Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

standen. Es sind Hereros aus diesem Anlaß ein- 
gesperrt worden und haben enorme Entschädigungen 
zahlen müssen. Mit Schuld ist meiner Ansicht nach 
noch das wucherische Treiben der Händler. Diese 
haben zum Teil nach ihrem Belieben mit den Ein- 
geborenen geschaltet und ihnen insbesondere Vieh 
weggetrieben. Sie haben auch, wenn ein Schuldner 
nichts mehr hatte, von Verwandten desselben unbe- 
rechtigt und eigenmächtig Vieh weggetrieben. Die 
Händler haben mir das sogar als Sitte und Brauch 
bel den Eingeborenen bezeichnet. Die Eingeborenen 
haben sich in ihrer Empörung darüber mehrfach 
auch an die Regierungsbeamten gewandt, oft aber 
wurde auf beiden Seiten Lüge und Wahrheit so 
durcheinander geworfen, daß begangenes Unrecht nicht 
gefühnt wurde. Daß von seiten der Regierungs- 
beamten unbillig oder ungerecht gegen die Hereros 
verfahren ist, kann ich nicht sagen, wenn sie auch in 
einzelnen Fällen etwas barsch behandelt sein mögen, 
wenn sie erst große Reden machten, bevor sie mit 
dem eigentlichen Zweck herausrückten. 
Mir ist der Aufstand wie ein Blitz aus heiterem 
Himmel gekommen, völlig unerwartet. Ich kann es 
mir nicht anders erklären, als daß der Aufstand eine 
abgekartete Sache ist, er ist anscheinend wohl vor- 
bereitet gewesen und gut geheim gehalten worden. 
Ich glaube deshalb, daß sie das Joch der Deutschen 
auf elnmal, völlig und für immer abschütteln wollten 
und sich wieder in den Besitz des nach ihrer Meinung 
ihnen von den Deutschen unberechtigt abgenommenen 
Gutes, insbesondere des Landes setzen wollten. Nach 
meinem Dafürhalten ist die Schonung der Engländer 
der alten Sympathie der Hereros für sie zuzuschreiben, 
es mag auch der Gedanke mitgewirkt haben, daß die 
Engländer nunmehr die Herrschaft im Lande wieder 
bekämen, da sich die Hereros sagen, daß sie ohne 
Weiße doch nicht gut bestehen können. Die Menge 
er Gewehre und Patronen, die die Hereros im 
Besitz haben, ist mir aufgefallen. 
* * 
* 
Bericht des Missionars Eich an das Gou- 
vernement über den Beginn des Herero- 
Aufstandes in Waterberg. 
In einem Schreiben an den Distriktschef in 
Olahandsa vom 6. Januar ) teilte ich bereits mit, 
aß die Hereros in der Waterberger Gegend auf- 
berett schlenen, was sich hauptsächlich in fast un- 
mmigem Kaufen zeige; ich könne mir diese Aufregung 
nicht erklären, vermutete aber, daß sie vielleicht ver- 
gnlaßt worden sel durch Gerüchte über die Aus- 
esenderung von Ansiedlern, die im Distrikt Gobabts 
in nt sein sollte. Ich glaubte nicht, daß die Hereros 
ünte aterberg kriegerische Absichten hegten, da der 
nuerhäuptling Davpid Kambozembl (der seit dem 
Tode seines Vaters die Geschäfte allein fortführte) 
* HFiehe Deutsches Kolonialblatt Nr. 7 (Extra-Nummer) 
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krank sei und sein Bruder Salatlel und andere 
Großleute verreist seien. Von da an war ich in 
steter Verbindung mit dem Sergeanten Rademacher 
und suchte der Ursache der Aufregung nachzuspüren, 
ohne sie jedoch ausfindig machen zu können, ge- 
wahrte aber auch nichts besonders Auffallendes. Am 
12. Januar schrieb der Evangelist Job in Otjenga an 
mich im Namen des Platzvorstehers Salomo (Saul), 
ob dieser den Ansiedler Klußmann in Omarasa nicht 
nach Otjenga holen solle, da sich nichtsnutziges Volk 
in jener Gegend herumtreibe und dem Klußmann 
leicht Schaden an seinem Vieh zufügen könne. Ich 
machte den Sergeanten Rademacher mit dem Inhalt 
des Briefes bekannt, und schrieb dieser an den An- 
siedler Klußmann, es ihm aber anheimgebend, ob er 
für einige Zeit nach Otjenga kommen wolle. 
Am 14. Januar früh kam Sergeant Rademacher 
und bat mich, da sein Dolmetscher verreist war, 
David Kambazembi um einen Begleiter bis Otjenga 
für die Herren Legationsrat Hoepner und Water- 
meyer, die am 13. abends angekommen waren, zu 
ersuchen. Ich ging mit zu David, der noch bett- 
lägerig war, und nach kurzer Verhandlung war die 
Sache erledigt. Auch bei dieser Gelegenheit bemerkte 
ich nichts besonders Verdächtiges, weder in dem 
Benehmen des David, noch der übrigen Hereros, 
die bei ihm in der Hütte waren; nur fiel es mir 
auf, daß draußen eine Anzahl fremder Hereros saßen. 
Ich frug daher, wo sie herkämen und zu welchem 
Zweck sie am Platz seien. David antwortete, daß 
seien Leute von seinem Posten, die nur gekommen 
seien, ihren kranken Herrn zu besuchen. Um 10 Uhr 
vormittags erhielt ich den Besuch der Herren Lega- 
tionsrat Hoepner und Watermeyer, zu denen etwas 
später auch noch Herr Graf Dohna kam. 
Am Nachmittag des 14. Januar um 3 Uhr be- 
merkte ich, als ich aus dem Fenster meines Zimmers 
ins Tal hinabsah, daß hier und da Gruppen von 
Hereros standen und die Karre der Herren Hoepner 
und Watermeyer auch da in der Nähe ausgespannt 
hatten (etwa in der Mitte zwischen den Stores von 
Wecke & Voigts und Sonnenberg, von jedem etwa 
200 bis 300 m und von meiner Wohnung etwa 
1 km entfernt), so ging ich in den Garten, von wo 
ich noch elne weitere Aussicht hatte, um zu sehen, ob 
sie bereits abgefahren wären. Kaum im Garten an- 
gekommen, hörte ich auf der Werft, die nahe der 
Polizeistation liegt, Franen heulen. Ich ahnte, daß 
etwas Schlimmes geschehen sei, kehrte sofort um und 
eilte hinunter. Am Fuße der Rampe, die zu meiner 
Wohnung führt, kamen mir Sergeant Rademacher 
und Graf Dohna entgegengelaufen, ersterer rief: 
„Die Station ist niedergemacht!“ und der Graf 
„All mein Vieh ist geraubt“. Auch die Bastardfrau 
des Ansiedlers Debald mit ihren zwei Kindern kam 
gelaufen und erzählte, sie habe gesehen, wie ein 
Herero Herrn v. Estorff, der beim Packen einer Kiste 
gewesen sei, auf den Kopf geschlagen habe, da sei 
ihr bang geworden und sie sei weggelaufen. Die
	        
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