Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

zu seiner Werft zu ziehen. Nachmittags 4 Uhr 
ließ ich satteln und zog unter Führung einiger Ein- 
geborener flußabwärts. Das Flußtal wurde immer 
enger, stelle Felspartien, zwischen denen das Wasser, 
mit lautem Rauschen über gewaltige Felsblöcke 
schäumende Schnellen bildend, dahinschoß, wechselten 
ab mit Partieen üppigster Vegetation — eine un- 
gemein relzvolle Landschaft. Nach wenigen Kilo- 
metern wurde uns ein alter Lagerplatz gezeigt, an 
dem vor wenigen Monaten ein Herr Wedberg 
gelegen hatte, der mit dem Bieh des verstorbenen 
Händlers Axel Ericson von Grootfontein nach 
Transvaal zog und als wir uns umsahen, sahen 
wir auch einige hundert Meter entfernt, aber durch 
reißende Flußarme getrennt, im Hintergrunde einer 
Felseninsel die Werft Disbes auftauchen. Nachdem 
wir uns im Lager eingerichtet hatten, kamen bald 
Boten, die eine Einladung Disbes überbrachten, 
worauf ich mit Präfekt Nachtwey und zwei Ein- 
geborenen als Dolmetschern auf die Insel fuhr. 
Die Passage nahm einige Zeit in Anspruch, da 
die Stromschnellen ein direktes Uberfahren nicht 
gestatteten. Zuerst wurden wir über einen etwa 
30 m breiten Flußarm auf eine bewaldete Insel 
übergesetzt, auf dieser gingen wir 50 Schritt strom- 
aufwärts, bis wir von neuen Kanus in Empfang 
genommen und auf großem Umwege nach Disbes 
Insel gefahren wurden, wobei die Owambokuschen 
mit außerordentlicher Geschicklichkeit durch die 
Schnellen steuerten. Auf der Werft waren die Groß- 
männer versammelt, bald erschien auch Disbe, von der 
Versammlung mit langsamem Händeklatschen begrüßt. 
Disbe ist ein etwa 35 jähriger Mann von nicht 
unsympathischem Aussehen und Wesen. Er hat es 
nicht verstanden, den großen Ruf, den Andara als 
Zauberer und Regenmacher genoß, zu erhalten, und 
der Stamm ist anscheinend im Zurückgehen begriffen. 
— Man sieht auch keinen einheitlichen Rasselyp 
mehr, sondern die Typen der verschiedensten unter 
einander vermischten Stämme. Die Unterhaltung 
machte einige Schwierigkeiten, da dieser Stamm 
nicht mehr die Owambosprache sondern die der 
Betschuanen spricht, welche mein Dolmetscher nur 
schlecht beherrscht. 
Nachdem in einer schöngeschnitzten Kalebasse Bier 
gebracht und herumgereicht war, fuhren wir zum 
Lager zurück. Am solgenden Tage entspann sich ein 
lebhafter Handel um Provlant und Kuriositäten. 
Es wurden mehrere Zentner Korn, Hirse, Bohnen 
und Erdnüsse eingetauscht, auch eine Menge schöner 
Schnitaarbeiten. Nachdem ich nachmittags nochmals 
bei Disbe gewesen war und ihn wiederholt ermahnt 
hatte, alle durchreisenden Weißen gut aufzunehmen, 
ließ ich nachmittags einspannen und trat den Rück- 
marsch an. 
Der nächste Tag brachte einen kleinen Zwischen- 
fall, indem zwei Pferde in den Okawango fielen, 
von denen das eine wieder zum Ufer schwamm, 
während das andere ein Stück stromabwärts ge- 
trieben wurde und eine etwa 150 m vom Land 
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entfernte Insel erreichte. Nach langem Bemühen 
kellen * Eingeborene mit Kanus zu rufen, die 
einige Leute von uns auf die Insel fuhren. Hier 
wurde das Pferd eingefangen und an Ochsenriemen 
in das Wasser gezogen, worauf es ruhig hinter den 
Kanus herschwamm und glücklich wieder am süd- 
lichen Flußufer ankam. Am Abend des 16. wurde 
der am 9. zurückgelassene Wagen erreicht, wo ich 
alles in Ordnung und die Zugochsen gut erholt vor- 
fand, so daß wir schon am solgenden Tage weiter- 
sehen konnten. 
5 pön 19. August verließen wir den Weg, den wir 
gekommen, und bogen südwestlich in die Mündung 
des Omuramba u Omatako ein, um nun dessen Lauf 
360 km aufwärts bis Otjituo, 53 km westlich 
Grootfontein, zu folgen. 
2 29. alcgust waren wir in Karakuwisa. Die 
164 km lange Durststrecke von dort bis Otjituo 
wurde — unterstützt durch je zwei 1 chm große 
wassergefüllte Tins — auf 70 und 120 km von 
Menschen und Tieren gut überwunden, und am 
2. September war die Expedition auf Otjituo, nahe 
Grootfontein. 
Politische Verhältnisse. # 
Was die politischen Verhältnisse in dem Gebiet 
des Okawango anlangt, der die Nordgrenze 
Südwestafrikas bildet, so kann man von West nach 
Ost fünf selbständige Kapitänschaften nennen. 
Himarua, Nambatse (auch Nampati, ehemals 
Kapongo), Bomagandu (auch Bambasantu), 
Njangana, Disbe (früher Andara). Die Stärke 
der Stämme läßt sich schwer schätzen, es mögen ins- 
gesamt 7000 bis 8000 Seelen sein, die durchweg 
von Ackerbau leben. 
Himarua ist Eindringling aus Owamboland — 
Oukwambi oder Oukwanjama —, sein Stamm ist 
nicht der stärkste an Bevölkerung, aber der ge- 
fürchtetste und kriegerischste, Nambatse und Bomagandu 
wohnen von alters her am Okawango, bei Njangana 
und Diöbe ist schon mehr ein Einfluß von Südosten 
her zu erkennen, bei Niangana wird ein Gemisch 
von Sprachen der Owambos (Owa), Bangara des 
Kuito und der Gegenden östlich davon, bei Disbe 
wird fast ausschließlich die Betschuanensprache ge- 
sprochen. Unter den Häuptlingen stehen die nördlich 
und südlich des Okawango wohnenden Buschmänner, 
diese jagen hauptsächlich für die Häuptlinge und be- 
kommen für Hörner, Felle und Straußenfedern Korn 
und Tabak. 
Von einem Einfluß der Barotse habe ich nichts 
erfahren können, der Name des Barotse — Königs 
Lewaniku — ist auch bei Andara unbekannt. Andaras 
Stamm gehört zu den Betschuanen, die flußabwärts 
bis zum Ngamisee, anscheinend auch östlich bis zum 
Tschobe wohnen. 
Klima und Gesundheitsverhältnisse. 
Das Klima scheint mir nach Osten zu immer 
mehr tropisch zu werden. Da wir beim Übergange 
der kalten in die wärmere Jahreszeit reisten, kann
	        
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