Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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mann gestellt werden, diesem könne ein Teil der 
Verwaltung in die Hand gelegt werden. Die 
Regierung sei aber als Landbesitzerin selbst Mit- 
glied der Zwangsgenossenschaft, wäre also an der 
Leitung der Genossenschaft interessiert und ver- 
möge sich wohl noch weiteren Einfluß zu sichern. 
Er glaube deshalb wohl, daß derartige 
Zwangsgenossenschaften sich als lebensfähig er- 
weisen und segensreich wirken würden. 
Der Vorsitzende bemerkt hierzu: Zwei Auf- 
gaben ständen im Vordergrund für die Entwick- 
lung des Landes, die Schaffung von Verkehrs- 
wegen und die Wassererschließung. Was die 
Verkehrswege anbelange, so sei man, wenn die 
Nord-Südbahn fertiggestellt sei, im Schutzgebiet 
sehr weit, vielleicht sogar schon der Entwicklung 
und Finanzkraft vorausgeeilt. Hinsichtlich der 
Wasserfrage sei zwar die Errichtung großer An- 
lagen, die auch das Klima günstig beeinflussen 
würden, von größter Wichtigkeit. Die Schaffung 
kleinerer Anlagen sei aber das notwendigste, und 
wenn es zweifelhaft sei, ob auf beiden Gebieten 
zu gleicher Zeit etwas geschehen könne, so sei 
ihnen der Vorzug zu geben. Es sei, soweit es 
möglich erschien, angeordnet, daß diejenigen 
Stellen, an denen die Errichtung von Staubecken 
in Frage kommt, nicht veräußert würden, um 
so das Gebiet dem späteren Zwecke vorzubehalten. 
Es sei zu hoffen, daß es in nicht zu ferner Zeit 
möglich sein werde, den von dem Herrn Baurat 
Schmidt und Rehbock auf Grund eingehender 
Studien aufgestellten Projekten näherzutreten. 
Auch er halte die Errichtung von Zwangs- 
genossenschaften für angebracht; in Britisch Süd- 
afrika finde sich ähnliches. 
Herr Dr. Salomonsohn stimmte dem zu, 
daß die Regierung zuerst für Verkehrswege gesorgt 
habe. Betreffs der Wasserfrage, fuhr er fort, 
halte auch er die Errichtung von Zwangsgenossen- 
schaften für dos richtigste. Die großen Anlagen 
würden durch eine Zentralstelle zu erfolgen haben; 
die kleineren durch örtliche Genossenschaften, die 
sich an die Zentralgenossenschaft anzulehnen hätten. 
Zu den Ausführungen des Herrn Woermann 
wolle er bemerken, daß er der aufgestellten 
Schuldenberechnung einen erheblichen Wert nicht 
beimesse, weil alle Berechnungen, die die Schulden- 
last pro Kopf der Bevölkerung feststellten und 
daraus Schlußfolgerungen durch Vergleich mit 
anderen Ländern zögen, auf unsicherem Boden 
ruhten, namentlich, wenn es sich um im wesent- 
lichen Viehzucht treibende Länder dabei handelte. 
Ahnliche Berechnungen habe man für Argentinien 
aufgestellt, und auf Grund derselben sei immer 
der Ruin des Landes vorausgesagt worden. 
Dabei habe man unbeachtet gelassen, daß der 
  
Reichtum des Landes in seinen Viehherden be- 
stand und in seinen weitgestreckten Ackerbauflächen, 
welche bei ihrer ebenen Ausdehnung im weitesten 
Umfange maschinelle Bearbeitung gestatteten und 
nur verhältnismäßig geringfügige Menschenkräfte 
erforderten. 
Ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Ver- 
hältnisse des Landes ergäben derartige Berech- 
nungen ein schiefes Bild. Den Personalkredir 
habe er nicht ausschalten wollen; er habe nur 
auf Grund der Informationen, die er von ihm 
nahestehenden Afrikabanken erhalten habe, sagen 
wollen, daß für den Personalkredit durch die 
Handelsbanken genügend Vorsorge getroffen sei. 
Es könne aber sein, daß, besonders für Ost- 
afrika, Modifikationen angebracht seien und ins- 
besondere eine Verpfändung der Ernte zu er- 
wägen sei. 
In einem anderen Punkte aber möchte er die 
Ausführungen des Herrn Woermann unterstreichen. 
Der Handel müsse darunter leiden, daß die 
Regierung im Verordnungswege die ganzen Ver- 
hältnisse plötzlich umändern könne. So sei zum 
Beispiel für Neu-Guinea durch telegraphischen 
Erlaß ein hoher Einfuhrzoll mit rückwirkender 
Krast verfügt worden. Er möchte ans Herz 
legen, in dieser Hinsicht Selbstbeschränkung walten 
zu lassen. Der Handel werde durch eine derartige 
Unsicherheit der Verhältnisse abgeschreckt und die 
Entwicklung des Landes werde geschädigt. 
Der Vorsitzende erwiderte darauf, er nehme 
diesen Wunsch gern entgegen und werde ihm 
seine Aufmerksamkeit schenken. Bei Neu-Guinea 
hätten seinerzeit besondere Verhältnisse vorgelegen, 
und dies sei auch der Fall gewesen, als ein 
ähnlicher Erlaß für ein afrikanisches Schutzgebiet 
ergangen sei. 
Herr Dr. Salomonsohn bemerkte noch, den 
Personalkredit durch die Bildung eines Kredit- 
instituts von Staats wegen zu fördern, halte er 
nicht für angebracht. 
Herr Senator Strandes erklärte: zwischen 
Personal= und Realkredit lasse sich in solchen Ver- 
hältnissen, wie sie in Südwestafrika vorlägen, 
nicht streng scheiden. Auch das, was als Real- 
kredit angesprochen wird, sei zum bei weitem 
größten Teile Personalkredit. Es würden sich 
in diesen Fragen noch große Schwierigkeiten er- 
geben. Ein Bodenwert habe sich noch nicht ge- 
bildet; es könne vor allem der Wert nicht danach 
bemessen werden, zu welchen Preisen jetzt die 
Produkte abgesetzt werden könnten. 
In jedem Falle müsse geprüft werden, was 
der Kreditnehmer wert sei, und das könne einzig 
und allein durch die Genossenschaft geschehen. 
Hinter den Genossenschaften müsse eine der Re-
	        
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