standen. Es sind Hereros aus diesem Anlaß ein-
gesperrt worden und haben enorme Entschädigungen
zahlen müssen. Mit Schuld ist meiner Ansicht nach
noch das wucherische Treiben der Händler. Diese
haben zum Teil nach ihrem Belieben mit den Ein-
geborenen geschaltet und ihnen insbesondere Vieh
weggetrieben. Sie haben auch, wenn ein Schuldner
nichts mehr hatte, von Verwandten desselben unbe-
rechtigt und eigenmächtig Vieh weggetrieben. Die
Händler haben mir das sogar als Sitte und Brauch
bel den Eingeborenen bezeichnet. Die Eingeborenen
haben sich in ihrer Empörung darüber mehrfach
auch an die Regierungsbeamten gewandt, oft aber
wurde auf beiden Seiten Lüge und Wahrheit so
durcheinander geworfen, daß begangenes Unrecht nicht
gefühnt wurde. Daß von seiten der Regierungs-
beamten unbillig oder ungerecht gegen die Hereros
verfahren ist, kann ich nicht sagen, wenn sie auch in
einzelnen Fällen etwas barsch behandelt sein mögen,
wenn sie erst große Reden machten, bevor sie mit
dem eigentlichen Zweck herausrückten.
Mir ist der Aufstand wie ein Blitz aus heiterem
Himmel gekommen, völlig unerwartet. Ich kann es
mir nicht anders erklären, als daß der Aufstand eine
abgekartete Sache ist, er ist anscheinend wohl vor-
bereitet gewesen und gut geheim gehalten worden.
Ich glaube deshalb, daß sie das Joch der Deutschen
auf elnmal, völlig und für immer abschütteln wollten
und sich wieder in den Besitz des nach ihrer Meinung
ihnen von den Deutschen unberechtigt abgenommenen
Gutes, insbesondere des Landes setzen wollten. Nach
meinem Dafürhalten ist die Schonung der Engländer
der alten Sympathie der Hereros für sie zuzuschreiben,
es mag auch der Gedanke mitgewirkt haben, daß die
Engländer nunmehr die Herrschaft im Lande wieder
bekämen, da sich die Hereros sagen, daß sie ohne
Weiße doch nicht gut bestehen können. Die Menge
er Gewehre und Patronen, die die Hereros im
Besitz haben, ist mir aufgefallen.
* *
*
Bericht des Missionars Eich an das Gou-
vernement über den Beginn des Herero-
Aufstandes in Waterberg.
In einem Schreiben an den Distriktschef in
Olahandsa vom 6. Januar ) teilte ich bereits mit,
aß die Hereros in der Waterberger Gegend auf-
berett schlenen, was sich hauptsächlich in fast un-
mmigem Kaufen zeige; ich könne mir diese Aufregung
nicht erklären, vermutete aber, daß sie vielleicht ver-
gnlaßt worden sel durch Gerüchte über die Aus-
esenderung von Ansiedlern, die im Distrikt Gobabts
in nt sein sollte. Ich glaubte nicht, daß die Hereros
ünte aterberg kriegerische Absichten hegten, da der
nuerhäuptling Davpid Kambozembl (der seit dem
Tode seines Vaters die Geschäfte allein fortführte)
* HFiehe Deutsches Kolonialblatt Nr. 7 (Extra-Nummer)
359
krank sei und sein Bruder Salatlel und andere
Großleute verreist seien. Von da an war ich in
steter Verbindung mit dem Sergeanten Rademacher
und suchte der Ursache der Aufregung nachzuspüren,
ohne sie jedoch ausfindig machen zu können, ge-
wahrte aber auch nichts besonders Auffallendes. Am
12. Januar schrieb der Evangelist Job in Otjenga an
mich im Namen des Platzvorstehers Salomo (Saul),
ob dieser den Ansiedler Klußmann in Omarasa nicht
nach Otjenga holen solle, da sich nichtsnutziges Volk
in jener Gegend herumtreibe und dem Klußmann
leicht Schaden an seinem Vieh zufügen könne. Ich
machte den Sergeanten Rademacher mit dem Inhalt
des Briefes bekannt, und schrieb dieser an den An-
siedler Klußmann, es ihm aber anheimgebend, ob er
für einige Zeit nach Otjenga kommen wolle.
Am 14. Januar früh kam Sergeant Rademacher
und bat mich, da sein Dolmetscher verreist war,
David Kambazembi um einen Begleiter bis Otjenga
für die Herren Legationsrat Hoepner und Water-
meyer, die am 13. abends angekommen waren, zu
ersuchen. Ich ging mit zu David, der noch bett-
lägerig war, und nach kurzer Verhandlung war die
Sache erledigt. Auch bei dieser Gelegenheit bemerkte
ich nichts besonders Verdächtiges, weder in dem
Benehmen des David, noch der übrigen Hereros,
die bei ihm in der Hütte waren; nur fiel es mir
auf, daß draußen eine Anzahl fremder Hereros saßen.
Ich frug daher, wo sie herkämen und zu welchem
Zweck sie am Platz seien. David antwortete, daß
seien Leute von seinem Posten, die nur gekommen
seien, ihren kranken Herrn zu besuchen. Um 10 Uhr
vormittags erhielt ich den Besuch der Herren Lega-
tionsrat Hoepner und Watermeyer, zu denen etwas
später auch noch Herr Graf Dohna kam.
Am Nachmittag des 14. Januar um 3 Uhr be-
merkte ich, als ich aus dem Fenster meines Zimmers
ins Tal hinabsah, daß hier und da Gruppen von
Hereros standen und die Karre der Herren Hoepner
und Watermeyer auch da in der Nähe ausgespannt
hatten (etwa in der Mitte zwischen den Stores von
Wecke & Voigts und Sonnenberg, von jedem etwa
200 bis 300 m und von meiner Wohnung etwa
1 km entfernt), so ging ich in den Garten, von wo
ich noch elne weitere Aussicht hatte, um zu sehen, ob
sie bereits abgefahren wären. Kaum im Garten an-
gekommen, hörte ich auf der Werft, die nahe der
Polizeistation liegt, Franen heulen. Ich ahnte, daß
etwas Schlimmes geschehen sei, kehrte sofort um und
eilte hinunter. Am Fuße der Rampe, die zu meiner
Wohnung führt, kamen mir Sergeant Rademacher
und Graf Dohna entgegengelaufen, ersterer rief:
„Die Station ist niedergemacht!“ und der Graf
„All mein Vieh ist geraubt“. Auch die Bastardfrau
des Ansiedlers Debald mit ihren zwei Kindern kam
gelaufen und erzählte, sie habe gesehen, wie ein
Herero Herrn v. Estorff, der beim Packen einer Kiste
gewesen sei, auf den Kopf geschlagen habe, da sei
ihr bang geworden und sie sei weggelaufen. Die