Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

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dem Rufidjidelta bezogen war; zu den Ersatz- 
schwellen wurde nunmehr Usambaraholz aus den 
Sägewerken Niussy und Ambangulu verwendet. Da 
die kleine Regenzeit, welche sonst in diesen Berichts- 
monaten eintritt, beinahe gänzlich ausfiel, so waren 
aeer den gewöhnlichen Bahnunterhaltungsarbeiten 
esondere Arbeiten auf der Strecke nicht erforderlich. 
4 In der Werkstätte wurden die in Reserve stehenden, 
für den Neubau bestimmten Maschinen und Wagen 
instandgesetzt, zu welchem Zwecke zwei Handwerker 
vom Auswärtigen Amte neu überwiesen waren. 
„Die Einnahmen des Berichtsvierteljahres sind 
höher als dieienigen der vorhergehenden, und ferner 
auch höher als die im Vorjahre erzielten Beträge. 
Der Verkehr wurde günstig beeinflußt durch den 
Beginn des Neubaues Korogwe—Mombo, ungünstig 
durch die anhaltende Trockenheit, welche einen sehr 
schwachen Ausfall der Ernte verursachte und hier- 
durch schon seit dem Herbste des Jahres einen all- 
mählichen Rückgang der Eingeborenenansiedlungen 
und eine Verringerung der Ausfuhr erzeugte. 
* 
Von der Usambarabahn.“) 
In den Monaten Januar und Februar wurde 
der Bahnkörper auf den ersten 16 km hinter Ko- 
rogwe nahezu vollendet. Einzelne Brücken sind 
sertig, die übrigen noch im Bau. Während dieser 
Monate machte sich ein erheblicher Mangel an far- 
bigen Arbeitern bemerkbar. Dieser Mangel rührte 
weniger davon her, daß nicht genügend Leute zur 
Zeit vorhanden wären, sondern daß insbesondere die 
Wanjamwesi die bei gleichem Lohne bequemere Ar- 
beit auf den Plantagen oder das Leben als An- 
siedler der schwereren Arbeit beim Eisenbahnbau 
vorzogen. Nach Regulierung der Lohnverhältnisse 
erfolgten jedoch neue Zugänge, auch wurden von 
en Bezirksämtern Tanga und Wilhelmstal etwa 
20 Mann gegen Ende Februar zugeführt, so daß 
keine Stockungen im Baufortschritte eintraten. 
Der Gesundheitszustand der Beamten und Unter- 
nehmer der Bauleitung war befriedigend. Todesfälle 
oder schwere Erkrankungen sind nicht vorgekommen. 
  
uü KRamerun. 
ber die Rechtsanschauungen der Bakwiri in Beziehung 
auf Grundeigentum. 
w Missionar Lutz in Busa, welcher seit nahezu 
e gIchren als Mitglied der für die Pflanzungen 
* amerunberge bestehenden Landkommission tätig 
69 ist, hat folgendes Gutachten erstattet: 
ich * kurzen Erörterung über obiges Thema möchte 
ungewausschicken, daß hinsichtlich der Rechtsanschau- 
Stäm über Grundelgentum unter den mir bekannten 
men der Duala, Abo, Wuri, Bakosi, Bakundu, 
Malimba 6„ ·- 
herrscht. und Bakoko ziemliche Übereinstimmung 
——— Ó. 
) Bal. Deutsches Kolonialblatt 1804, S. 166. 
  
Nach der Anschauung der Eingeborenen zerfüllt 
das Gebiet eines Stammes, das immer genau be- 
zeichnet werden kann, in Eigentum von Dorsfgemein- 
schaften und in Privateigentum, das, innerhalb des 
Dorfbesitzes gelegen, von diesem genau unter- 
schieden wird. - 
WasdacPrlvateigentumanbelangt,sobefchränkt 
sich dasselbe kelneswegs nur auf das innerhalb des 
Dorfzaunes gelegene Land oder auf angebautes Ge- 
biet und verwildertes Farmland, das außerhalb des- 
selben liegt, sondern es dehnt sich nicht selten auch 
auf unbebaute Busch= und Waldgebiete aus. Sehr 
häufig begegnete es mir, daß mitten im Busch ge- 
legenes und vielleicht mit etlichen Palmen bewachsenes 
Land als das Eigentum einer oder mehrerer Per- 
sonen bezeichnet wurde. In keinem Dorfe bildet der 
Dorfzaun die Grenze für das Privateigentum in der 
Weise, daß das innerhalb desselben gelegene Land 
nur Privateigentum wäre und das außerhalb des- 
selben gelegene nur Allgemeinbesitz des ganzen Dorfes. 
Die meisten und die ertragreichsten Farmen liegen 
außerhalb des Dorfzaunes, und letzterer hat fast 
immer nur den Zweck, das Eindringen des Viehes 
in dieselben zu verhindern. 
Das von den einzelnen Dörfern als „ihr Land 
und Eigentum“ bezeichnete Gebiet wird im vollen 
Sinne des Wortes als Allgemeinbesitz des Dorfes 
betrachtet. Jeder Dorfbewohner hat das Recht, ohne 
vorher zu fragen, auf irgend einem Teil desselben 
seine Hütte zu erbauen und seine Farmen anzulegen. 
Auch die Aneignung des Ertrags der auf dem Dorf- 
lande befindlichen Nutzbäume steht allen Dorfbe- 
wohnern in gleicher Weise zu. # 
Hinsichtlich eines besonderen Verwaltungs= und 
Verfügungsrechts über den Dorfbesitz kommt die 
Person des Häuptlings, jedoch immer nur im Verein 
mit den Dorfältesten, nur in solchen Fällen in Be- 
tracht, wo etwa ein Dorf dem andern einen Teil 
seines Besitzes streitig macht oder vielleicht auch das 
Wasser= oder Fischrecht. In solchen Prozessen wird 
das Dorf durch den Häuptling und die Altesten ver- 
treten, die die Ansprüche und Rechte desselben gel- 
tend machen. Auch darin äußert sich ein dem Häupt- 
ling und den Altesten in besonderer Weise zuerkanntes 
Recht, daß etwa, um ein Beispiel anzuführen, bei 
Abgabe eines Baumstammes, der von Fremden zur 
Anfertigung eines Kanus gewünscht wird, nur von 
ihnen der Handel abgeschlossen werden darf und daß 
sie den größten Teil des Erlöses für sich zu behalten 
berechtigt sind, während der übrige kleinere Teil 
unter die Dorfbewohner verteilt wird. Auch bei 
Verkauf von Grundeigentum des Dorfes, was übrigens 
erst in neuerer Zeit und nur an Europäer geschieht, 
handelt der Häuptling im Einverständnis mit den 
Dorfältesten. Auch hier fällt der größere Teil der 
Kaufsumme ihm zu. Noch möchte ich hier bemerken, 
daß in solchen Fällen, wo dem einzelnen Dorfbe- 
wohner das Privateigentum etwa von Leuten des 
Nachbardorfes streitig gemacht wird, ebenfalls der
	        
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