, 23 waren noch nicht 
erledigt. Wie bereits aus der sehr unbedeutenden 
durchschnittlichen Größe der zugestandenen Grundstücke 
hervorgeht, handelt es sich ausschließlich um Wohn- 
plätze für Händler und Missionare. Mit Pflanzungen 
ist man in Britisch-Neu-Guinea anscheinend noch weit 
zurück. Es wird in den Verhandlungen erwähnt, 
daß der einzige Plantagenbetrieb in Liquidation stehe. 
Was nun zum Schluß die für Nordaustralien 
so brennende Arbeiterfrage betrifft, so ist dies Pro- 
blem für Britisch-Neu-Guinea noch nicht angeschnitten. 
Die Arbeitergesetze Australiens finden allerdings keine 
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Anwendung; jedoch darf eine Verordnung bezüglich 
der Einführung oder Einwanderung von Eingeborenen 
aus Australien, Asien, Afrika oder der Südsee nur 
nach vorheriger Zustimmung des Governor-General 
eingeführt werden. 
Mombassa—Uganda-Eisenbahn. 
Der „East Africa and Uganda Mail“ entnehmen 
wir folgenden bezeichnenden Artikel über die Mom- 
bassaganda-Eisenbahn: 
Die Unglückspropheten, die so zuversichtlich mit 
ihrem: „Wir haben es ja gleich gesagt“ der Uganda- 
Eisenbahn prophezeiten, sie würde niemals auch nur 
ihre Selbstkosten decken, haben allen Grund, jetzt 
kleinlaut zu werden, wenn sie den letzten Jahresbericht 
lesen. Zwar ist immer noch ein kleines Defizit vor- 
handen, aber der Handel hat sich um nicht weniger 
als 44 pCt. vermehrt. Dies verdankt er in erster 
Linie dem Herabsetzen der Frachtsätze; denn je nie- 
driger die Transportkosten, desto größer der Profit 
des Kaufmanns und die Unternehmungslust, das neue 
Land aufzuschließen. Schon schwimmen zwei 600 t 
Dampfer auf dem Viktoria-Nyansa und versehen 
dessen Küstenländer mit europäischen Waren, meist 
2englischen Ursprungs, zu einem im Verhältnis zu 
früher so billigen Preise, daß die Kauflust der Ein- 
geborenen dadurch bedeutend gesteigert ist. Die 
deutsche Konkurrenzeisenbahn soll bekanntlich erst noch 
gebaut werden, und bei dem Vorsprung, den wir 
haben, ist erfolgreiche Konkurrenz noch zweifelhaft. 
Kurz und gut, England hat durch eine wohlberechnete 
Geldausgabe hier etwas geschaffen, das mit der Zeit 
eine der solidesten und sich am besten verzinsenden 
Kapitalsanlagen in Afrika werden kann. 
Die Strafkolonien Guyana und Heu--Raledonien. 
Im „Journal officiel de la République 
Francçaise“ vom 24. September 1903 ist der Jah- 
resbericht für 1902 des Kolonialmmisters Gaston 
Doumergue über die Strafkolonien Guyana und 
Neu-Kaledonien erschienen, dem wir folgende Zahlen 
entnehmen. In Guyana waren Ende 1902 
2720 Deportierte, wovon 2478 Männer und 242 
Frauen; neuer Zugang aus Frankreich fand nicht statt. 
Es starben 223 Personen. Fluchtversuch kam 1465 
mal vor; 726 Flüchtlinge wurden wieder eingefangen, 
729 nicht. Es wurden 4392 Disziplinarstrasen 
verhängt und 422 Verurteilungen. In Neu- 
Kaledonien waren Ende 1902 2454 Deportierte, 
nämlich 2160 Männer und 294 Frauen; auch hier 
fand kein Zugang von Frankreich statt. 88 Personen 
starben, 1411 wurden bestraft, 379 verurteilt. Flucht- 
versuch kam 161 mal vor; 81 Flüchtlinge wurden 
wieder gefangen, 80 nicht. 
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