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Frühmorgens zogen unsere Neophyten los, die
Wälder durchstöbernd, auf der Suche nach Bäumen,
deren Stamm dick und lang genug wäre, um die
großen Ballen herauszuschlagen. War ein solcher
Riese entdeckt, so regten sich alle Hände. Vier
kräftige Männer versetzen dem Riesen mächtige Axt-
hiebe. Andere räumen den Platz ab, wo der Baum
hinfallen soll. Auch das ist eine schwere Arbeit:
alle Bäume sind miteinander verbunden durch end-
lose Schlingpflanzen. Ist auch der Baum abgehauen,
er bleibt doch stehen; tausend Arme, die ihm seine
Nachbarn entgegenstrecken, halten ihn aufrecht. Doch
sieh, ein gewaltiges Krachen erschüttert den Wald,
der Riese fällt und zertrümmert alles, was in selnem
Schatten wuchs. Aber welch bittere Enttäuschung
oftmals: der so mühsam gefällte Baum ist im Inneren
hohl und morsch, all die Arbeit war umsonst.
Der Riese ist gefallen, 30 oder 40 Axte grelfen
ihn an und befreien den Stamm von seinen Asten
und seiner Borke, während die überzähligen Hände
einen Weg durch Gesträuch und hohen Wald bahnen.
Der riesige Baumstamm wird auf einen mächtigen
Holzklotz gelegt, dieser Klotz dient als Schlitten,
starke Schlingpflanzen werden um den Stamm ge-
wunden und nun beginnt eine eigenartige Fahrt.
Kräftige Hände ergreifen die Schlingpflanzenbündel,
auf jeder Seite gehen zwel Männer mit starken
Hebeln, überwachen die Unebenheiten des Geländes
und entfernen Hindernisse. Der Sänger des Landes
marschiert voraus und stimmt ein Lied an, dessen
langsamer, taktmäßiger Gang zu einer solchen Arbeit
sehr gut paßt. Es bedarf oftmals zwei bis drei Tage
angestrengter Arbelt, um einen einzigen Baumstamm
ins Dorf zu bringen. Und das ist nicht alles. Wie
solche Ungeheuer auf das Gerüst bringen, wo sie
gesägt werden? Unsere Eingeborenen haben weder
Maschinen noch Hebewinden, sie bedienen sich ihrer
Arme und heben den Stamm, mit der Gefahr, unter
seiner Wucht erdrückt zu werden.
Aus fremden Kolonien und
Produhktionsgebieken.
Eingeb 1 uission für den
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B
Rongostaat.
In Nummer 7 des „Bulletin officiel de l'Etat
Indépendant du Congo“ wird der amtliche Wort-
laut des am 23. Juli d. Is. vom König-Souverän
gezeichneten Dekrets, betreffend die Einsetzung einer
Eingeb Untersuchungskommission, veröffentlicht.
Zu Mitglledern der letzteren sind danach ernannt:
der Generalanwalt an dem Brüsseler Kassationshof
E. Janssens, der interimistische Präsident des Appell-
gerichts in Boma, Baron Nisco, und der Kantonal-
Luzerner Staatsrat und Justizdepartementschef
Dr. E. v. Schumacher.
Derschiedene Mitteilungen.
Die Zaumwolleinfuhr nach dem europäischen Rußland.
In den fünf Jahren 1898 bis 1902 wurden
folgende Mengen Baumwolle nach dem europäischen
Rußland eingeführt:
1898 1899 1900 1901 1902
Bezugequellen Menge in Millionen Pud
Ausland 12,1 10,2 10,8 10,4 10.9
Zentralasien. 5,2 3,6 5.2 6,7 5,9
Transkaukasien 0.7 0.6 1.2 3,9 3,9
Zusammen 18,0 14,4 16,7 21,0 20,7
Der Rückgang der Einfuhr aus Zentralasien im
Jahre 1902 steht im Zusammenhange mit der Ab-
nahme der dortigen Baumwollkultur. Die Baum-
wollproduzenten hatten dort nämlich vom Besäen
eines Teils der Felder Abstand genommen, da im
Herbst 1901 die Heuschrecken in großer Anzahl Eier
gelegt hatten und daher eine große Heuschreckenplage
zu befürchten war. (St. Petersburger Zeilung.)
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Titeratur.
Das Seminar für orientalische Sprachen in
Berlin begann im vorigen Jahre eine neue Publi-
kation, betitelt: Archiv für das Studium deut-
scher Kolonlalsprachen, herausgegeben von Prof.
Dr. Ed. Sachau, Direktor des Seminars. Der
erste Band enthlelt Lehrbuch der hausanischen Sprache
(Hausasprache) von A. Mischlich, Kaiserlichem Bezirks-
leiter in Togo, der eben erschienene zweite Band
bringt ein Chamorro-Wörterbuch von Georg Fritz,
Kaiserlichem Bezirksamtmann auf Seipan. Der Ver-
fasser hat sein Material über diese in Deutschland
bisher gänzlich unbekannte Sprache der Marianen
auf der Insel Seipan gesammelt. Dies Wörterbuch,
deutsch-chamorro und chamorro-deutsch, schließt sich
an die im vorigen Jahre in den Mitteilungen des
Seminars, unter den Ostasiatlschen Studien, ver-
öffentlichte Chamorro-Grammatik an. Der Preis
des ersten Bandes (Hausa) ist Mk. 4,—, der des
zweiten Bandes (Chamorro) Mk. 3,—; verlegt ist
das Archiv bei Georg Reimer in Berlin.
A. Seidel: Die Duala-Sprache in Kamerun.
Systematisches Wörterverzeichnis und Einführung
in die Grammatik. Methode Gaspey-Otto-Sauer.
Julius Groos' Verlag, Heidelberg, Paris, London,
Rom, Petersburg. 1904.
Das vorliegende Buch soll dem Zweck dienen,
sich schnell das Nötigste der Dualasprache anzueignen;
es ist eine verbesserte und vermehrte Auflage des
1892 erschienenen „Leitfaden zur Erlernung der
Duala-Sprache“ desselben Verfassers; eine ausführ-
liche, mehr wissenschaftlich gehaltene Arbeit über den
gleichen Gegenstand soll in Kürze folgen.