Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

die Station machte. Danach wurde Quartier bezogen. 
Am 19. fand die eigentliche Inspizierung der Station 
statt. In den nächsten Tagen herrschte rege Tätigkeit, 
da alle auf dem Weitermarsch mitzunehmenden Lasten 
auszusuchen und einzuteilen waren; außerdem Aussuchen 
der Pferde und Leute der Eskorte, Verpassen der 
neuen Sättel, des Zaumzeuges u. a. Während diese 
Arbeiten den mich begleitenden Herren oblagen, be- 
schäftigte ich mich hauptsächlich schriftlich und orien- 
tierte mich über die Verhältnisse. Abends war fast 
regelmäßig ein Tornado. Auf den 25. waren sämtliche 
Lamidos von Adamaua zu einer großen Versammlung 
geladen. Die von Bubenjidda und Ngaundere hatten 
ihr Erscheinen angemeldet, ein tatsächliches Zeichen 
für den hohen Einfluß der deutschen Regierung in 
Adamaua. Von Dikoa und Banjo traf Post ein; 
die Straßen gelten als absolut sicher, abgesehen von 
einzelnen Heidenstämmen in den Bergen. . 
Die Station Garua ist praktisch und bequem 
angelegt. Innerhalb der Umfassungsmauer liegen 
die Wohnungen der einzelnen Europäer als geson- 
derte Gehöfte; die Soldaten, meist mit Familie, 
wohnen in räumlich getrennten Rundhütten. Die 
Ställe für die 64 zur Zeit vorhandenen Pferde sind 
ganz nach Art deutscher Schwadronsställe eingerichtet 
und in Beritte eingeteilt. Die Pferde sind in gutem 
Zustande; es wird zu Pferde und zu Fuß exerziert. 
Die Station besitzt eine Herde von etwa 600 Stück 
Rindvieh (500 Kühe, Buckelvieh), 300 Schafe, 100 
Hühner; auf dem Hose treiben Perlhühner und 
Kronenkroniche ihr Wesen. Ställe, Reit= und Exerzler= 
plätze, Schießstand sind praktisch angelegt. 
Am 23. und 24. ritten die Fullahsürsten von 
allen Seiten und Himmelsrichtungen in das Land- 
städichen Garua ein, um sich auf meinen Ruf hin 
zu meiner Begrüßung einzufinden. Nachdem wir 
einen morgens gleich nach 8 Uhr einsetzenden, sehr 
schweren und bis Mittag andauernden Gewittersturm 
abgewartet hatten, fand um 4 Uhr nachmittags die 
feierliche Versammlung der Großen Adamauas statt. 
Vor dem von mir bewohnten Saationshause zunächst 
unter dem Kommando des Oderleutnants Sandrock 
Aufmarsch und Paradeaufstellung der Garnison, rechts 
32 Reiter mit Lanzen und schwarz-weiß-roten 
Lanzenflaggen, auf dem rechten Flügel der Stan- 
dartenträger auf einem großen braunen Hengst, ein 
sehr stattlicher Anblick; links die Truppe zu Fuß. 
Auf dem freien Raum zwischen den beiden Truppen- 
abteilungen die sämtlichen in der Steuerliste ausge- 
führten 68 Lamidos und Häuptlinge mit Ausnahme 
eines Erkrankten; in einiger Entfernung das sie 
begleitende Volk, mehrere Tausend. Ich trat mit 
meinen Begleitern auf die Veranda hinaus, wobei 
militärische Honneurs erwiesen wurden; sodann er- 
folgte die Begrüßung der Versammelten, welche sich 
erhoben und ihren Salam machten. Darauf lagerte 
sich alles nach mohammedanischer Sitte auf den 
Boden, wir nahmen auf Stühlen Platz, und ich hielt 
mit Benutzung von zwei Dolmetschern (Haussa und 
82 
  
Fullah) eine längere Ansprache, den Häuptlingen 
für ihr vollzähliges und pünktliches Erscheinen dan- 
kend und sie über lhre Pflichten gegen die Regierung 
belehrend. Zum Schluß wurden noch einige Gruppen 
und einzelne Lamidos besonders vorgerufen zur Be- 
sprechung schwebender Angelegenheiten, einige wegen 
besonderer Leistungen und Wohlverhaltens belobigt 
und beschenkt, Schutzbriefe und Flaggen vertellt. In 
einer Stunde war alles vorüber und die Lamidos 
in ihre Heimat entlassen. Ich habe die sichere Über- 
zeugung gewonnen, daß die Regierung bei ruhiger 
und gerechter Behandlung sich auf diese Leute fest 
verlassen kann und daß Adamaua ohne jede militä- 
rische Machtmittel dauernd in unserer Hand ist. 
Nach der offiziellen Feier mischten wir uns noch 
unter die sich zerstreuende Menge, hörten die barba- 
rischen Weisen der von Ngaundere mitgenommenen 
Musik, etwa 12 den arabischen nachgeahmte Instru- 
mente, und sagten einzelne noch besonders Lebewohl. 
Der Lamido von Marua reitet voraus und besorgt 
die Etappenverpflegung für meine Heimreise. Pferde- 
und Lastenverteilung nahmen die nächsten Tage in 
Anspruch, ouf den 1. Oktober ist der Abmarsch 
angesetzt. 
Bericht des Oberleutnants Freiherru v. Stein über die 
Expedition gegen Runabembe. 
Am 19. Januar 1903 trat ich auf Grund der 
Nachrichten über einen Ausstand in Kunabembe die 
Flußfahrt von Ngoko nach Gonakvil, dem Aus- 
gangspunkt des Weges nach Norden an, wo mit 
größtmöglicher Beschleunigung die endgültige Expedi- 
tions= und Lastenzusammenstellung des Kunabembe- 
strafzugs in der Zeit vom 31. Jonnar bis 3. Fe- 
bruar vorgenommen wurde. Vom 4. bis 12. Fe- 
bruar wurde in starken Märschen über Elosse— 
Dangolo— Bangandu Kunabembe erreicht. Die 
berelts früher gemeldete Beobachtung über das 
geringe Entgegenkommen im Bangandulande be- 
stätigte sich übrigens dabei wiederum, doch steht 
jetzt zu hoffen, daß der Ausgang des Kunabembe- 
aufstandes auch in Bangandu seine Wirkung haben 
wird. 
Es stellte sich des weiteren auf diesem Marsche 
der Mangel an geübten, zuverlässigen Trägern 
(Jaunde oder Vej) heraus. Zwar taten die alleln 
verfügbaren Bertualeute ihr möglichstes, waren bei 
der Ankunft in Kunabembe aber, trotzdem über sechs 
Stunden täglich nie marschiert wurde, fast sämtlich 
an Bronchuls und Pneumonie erkrankt oder völlig 
marode, obwohl ich die schwereren Lasten (25 bis 
30 kg) boppelt besetzt hatte. 
Mehrere in der toten Zone zwischen Bangandu 
und Kunabembe angetroffene Karawanen, auch von 
Kunabembeleuten der Gesellschaft Süd-Kamerun 
ließen einen recht erschwerten Ausblick auf das 
richtige Vorgehen im Kunabembelande zu, da nach 
Möglichkeit die Gefährdung dieses stark exponlerten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.