Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Lenz und Direktor der Chemnitzer Aktienspinnerei 
Stark in den Kolonialrat berufen worden sind. — 
Auf den Aufstand in Südwestafrika übergehend, führte 
der Vorsitzende aus, wie es jeden mit Genugtuung 
erfüllen müsse, aus den getroffenen Maßnahmen den 
festen unentwegten Entschluß von Regierung und 
Reichstag entnehmen zu können, den Aufstand, koste 
es, was es wolle, niederzuschlagen und der Wieder- 
kehr ähnlicher Vorkommnisse für alle Zukunft vor- 
zubeugen. — Zum Schluß berührten die Ausführungen 
des Vorsitzenden die Frage des Eingeborenenstrafrechts. 
— Herzog Johann Albrecht ergriff hierauf das Wort, 
um im Namen der Deutschen Kolonialgesellschaft dem 
Herrn Reichskanzler und der Kolonialverwaltung für 
das energische Eintreten zugunsten der Bewilligung 
der beiden Kolontlalbahnen in Togo und Deutsch- 
Ostafrika zu danken. — An einer Diskussion über 
die Schulen in den Schutzgebieten beteiligten sich die 
Herren Botschafter v. Holleben, Domkapitular 
P. Hespers, Herzog Johann Albrecht und der Vor- 
sibende. Es handelte sich dabel um das Verhältnis 
der Missionsschulen zu den Regierungsschulen und 
die Frage des fremdsprachlichen Unterrichts. Nach 
einer Diskussion, an welcher sich der Vorsitzende, 
Justizrat Dr. Porsch, Herr v. Holleben, Herr v. der 
Heydt und Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht 
betelligten, wird ein von den Herren Vohsen, Dr. Porsch 
und Prof. Hans Meyer gestellter Antrag angenommen: 
Der Kolonialrat hält die Begründung eines Lehr- 
stuhles für Kolonialrecht an der Unlversität Berlin 
für dringend wünschenswert. Von Herrn Vietor 
wird die Regelung der Landfrage in Kamerun und 
Togo und die Behandlung der Eingeborenen, und 
von Herrn v. Holleben die Frage der Einführung 
der Renten= und Altersversicherung in den Schutz- 
gebieten zur Sprache gebracht. Herr Woermann 
wendete sich gegen eine falsche Sparsamkeit in kolo- 
nialen Dingen, die, wie der Aufstand in Südwest- 
afrika lehre, die verhängnisvollsten Folgen haben 
könne. Ein von Herrn Vohsen gestellter Antrag auf 
Unterstützung des Kolonialmuseums aus Etatsfonds 
wird abgelehnt. Schließlich wendete sich Prof. Dr. 
Hans Meyer gegen die Bevorzugung der Berliner 
Museen gegenüber den nichtpreußischen Museen, durch 
Zuweisung von ethnographischen Sammlungen aus 
den Schutzgebieten. Ein Antrag, daß die Kolonial- 
verwaltung auf die Aufhebung des Bundesrats- 
beschlusses von 1889 hinwirken möge, wonach Samm- 
lungen, die aus vom Neiche bezahlten Expeditlonen 
in den Schutzgebieten herrühren, zunächst an das 
Berliner Völkermuseum abzugeben sind, wurde an- 
genommen. 
In der Nachmittagssitzung beschäftigte sich der 
Kolonialrat mit dem Etat von Südwestofrika. In 
der Generaldiskussion brachte General v. Poser die 
Resolutionen zur Sprache, die in der Hauptversamm- 
lung der Deutschen Kolonialgesellschaft am 27. Mai 
d. Jr. bezüglich der zur Niederwerfung des Auf- 
standes der Herero in dem Schutzgebiet zu ergrei- 
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fenden Maßnahmen gefaßt worden sind, mit der 
Bitte, der Kolonialrat möchte von diesen Resolutionen 
Kenntnis nehmen. Hieran schloß sich eine längere 
Diskussion über die Frage der Entschädigungen an 
die durch den Aufstand in Südwestafriko geschädigten 
Ansiedler, an der sich unter anderen Dr. Scharlach, 
Geh. Regierungsrat Simon, Konsul Vohsen und der 
Vorsitzende betelligten und die zu der Annahme der 
nachstehenden Resolutionen führte: Der Kolontalrat, 
indem er von der Rechtsfrage abfieht, spricht die 
Überzeugung aus, daß den durch den Aufstand in 
Südwestafrika geschädigten Ansiedlern voller Ersatz 
der von ihnen erlittenen Verluste zu gewähren sei, 
da andernfalls die wirtschaftliche Entwicklung der 
Kolonle dauernd beeinträchtigt werden würde. — 
Auf Antrag des Geh. Rats Simon wurde von der 
Beratung des Spezialetats für Südwestafrika wegen 
der Unmöglichkeit, jetzt vor Niederwerfung des Auf- 
standes die Verhältnisse dort zu übersehen, Abstand 
genommen. In der darauffolgenden Diskussion über 
den Etat von Kamerun wurden von Herrn Konsul 
Vohsen die Frage der Grenzregullerung am Mao 
Kebbi und von Herrn Staudinger die Frage einer 
genügenden militärischen Macht in dem Tschadsee- 
gebiet zur Sprache gebracht. Weitere Gegenstände 
der Debatte bildeten das Verbot des Verkaufs von 
Hinterladergewehren, die Anstellung elnes Botanikers 
im Botanischen Garten in Viktoria und die Schaffung 
einer deutschen Handelsstation in Garua, in Verbin- 
dung mit der Subventionierung eines Dampferdienstes 
auf dem Benus, endlich die Frage der Entschädi- 
gungen für Verluste aus Anlaß des Buliaufstandes. 
Bei der Diskussion über den Etat für Togo wurden 
seitens der Kolonialverwaltung Anfragen wegen der 
Einführung eines Grundbuchs und hinsichtlich des Eigen- 
tumserwerbs an Grundstücken geltender Bestimmungen, 
wegen angeblich bestehender Ubelstände bei Voll- 
streckung von Prügelstrafen sowie wegen Schaffung 
eines etatsmäßigen Richterpostens beantwortet. In 
Verbindung mit der Frage der staatlichen Unter- 
stützung der Baumwollversuche in Togo, zu welcher 
Herr Stark, Direktor der Aktienspinneret in Chemnitz, 
das Wort nahm, wurde hierauf die Einrichtung eines 
botanischen Gartens in Togo von Herrn Dr. Hindorf 
befürwortet und ein darauf bezüglicher Antrag an- 
genommen. 
Am Sonnabend kam in der Vormittagssitzung 
des Kolonlalrats der Etat von Deutsch-Ostafrika 
zur Beratung. In der Generaldiskussion bildeten 
die Gefahr der Ausbreitung des Islam in Zentral- 
afrika, die Besiedlung des Schutzgebiets durch weiße 
Ansiedler, die Nachteile der geltenden Jagdverordnung, 
die Frage der Einfuhrhäfen in Verbindung mit der 
Beteiligung Daressalams und Bagamoyos und die 
Schaffung einer letzten Instanz für die Schutzgebiete 
in der Heimat Gegenstände der Debatte. — In der 
Beratung des Spezialetats wurden weiter folgende 
Fragen besprochen: Die Instandhaltung der deutschen 
Dampfer auf den Binnenseen, die Vergrößerung des 
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