Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

vorenthalten worden, der bei einer Ersetzung der 
großen Beträge der im Schutzgebiet umlaufenden 
indischen Rupien durch deutsche Rupien gemacht 
werden kann. 
Drittens wäre die Kassenverwaltung des Gou- 
dernements nach wie vor von den, wenn auch seit 
1898 nur innerhalb enger Grenzen schwankenden 
Janzlbarkursen, zu welchen das Gouvernement gegen 
Abgabe von Wechseln auf die Legationskasse die be- 
nötigten Rupien zu beschaffen vermag, abhängig 
geblieben. Denn für die Finanzwirtschaft des Gou- 
dernements hätte natürlich nur dann ein festes Kurs- 
verhältnis zwischen Rupie und Reichsmark eingeführt 
werden können, wenn gleichzeitig Vorkehrungen zur 
Aufrechterhaltung dieses Kursverhältnisses auch im 
freien Verkehre getroffen worden wären. 
Die oben an zweiter Stelle aufgeführte Möglich= 
leit, die Einführung der Reichsmarkrechnung und der 
eichsmünzen im ostafrikanischen Schutzgebiete, hätte 
en Vortell geboten, jede Unsicherheit hinsichtlich der 
Wertgrundlage des ostafrikanlschen Geldwesens von 
rund aus zu beseitigen und eine völlige Münz- 
hleichheit zwischen Kolonie und Mutterland herbei- 
juführen. Mit dieser Münzgleichheit wären alle 
Schwierigkeiten und die ganze Arbeit der Umrech- 
nung zwischen Mark und Rupie für die Finanz- 
verwaltung des Schutzgebiets. in Wegfall gekommen. 
Gleichzeitig hätte die an Stelle der Münzgemeinschaft 
mit Zanzibar tretende Münzgleichheit mit dem 
Mutterland eine fördernde Wirkung ausüben können 
auf die unmittelbaren Handelsbezlehungen zwischen 
Deutsch-Ostafrika und Deutschland und auf die 
manzipation Deutsch-Ostafrikas aus der kom- 
merziellen Abhängigkeit von dem Sansibar-Zwischen- 
handel. Auf Grund dieser Gesichtspunkte hat die 
Duführung der Reichsmarkrechnung für Deutsch- 
Ostafrika in der öffentlichen Diskussion über die 
egelung des deutsch-ostafrikanischen Münzwesens eine 
aazahl von Befürwortern gefunden. 
Den unbestreitbaren Vorteilen der Einführung 
der Reichsmarkrechnung standen jedoch gewisse schwer- 
wiegende Bedenken und Nachteile gegenüber. Gegen 
lesen Weg sprach die Tatsache, daß der ostafrikanische 
Lerlehr seit geraumer Zeit an die Rupie gewöhnt 
und mit der Rupie eine bestimmte Wertvorstellung 
erbindet. Die Einführung der Reichsmark würde 
unter Umständen zu einer Erschwerung und Behin- 
#rng des Handels unserer Kolonte mit den wich- 
Enen nach Rupien rechnenden Ländern des indischen 
Wrm- geführt haben, ohne daß in einer Beförde- 
deng des Handels mit dem deutschen Mutterlande 
wn- Schutzgeblet ein voller Ersatz zuteil geworden 
re. Vor allem aber würde die Einführung der 
Ecichsmünzen im inneren Verkehre des ostafrikanischen 
ge huhhochets zweifellos auf große Schwierigkeiten 
er oßen sein. Abgesehen davon, daß ein Wechsel in 
anP dem Geldwesen zugrunde liegenden Werteinheit 
gich schon der Einbürgerung und Ausdehnung des 
verkehrs nichts weniger als förderlich wäre, ist 
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in Betracht zu ziehen, daß die Reichssilbermünzen, 
die an die Stelle der Rupien treten müßten, im 
Verhältnisse zu dem ihnen beigelegten Wert in einem 
wesentlichen geringeren Feingehalt ausgeprägt sind 
als die Silbermünzen der Rupienwährung. Bei 
einem Rupienkurse von 1,33⅛ Mk. bis 1,40 Mk., 
wie er dem Übergang von der Rupie zur Reichsmark 
zugrunde gelegt werden müßte, würde z. B. dem 
Zweimarkstück ein Wert von 1½/2 Rupien zukommen; 
der Feingehalt des Zweimarkstücks (10 g Silber) ist 
jedoch um etwa 7 pCt. geringer als der Feingehalt 
des Ein-Rupienstücks (10,6917 g Silber). Die kom- 
plizierten Verhältnisse, auf Grund deren das Zwei- 
markstück trotz seines geringeren Silbergehalts ein 
und einhalb mal soviel wert ist wie die Rupie, 
würden den Eingeborenen niemals klar zu machen 
sein, namentlich da für die Eingeborenen der effektive 
Silbergehalt der Münzen wegen der häufigen Ver- 
arbeitung von Silbermünzen zu Schmuckgegenständen 
von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Wollte man die 
Eingeborenen zwingen, die Reilchssilbermünzen zu 
einem den Kursen der letzten Jahre nahekommenden 
Wertverhältnis an Stelle der Rupien anzunehmen, 
so würden sie darin zweifellos eine storkeÜbervorteilung 
erblicken und mit Mißtrauen gegen das neue, geringer- 
haltige Geld und die deutsche Verwaltung, die ihnen 
dieses Geld aufnötigte, erfüllt werden. 
Zu dieser Erwägung kommt ein finanzieller 
Gesichtspunkt hinzu. Aus den eben dargelegten 
Gründen wäre ein gleichzeitiger Umlauf von Reichs- 
silbermünzen und Rupien für eine größere Zeitdauer 
gänzlich ausgeschlossen. Die umlaufenden Münzen 
der Ruplenwährung hätten, um den Reichssilber- 
münzen Eingang zu verschaffen, mit möglichster Be- 
schleunigung beseitigt werden müssen. Die indischen 
Rupien allerdings hätte das Gouvernement ohne 
nennenswerten Kursverlust und ohne große Kosten 
nach Sansibar abschieben können; die von der 
Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft ausgeprägten 
Münzen jedoch hätten mangels einer Verpflichtung 
der Gesellschaft durch Einlösung auf Kosten des 
Reichs beziehungsweise des Schutzgebiets aus der 
Zirkulation gezogen werden müssen. 
Diese wirtschaftlichen und finanziellen Gesichts- 
punkte legten es nahe, nach einer Möglichkelt zu 
suchen, welche die wichtigsten Vorteile der Reichs- 
markrechnung und der Rupienwährung vereinigt, ohne 
die Nachtelle dieser beiden Systeme einzuschließen. 
Eine solche Möglichkeit bot sich auf dem dritten der 
oben bezeichneten Wege: Beibehaltung der Rupie als 
Münzeinheit unter Herstellung eines festen Wert- 
verhältnisses zwischen Rupie und Relchsmark. 
Wenn überhaupt der deutsch-ostafrikanischen Rupie 
durch irgendwelche Vorkehrungen ein fester Kurs- 
wert, wie sie ihn tatsöchlich bisher gegenüber der 
indischen Rupie besessen hat, dauernd gesichert werden 
sollte, so konnte die Rupie — wie oben schon er- 
wähnt wurde — ebensogut in ein festes Wert- 
verhältnis zur Reichsmark gebracht wie dauernd im 
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