Lenz und Direktor der Chemnitzer Aktienspinnerei
Stark in den Kolonialrat berufen worden sind. —
Auf den Aufstand in Südwestafrika übergehend, führte
der Vorsitzende aus, wie es jeden mit Genugtuung
erfüllen müsse, aus den getroffenen Maßnahmen den
festen unentwegten Entschluß von Regierung und
Reichstag entnehmen zu können, den Aufstand, koste
es, was es wolle, niederzuschlagen und der Wieder-
kehr ähnlicher Vorkommnisse für alle Zukunft vor-
zubeugen. — Zum Schluß berührten die Ausführungen
des Vorsitzenden die Frage des Eingeborenenstrafrechts.
— Herzog Johann Albrecht ergriff hierauf das Wort,
um im Namen der Deutschen Kolonialgesellschaft dem
Herrn Reichskanzler und der Kolonialverwaltung für
das energische Eintreten zugunsten der Bewilligung
der beiden Kolontlalbahnen in Togo und Deutsch-
Ostafrika zu danken. — An einer Diskussion über
die Schulen in den Schutzgebieten beteiligten sich die
Herren Botschafter v. Holleben, Domkapitular
P. Hespers, Herzog Johann Albrecht und der Vor-
sibende. Es handelte sich dabel um das Verhältnis
der Missionsschulen zu den Regierungsschulen und
die Frage des fremdsprachlichen Unterrichts. Nach
einer Diskussion, an welcher sich der Vorsitzende,
Justizrat Dr. Porsch, Herr v. Holleben, Herr v. der
Heydt und Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht
betelligten, wird ein von den Herren Vohsen, Dr. Porsch
und Prof. Hans Meyer gestellter Antrag angenommen:
Der Kolonialrat hält die Begründung eines Lehr-
stuhles für Kolonialrecht an der Unlversität Berlin
für dringend wünschenswert. Von Herrn Vietor
wird die Regelung der Landfrage in Kamerun und
Togo und die Behandlung der Eingeborenen, und
von Herrn v. Holleben die Frage der Einführung
der Renten= und Altersversicherung in den Schutz-
gebieten zur Sprache gebracht. Herr Woermann
wendete sich gegen eine falsche Sparsamkeit in kolo-
nialen Dingen, die, wie der Aufstand in Südwest-
afrika lehre, die verhängnisvollsten Folgen haben
könne. Ein von Herrn Vohsen gestellter Antrag auf
Unterstützung des Kolonialmuseums aus Etatsfonds
wird abgelehnt. Schließlich wendete sich Prof. Dr.
Hans Meyer gegen die Bevorzugung der Berliner
Museen gegenüber den nichtpreußischen Museen, durch
Zuweisung von ethnographischen Sammlungen aus
den Schutzgebieten. Ein Antrag, daß die Kolonial-
verwaltung auf die Aufhebung des Bundesrats-
beschlusses von 1889 hinwirken möge, wonach Samm-
lungen, die aus vom Neiche bezahlten Expeditlonen
in den Schutzgebieten herrühren, zunächst an das
Berliner Völkermuseum abzugeben sind, wurde an-
genommen.
In der Nachmittagssitzung beschäftigte sich der
Kolonialrat mit dem Etat von Südwestofrika. In
der Generaldiskussion brachte General v. Poser die
Resolutionen zur Sprache, die in der Hauptversamm-
lung der Deutschen Kolonialgesellschaft am 27. Mai
d. Jr. bezüglich der zur Niederwerfung des Auf-
standes der Herero in dem Schutzgebiet zu ergrei-
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fenden Maßnahmen gefaßt worden sind, mit der
Bitte, der Kolonialrat möchte von diesen Resolutionen
Kenntnis nehmen. Hieran schloß sich eine längere
Diskussion über die Frage der Entschädigungen an
die durch den Aufstand in Südwestafriko geschädigten
Ansiedler, an der sich unter anderen Dr. Scharlach,
Geh. Regierungsrat Simon, Konsul Vohsen und der
Vorsitzende betelligten und die zu der Annahme der
nachstehenden Resolutionen führte: Der Kolontalrat,
indem er von der Rechtsfrage abfieht, spricht die
Überzeugung aus, daß den durch den Aufstand in
Südwestafrika geschädigten Ansiedlern voller Ersatz
der von ihnen erlittenen Verluste zu gewähren sei,
da andernfalls die wirtschaftliche Entwicklung der
Kolonle dauernd beeinträchtigt werden würde. —
Auf Antrag des Geh. Rats Simon wurde von der
Beratung des Spezialetats für Südwestafrika wegen
der Unmöglichkeit, jetzt vor Niederwerfung des Auf-
standes die Verhältnisse dort zu übersehen, Abstand
genommen. In der darauffolgenden Diskussion über
den Etat von Kamerun wurden von Herrn Konsul
Vohsen die Frage der Grenzregullerung am Mao
Kebbi und von Herrn Staudinger die Frage einer
genügenden militärischen Macht in dem Tschadsee-
gebiet zur Sprache gebracht. Weitere Gegenstände
der Debatte bildeten das Verbot des Verkaufs von
Hinterladergewehren, die Anstellung elnes Botanikers
im Botanischen Garten in Viktoria und die Schaffung
einer deutschen Handelsstation in Garua, in Verbin-
dung mit der Subventionierung eines Dampferdienstes
auf dem Benus, endlich die Frage der Entschädi-
gungen für Verluste aus Anlaß des Buliaufstandes.
Bei der Diskussion über den Etat für Togo wurden
seitens der Kolonialverwaltung Anfragen wegen der
Einführung eines Grundbuchs und hinsichtlich des Eigen-
tumserwerbs an Grundstücken geltender Bestimmungen,
wegen angeblich bestehender Ubelstände bei Voll-
streckung von Prügelstrafen sowie wegen Schaffung
eines etatsmäßigen Richterpostens beantwortet. In
Verbindung mit der Frage der staatlichen Unter-
stützung der Baumwollversuche in Togo, zu welcher
Herr Stark, Direktor der Aktienspinneret in Chemnitz,
das Wort nahm, wurde hierauf die Einrichtung eines
botanischen Gartens in Togo von Herrn Dr. Hindorf
befürwortet und ein darauf bezüglicher Antrag an-
genommen.
Am Sonnabend kam in der Vormittagssitzung
des Kolonlalrats der Etat von Deutsch-Ostafrika
zur Beratung. In der Generaldiskussion bildeten
die Gefahr der Ausbreitung des Islam in Zentral-
afrika, die Besiedlung des Schutzgebiets durch weiße
Ansiedler, die Nachteile der geltenden Jagdverordnung,
die Frage der Einfuhrhäfen in Verbindung mit der
Beteiligung Daressalams und Bagamoyos und die
Schaffung einer letzten Instanz für die Schutzgebiete
in der Heimat Gegenstände der Debatte. — In der
Beratung des Spezialetats wurden weiter folgende
Fragen besprochen: Die Instandhaltung der deutschen
Dampfer auf den Binnenseen, die Vergrößerung des
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