Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

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haftenden Erde befrelt, gesammelt und nach den 
Faktoreien gebracht, von denen sie direkt nach Mar- 
seille verschifft werden. Dort wird in Mühlen das 
Ol ausgezogen. Es wird dabei Ol im Gewichte 
von 40 bis 50 Prozent des Gewichtes der von der 
Schale befreiten Nuß gewonnen. Das Ol hat einen 
angenehmen Geschmack und Geruch und ähnelt sehr 
dem besten Olivenöl, wird auch in großem Umfange 
als solches verkauft. Die schlechteren Sorten werden 
als Schmieröl und zur Seifenfabrikation benutzt. 
Die bei der Entölung verbleibenden Rückstände 
werden in Kuchen oder Mehl verarbeitet und nament- 
lich als Viehfutter verwendet. 
Die besten, ausgelesenen Nüsse werden gewöhnlich 
nach England zur Verwendung in Zuckerbäckereien 
verschifft und erzielen ungefähr einen doppelt so 
hohen Preis wie die gewöhnliche Ware. 
Fast die ganze männliche Bevölkerung der Kolonie 
Gambia ist ungefähr acht Monate im Johre mit der 
Erdnußkultur beschäftigt. Außerdem kommen zu 
Beginn der Pflanzzelt fremde Bauern, mitunter aus 
weiter Ferne, in großer Zahl — 1903 gegen 6000 
— in die Kolonie. Ein solcher Bauer läßt sich von 
dem Dorfhäuptling ein Stück Land zur Bebanung 
überweisen, gewöhnlich doppelt so viel, als der ein- 
heimische Farmer bebaut. Während der vier oder 
fünf Monate bis zur Ernte erhält er Kost und 
Unterkunft bei dem Eingeborenen, dem er zugewiesen 
worden ist. Diesem gebührt dafür die eine Hälfte 
der geernteten Nüsse, während die andere Hälfte 
Eigentum des Fremden ist, der nach Verkauf seines 
Anteils das Land wieder verläßt. 
Der durchschnittliche Ertrag des (engl.) Ackers 
(40,47 a) beträgt 60 bis 80 Buschel (1 Buschel —= 
36,35 1) Nüsse. Der Preis, der den Eingeborenen 
1903 durchschnittlich für den Buschel bezahlt wurde, 
war ein Schilling. Dabei darf nicht vergessen 
werden, daß der Preis für Erdnüsse auf dem euro- 
päischen Markt stark gesunken ist, früher waren die 
den Eingeborenen gezahlten Preise wesentlich höher. 
Neuerdings bemüht sich die Regierung, die Baum- 
wollkultur einzubürgern. 
Anfang 1902 wurden 1325 (engl.) Pfund ame- 
rikanische und 1185 Pfund ägyptische Baumwollsaat 
an die Häuptlinge verteilt, aber nur 578 Pfund 
Baumwolle konnten nach England verschifft werden. 
Wahrscheinlich trug Mangel an Sorgfalt und Auf- 
merksamkeit seilens der schwarzen Pflanzer die Schuld 
an diesem geringen Ertrage. 
Die ersten nach England verschifften 112 Pfund 
erzielten elnen Preis von 6½ d das Pfund. Die 
Sendung wurde als eine große Verbesserung der 
gewöhnlichen westafrikanischen Baumwolle beurtellt. 
Bei sorgfältigem Anbau, sachgemößem Pflücken und 
Reinigen könnte diese Baumwolle nach dem Gut- 
achten den gleichen Preis wie amerikanische Upland- 
Baumwolle erzielen. 
Eine zweite Sendung brachte nur wenig über 
4 d das Pfund, vermutlich deshalb, weil sie aus 
  
zahlreichen kleinen Lieferungen aus verschiedenen 
Teilen der Kolonie zusammengesetzt war. 
Eine dritte kleine Lieferung erzielte 6 d das 
Pfund. Sie fand die Beurteilung: rein, von guter 
Färbung und gutem Stapel und ungefähr gleich- 
wertig amerikanischer good middling. Sie wurde 
als die von den englischen Spinnern gewünschte 
Quoalität bezeichnet. 
Anfang 1903 traf eine von der British Cotton 
Growing Assoctation ausgesuchter Baumwollsachver- 
ständiger in der Kolonie ein, um den Boden auf 
seine Eignung für die Baumwollkultur zu prüfen 
und die Eingeborenen über die besten Anbaumethoden 
zu belehren. 
Der Sachverständige fand den Boden sehr ge- 
eignet, Schwierigkeiten aber macht es, den Eingebo- 
renen klar zu machen, daß der Baumwollbau für sie 
ebenso einträglich gemacht werden könnte wie die 
Erdnußkultur, und daß elne Anderung der Art und 
Weise, wie der Baumwollbau jetzt betrieben wird, 
zu größeren Erträgen führen würde. Um auf die 
Eingeborenen in diesem Sinne besser einwirken zu 
können, wurde die Elnrichtung einer Versuchspflanzung 
in dem am melsten versprechenden Upper Riverbezirk 
beschlossen. Zur Ausführung dieses Plans ist es 
infolge Rücktritts des Sachverständigen nicht gekommen. 
Immerhin war 1903 dank der Belehrung der Ein- 
geborenen ein großer Fortschritt in der Bearbeitung 
des Landes und der Aussaat zu bemerken. Im 
Upper Riverbezirk allein waren gegen 200 Acker 
mit eingeführter und ebensoviel mit einheimischer 
Baumwolle bepflanzt. Amerikanische Baumwolle ge- 
deiht anscheinend besser als ägyptische. 
1902 kaufte die Regierung die von eingeführter 
Saat gewonnene Baumwolle für 1½ d das Pfund. 
Damit waren die Eingeborenen sehr unzufrieden, da 
sie früher untereinander für die zur Herstellung 
einheimischer Stoffe verwendete Baumwolle Preise 
von 2 und 3ed erzielt hatten. Für die Ernte von 
1903 zahlte die Regierung daher 2 d für das Pfund. 
Das ergibt bei einem Ackerertrag von 300 Pfund 
2 à 10 s, also immer noch weniger, als der Ein- 
geborene selbst bei dem jetzigen niedrigen Preise bel 
der Erdnußkultur erzielt. 
(Nach dem dem Parlament vorgelegten Bericht über 
Gambia für 1903.) 
Lage und Ausslchten der Baumwolltultur im ägyptischen 
Sudan. 
Nach einem in der „Egyptian Gazettes von 
Mr. S. H. Carver veröffentlichten Artikel machen 
die Anbauversuche mit Baumwolle im kgyptlschen 
Sudan rasche Fortschritte. In der Gegend zwischen 
Berber und Khartum sind ungefähr 600 Feddans 
mit Baumwolle bestellt, in der Provinz Sennar 
etwa 400 Feddans und auch in der Provinz Kassala 
sind einige Feddans angesät worden. Lepztere An- 
pflanzungen sind auf Anregung abessinischer Kauf-
	        
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