Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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mangels Beobachtm der Grrichtlcchen. oder notariellen 
Form nach Gmbs. tig sei Der Kläger 
bestritt die rtn Gbehmigung) 
Aus den Entscheidungsgründen: 
Der Kläger trat im Sommer 1910 wegen des 
Erwerbes von Anteilen der Vereinigten Diamantminen 
Lüderitzbucht, Gesellschaft b. H., mit dem Kolonial= 
ontort dem heshorginoe- der Beklagten, i in Verkehr. 
in 1. Juli 1910 bestätigte das Kolonialkontor dem 
er Heesen Verkehr Ftg dem Zusatz, daß es als 
* stlontrahent dem Kläger 20 000 *e Vereinigte 
diamantminen Lüderitzbucht-Anteile überlasse, die es 
mit 25200 ¼ berechne. Der Kläger hat diese Be- 
stätigung unstreitig anerkannt und genehmigt. 
Unter den Parteien besteht Mee schieden= 
heit darüber, ob damit ein Vertrag zustande gekommen 
ist und welchen Inhalt der Vertrag hat, wenn er zu- 
stande gekommen sein sollte. r Kläger vertritt die 
Meinung, daß er die Anteile Flost habe erwerben 
wollen; es ergebe sich dies auch ohne weiteres aus 
dem Wortlaute des Sestätigungsschreibens des Kolonial= 
kontors. Als Kaufvertrag über Anteile einer Gesell- 
schaft m. b. H. sei der Vertrag mangels der in § 15 
Gmbec. vorgeschriebenen. gerichtlichen oder notariellen 
Form nichtig; habe ihm das Kolonialkontor aber, wie 
die Beklagte behauptet, nicht die Anteile verkaufen 
wollen, sondern etwas anderes, so sei ein Vertrag 
mangels Willensübereinstimmung nicht zustande ge- 
kommen. In beiden Fällen erachtet sich der Kläger 
zur Rückforderung seiner Kauspreiszahlung von 25200. 
wegen ungerechtfertigter Bereicherung für berechtigt. 
Die Beklagte macht dagegen geltend, nicht die 
Anteile selbst hätten den Gegenstand des Vertrages 
gebildet, sondern die Übertragung des Verfügungsrechts 
über Anteile der gedachten Gesellschaft. Vertragsinhalt 
sei somit die Zurverfügungstellung der Anteile gewesen. 
Ein volcher Vertrag unterliege nicht der Formvorschrift 
des 81 5 EmöG. Die Bellagte stützt ihre Auffassung 
auf der Vorgang, wie er nach einem überreicht en 
Schreiben der Diskontogesellschaft vom 19. April 1911 
sich im Handel mit siüowestafrikanischen Anteilen von 
Gesellschaften m. b. H. abspielt. Danach sei es üblich, 
daß die deutsche Bank, welche in Geschäftsanteilen 
einer dem Konzern der Vereinigten Diamantminen 
Lüderitzbucht angehörigen südwestafrikanischen Diamant- 
gesellschaft m. b. H. handeln wolle, der Deutschen Afrika= 
bank Auftra gebe, einen oder mehrere Geschäftsanteile 
der Gesellschaft m. b. H. in bestimmter Höhe für sie 
zu erwerben. Die Afrikabank führe diesen Auftrag aus, 
indem sie für Rechnung ihrer Auftraggeber an der 
Börse in Lüderitzbucht die Geschäftsanteile kaufe und 
sich notariell übertragen lasse. Die Afrikabank gebe 
ihrer deutschen Vertreterin, der Norddeutschen Bank in 
Hamburg, Nachricht,. Die Norddeutsche Bank in Ham- 
burg trage alsdann das Verfügungsrecht der Auftrag- 
geberin über die Anteile in eine Liste ein. Dieses 
Verfügungsrecht bilde nun den Gegenstand des Handels 
und gehe durch beliebig viele Hände. 
Dementsprechend will das Kolonialkontor auch in 
diesem Falle ausweislich des vorgelegten Schriftwechsels 
verfahren sein und den Kläger unter Hinweis auf die 
dargestellte übung darauf aufmerksam gemacht haben, 
daß es keine Stücke liefere, sondern nur eine Zur- 
verfügungstellung bei der Norddeutschen Bank in Ham- 
urg 
28383 
  
Der Berufungsrichter läßt die Frage ausdrücklich 
Anentschiederr ob der Kläger wußte, er nur das 
Verfügungsrecht erhalten sollte, und * in diesem Sinne 
ein Vertrag zustande gekommen ist, oder ob vielmehr 
Mangel der Willensübereinstimmung auf Grund der 
  
Beweiserhebung vorliegt. Er entscheidet aber die Vor- 
frage, ob der Vertrag formfrei sei, wenn er mit dem 
von der Beklagten angegebenen Inhalte zustande Ege. 
kommen sein sollte. in bejahendem Sinne. Dieser En 
scheidung ist beizutreten. 
Die Vorinstanzen dbehen mit den Parteien mit 
Recht davon aus, daß der Kläger dem Kolonialkommor 
als seinem Einkaufskommissionär Auftrag erteilt 
Sollte sich als Inhalt dieses Auftrags feststellen ½ 
daß er auf die Anschaffung des Verfügungsrechts ging, 
wie die Beklagte geltend gemacht hat, so würde der 
Auftrag dem Formzwange des § 15 GmbPG. nicht 
unterliegen. Denn der Auftrag hatte dann die Ver- 
pflichtung zur Lieferung von Geschäftsanteilen zum 
Gegenstand, die der Kommissionär in eigenem Namen, 
aber für Rechnung des Kommittenten erwerben sollte. 
Eine Verpflichtung zur btretung bildete nicht den 
unmittelbaren Inhalt des Vertrags. Nur eine solche 
Vereinbarung, welche die Verpfli hiung zur Abtretung 
eines Geschäftsauteils begründet, wird vom Absatz 4 
des § 15 GmbSG. getroffen. Daß der Kommissionär 
in Ausführung des Auftrags den Anteil dem Kom- 
mittenten abtreten und dieser den Anteil abnehmen 
muß, Endert daran nichts (Entsch. des R.Gs. in Zivilf. 
Bd. 5 45). Derselbe Grundsatz ist auch in dem 
dig liegenden Falle anerlannt, wenn ein Auftrag 
zum Erwerbe von Grunkeigentum *1 ist (Entsch. 
des R.Gs. in Zivils. Bd. 54 S. 75). Nun hat hier das 
Kolonialkontor in seinem S#tbd) un hat di vom 
1. Juli 1910 den Selbsteintritt erklärt. Der Selbst- 
eintritt kann nach § 400 H#GB. nur bei der Kommission 
zum Einkauf von Waren erklärt werden, die einen 
Börsen= oder Marktpreis haben und bei der Kommission 
zum Einkauf von Wertpapieren, bei denen der Börsen- 
oder Marktpreis amtlich festgestellt wird. Anteile einer 
Gesellschaft m. b. H. sind weder Waren noch Wert- 
papiere, noch haben sie einen Börsen= oder Marktpreis 
im Sinne der erwähnten Gesetzesvorschrift. Trotzdem 
unterliegt der Selbsteintritt des Kolonialkontors keinem 
Bedenken; denn die Vorshrift bes 5 400 HG#B. ent- 
hält kein zwingendes Recht. Die Parteien können 
anders bestimmen. Hier haben sie anders bestimmt; 
denn der Kläger hat der Erklärung des Selbsteintritts 
des Kolonialkontors zugestimmt. Die Wirkungen des 
gültigen Selbsteintritts des Einkaufskommissionärs be- 
stehen darin, daß der Kommissionär das Geschäft selbst 
bosfüer. ieu Kaufgegenstand selbst zu liefern 
hat und damit ““ die Stellung eines Verkäufers ein- 
GCetreten ist. 
Aus dieser durch den Selbsteintritt des Kolonial= 
kontors geänderten Rechtslage ist jedoch nicht zu folgern. 
daß durch den Selbsteintritt eine Bereinbarung ge- 
schaffen sei, welche die Verpflichtung zur Abtretung 
von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft m. b. H. be- 
gründe, wie sie § 15 Abs. 4 GmbHG. im Ange hat. 
Demn der Selbsteintritt besagt hier nichts anderes, als 
daß das Kolonialkontor seinen in rechtsgültiger Form 
zu erwerbenden Anspruch auf Lieferung von Geschäfts- 
anteilen auf den Kläger zu übertragen hat. Auch jetzt 
noch sind nicht Geschäftsanteile Gegenstand des Ver- 
handelt sich auch jetzt noch um die 
Abtretung eines Anspruchs auf Lieferung von Geschäfts- 
anteilen. 
Der Käger hat gegen die Zulassung der form- 
losen Übertragung des Anspruchs auf Lieferung von 
Geschäftsamteilen einer Gesellschaft m. b. H. den Ein- 
wurf gemacht, daß man damit enigegen dem Willen 
des Gesetzgebers den Handel mit Geschäftsanteilen durch 
Weiterübertragung des Rechtes auf Zurverfügung- 
stellung freigebe. Dieser Einwurf hat keine in Erfolg. 
Der Gesetzgeber will den Handel mit Geschüftsanteilen 
  
  
  
 
	        
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