Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

und anderen Arbeiten zu veranlassen und ihnen vor 
allen Dingen verständlich zu machen, zu welchem 
Zweck ich diese Arbeiten ausführen ließ und aus 
welchem Grunde ich die Leistung derselben ohne 
nennenswerte Entschädigung von ihnen beanspruchte. 
Zunächst schenkte ich den mir bekannten Häuptlingen 
ein Oldruckbild Seiner und Ihrer Moajestät mit dem 
Bemerken, daß dies der mächtigste Luluei aller 
Deutschen sei, dem jeder zu gehorchen habe. Derselbe 
würde aber auch dafür jedem seiner Untertanen, ob 
Weißen oder Schwarzen, Schutz und Gerechtigkeit 
widerfahren lossen. Diesem Luluei müsse jeder Deutsche 
Steuern zahlen und die jungen kräftigen Leute außer- 
dem noch einige Jahre als Soldaten dienen. 
Von Euch, sügte ich dann hinzu, verlangt der 
große Luluel keine Steuern, weil Ihr kein Geld 
habt, aber Ihr setd starke Leute und könnt arbeiten. 
Durch unermüdliche Arbeit der Vertrauensleute 
und fortwährende Verhandlungen gelang es bald, 
einige Dörfer zur Arbeitsleistung zu bestimmen; von 
großer Wirkung war namentlich das konsequente Ab- 
lehnen einer Eatschädigung bei Rechtssprüchen usw. 
In der Zwischenzeit gelang es meiner Frau sehr 
bald, durch Behandeln von kranken Kindern und 
Weibern das letzte Mißtrauen der Bewohner der 
engeren Umgebung unserer Residenz zu beseitigen, und 
nun entspann sich sehr schnell ein außerordentlich 
enges Verhältnis und ein reger Verkehr zwischen den 
umliegenden Eingeborenendörfern und uns. « 
Da Neu-Mecklenburg wenig oder gar nicht unter 
Erdbeben zu leiden hat, beschloß ich, den Unterbau 
meines Hauses massiv zu bauen, um den schlimmsten 
Feinden aller Tropenbauten, den weißen Anmeisen, 
zu entgehen. Unsere nächsten und stets treuen Nach- 
barn in dem Dorfe Bagail schleppten zunächst die 
Steine zu dem Bau unseres Wohnhauses für eine 
kaum nennenswerte Entschädigung an Tabak und 
Eingeborenengeld heran. Auf einer Anzahl von 
Inseln wurden von Frauen und Kindern Korallen 
gebrochen, die dann von den Männern in großen 
Löchern zu Kalk gebrannt wurden. Wenn man be- 
denkt, daß zu unserem Hause, welches einen sechs Fuß 
hohen Unterbau hat, allein etwa 18 000 Kubikfuß 
Steine und 500 Kubikfuß Kalk notwendig waren, 
so wird man sich einen Begriff von der Arbeits- 
leistung der Leute machen. Im weiteren Verlaufe 
der drei Jahre meiner Tätigkeit folgten dann noch 
drel Europäerhäuser, ein großer Pferdestall, eine 
Kaserne, Warenhaus, Chinesenhaus, Maisschuppen, 
Schmiede und massive Landungsbrücke. 
Diese Bauten sind zum großen Teil aus kostbaren 
Hölzern Neu-Mecklenburgs, wie Afzelia bijuga, bester 
Mangrove und Nlbongs, hergestellt und haben bis 
auf das Chinesen= und Landmesserhaus Steinböden, 
zu denen ungefähr weitere 35 000 Kubikfuß Steine 
verwandt wurden. Die Landungsbrücke, die 150 Fuß 
lang und 12 Fuß breit ist, hat einen Brückenkopf 
von 30 Fuß Breite und zeigt an dessen Frontseite 
132 
  
etwa 20 Fuß Wasser. Diese Tiefe gestattet jedem 
der hier verkehrenden Schiffe, an der Brücke festzu- 
machen und Ladung direkt überzunehmen. 
ie ich bereits in früheren Berichten ausgeführt 
habe, arbeite ich darauf hin, den Seeverkehr an der 
Nordost= und Ostküste wegen mangelnder Häfen und 
überaus schlechter Landungsverhältnisse nach Möglich- 
keit zu beschränken. Zu diesem Zwecke mußte ich 
mein Hauptaugenmerk auf eine gute und bequeme 
Landverbindung richten, d. h. einen für Kraftfahrzeuge 
geeigneten Weg herstellen, der sämtliche Europäer- 
stationen berührt und die Verbindung mit Herberts- 
höhe zu einer möglichst schnellen und regelmäßigen 
macht. 
Ich muß offen gestehen, daß keine der beträcht- 
lichen, von Eingeborenen Neu-Mecklenburgs für die 
Verwaltung geleisteten Arbeiten mir mehr Freude 
gemacht hat als gerade dieser Weg, der wegen der 
zu überwindenden Schwierigkeiten, der Korrektheit 
der Ausführung und der Schnelligkeit, mit der der- 
selbe gebaut ist, nicht nur als eine enorme Urbeits- 
leistung zu betrachten ist, sondern auch Zeugnis ab- 
legt von der loyalen Gesinnung der Eingeborenen 
gegen die Regierung. 
In den Anfängen des Wegebaues waren natürlich 
viel Überredungskünste notwendig, und häufig mußte 
ich einen Stamm gegen den andern ausspielen, um 
durch Eifersucht zu dem Ziel zu gelangen, welches 
ich mir gesteckt hatte und welches ohne Gewalt zu 
erreichen mein Ehrgeiz war. Ein Umstand kam mir 
zu Hilfe. Als die Wegearbeiten noch in den be- 
scheidensten Anfängen steckte, machte ich eine Expe- 
dition, teils zu Wasser, teils zu Lande, die Nordost- 
küste herunter. In Fissoa, einer Station der 
Neu-Gulnea-Kompagnie, die ungefähr 130 km von 
Käwieng entfernt liegt, gelang es mir, mich eines 
Übeltäters, namens Gamelle, zu bemächtigen, der, 
por einigen Jahren Soldat in Herbertshöhe, von 
dort unter Mitnahme von fünf Gewehren und einer 
großen Anzahl Patronen geflüchtet war. Dieser 
Bursche trieb nun sein Unwesen, indem er seine Ge- 
wehre bei Fehden unter den einzelnen Stämmen in 
den Dienst des Meistbietenden stellte, seine persön- 
lichen Feinde aus dem Hinterhalt tötete und Euro- 
päer nicht nur bedrohte, sondern denselben auch ge- 
legentlich in die Häuser schoß. Einer seinerzeit von 
Herbertshöhe aus unternommenen Strafexpedition 
gelang es zwar, einen Teil seiner Mitschuldigen un- 
schädlich zu machen, er selbst flüchtete. 
In Fissoa sah ich nun ein Boot aus der Richtung 
der Fischer- und Gardner-Inseln kommen, welches 
zu melnem Erstaunen nicht auf die Europäerstation, 
sondern auf das 7 bis 8 km nördlich von dieser 
gelegene Dorf Mandine zu hielt. Ich ersuchte den 
Händler um ein schnelles Ruderboot, ließ die Be- 
mannung desselben Mützen und Säbelkoppeln ablegen, 
schnitt das herankommende Boot ab und hatte das 
Vergnügen, Gamelle, der mit gespanntem Gewehr
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.