Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Rolonialwirtschastliche Mitteilungen. 
Aus dem Arbeiĩtsbereich des Rolonlal·Wirtschaft- 
lichen Romiltees. 
Zur Olrohstoffrersorgung Deutschlands aus 
Bei den Wi 5 Verhandlungen des 
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees, an denen 
u. a. Gouverneur Dr. Seitz teilnahm, wurde auf Grund 
von Referaten der Herren Freudenberg-Bremen, 
Professor Dr. Thoms und Professor Dr. Warburg- 
Berlin der folgende 2 esglub gefaßt: 
Im Hinblick au große volkswirtschaftliche 
Bedeutung einer Snsosfrerseron Deutsch- 
lands aus den eigenen Kolonien — der Ein- 
fuhr im Werte von etwa 400 Miltonert Part steht nur 
eine Produktion von 18 Millionen Mark gegenüber — 
beschließt das Komitee, auf eine Vermehrung der Pro- 
duktion und Verbesserung der Qualität der in den 
Kolonien bereits vorhandenen Olrohstoffe, wie Palmöl, 
Palmkerne, Kopra, Erdnüsse, Sesam usw. sowie auf die 
Einführung. dort noch nicht angebauter Olrohstoffe, wie 
Lein, Rap izinus usw. mit allen geeignet erschei- 
nenden Ptrtrli hinzuarbeiten, insbesondere durch: 
Propaganda für den Eisenbahnbau unter besonderer 
Berücksichtigung der Erschließung vorhandener und aus- 
sichtsreicher Olrohstoffgebiete; Anregung bei den Gou- 
vernements: das staatliche landwirtschaftliche Versuchs- 
wesen mehr als bisher auf die Förderung des Anbaues 
ölliefernder Pflanzen auszudehnen; Beschaffung von 
Saatgut und Verteilung an die Regierungsstellen zur 
lostenfreien Akgabe an die eingeborene Bevölkerung: 
Lieferung von Maschinen zur Aufbereitung der ge- 
wonnenen Olsamen und Früchte, Vervollkommnung der 
Apparaturen bei der Bereitung der Fette zwecks besserer 
Ausbeute und Verbesserung der Produkte; Förderung 
der Anlage von Plantagen unter europäischer Leitung, 
insbesondere von Olpalmen= und Kokosnußplantagen 
mit maschineller Erntebereitung; Förderung von Maß- 
nahmen zur Verhinderung des Verderbens von Ol- 
samen und -Früchten beim Transport; Studium der 
Fortschritte der — auf dem Gebiete des Härtens 
der Fette und O 
Zur a ile des Programmes und zur Be- 
schaffung der erforderlichen Mittel soll analog der 
kolonialen Organisationen der Textil-, Chemischen, 
Kautschuk= und Maschinenindustrie eine Organisation der 
Dlrohstoffe verarbeitenden Industrie geschaffen werden. 
  
  
Neger-Maschinistenschule in Daressalam. 
Zur Uberwindung der Schwierigkeiten bei Ein- 
führung der modernen Technik in den Ko- 
lonien befaßt sich das Komitee mit dem Plane der 
Einrichtung und Unterhaltung einer Maschinisten- 
schule für Farbige in Deutsch-Ostafrika lnach 
Art der Teger-Maschinistenschulem * Süden Nord- 
amerilas) ##h folgendem Progra 
ule soll unmibtelhne“ on die Betriebe in 
Daressalam — Ginnerei und Saatwerk mit Diesel- 
motor und Lokomobile — angeschlossen werden, um 
intelligentere Eingeborene an Hand von betriebsfertigen 
Maschinen zunächst mit den einfachsten Grundgesetzen 
der Mechanik vertraut zu machen und durch praktische 
Unterweisung allmählich zur selbständigen Behandlung 
von Motoren und Kultur= und Erntebereitungsmaschinen 
heranzubilden. Die Lehrzeit ist auf ein Jahr ver- 
  
anschlagt. Die Leitung der Schule wird einem In- 
genieur und einem Werkmeister unterstellt werden. 
Das Reichs-Kolonialamt und das Gouvernement sowie 
die heimische Industrie sollen um weitgehende Förderung 
des Planes gebeten werden. 
  
Erfolge der Sisalkultur in Deutsch-Ostafrika. 
Bei den kürzlich stattgehabten Verhandlungen des 
Vorstandes des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees be- 
richtete Privatdozent Dr. Bruck-Gießen auf Grund 
einer soeben ausgeführten Erkundungsreise über die 
Sisalkultur in Deutsch-Ostafrika u. a. das Fol- 
gen 
Die Sisalkultur in Deutsch-Ostafrika hat nicht nur 
in der gegenwärtigen Zeit glänzende Erfolge auf u- 
weisen, sondern sie geht auch einer glücklichen, viel- 
versprechenden Zukunft entgegen. Man kann ohne Über- 
treibung sagen, daß diese Kultur die Zahl der Schul- 
beispiele vermehrt, die als typische Eharakterkulturen 
bestimmter Gegenden angeführt werden, wie etwa der 
Kaffee in Brasilien, die Baumwolle in Nordamerika oder 
der Kampfer Japans. Zahlenmäßig ist die Entwicklung 
der letzten Zeit die folgende: Im Hahre 1911 wurden 
11 212 Tonnen Sisalhanf im Werte von 4,53 Millionen 
Mark aus Deutsch-Ostafrika ausgeführt. Nach Ansicht 
von Fachleuten in der Kolonie rechnet man damit, daß 
. diesem Jahre die Ausfuhr sich wenigstens auf 
6 500 Tonnen stellen wird. Hinzu kommt, daß im 
lenoner Jahre ungewöhnlich gute Preise, bis über 
700 .¾ für die Tonne Primahanf, erzielt wurden. Für 
das nächste Jahr ist noch eine weitere Steigerung der 
Ausfuhr zu erwarten, so daß wir sehr bald mit einem 
Export von über onnen werden rechnen 
können. Die Sisalfaser wird daher bald in unserer 
Kolonie mit einer Exportwertziffer von 10 Millionen.“ 
figurieren. 
Die Agave wird in Deutsch-Ostafrika nicht nur auf 
einer begrenzten Fläche angebaut, sondern vielmehr in 
den verschiedensten Landschaften und unter den ver- 
schiedensten Boden= und klimat ischen Bedingungen. Wir 
finden die Agave sowohl auf Rotlehm, wie an den ver- 
schiedensten Strecken der Meeresküste auf kalkhaltigen 
Böden, und das sowohl im Norden wie im Süden, 
bei Tanga, Pangani. Lindi und Mikindani. Auch die 
bisher mit Sisalplantagen längs der Mittellanbhahn 
gemachten Erfahrungen sind vielversprechend. Dort 
wächst die Pflanze auf typischem Steppenboden. Krank- 
heiten von irgendwelcher Bedeutung sind bisher in 
Agaven-Feldern nicht bekannt geworden, und die Ge- 
fahr einer Degeneration des Gewächses ist kaum zu 
erwarten, so daß wir die Kultur wohl mit Erfolg. 
einige Jahrzehnte werden fortsetzen können. 
Das Handelsprodukt, die Faser, macht nur bis zu 
4 v. H. der gesamten Blattmasse aus. Der Abfall wurde 
bisher ohne jeden Nutzen vernichtet. Nachdem sich jetzt 
herausgestellt hat, daß eine ganze Reihe für andere 
Industriegweige wichtige Stoffe in diesem Abfall vor- 
handen ist, plant man chuch eine Verwertung derselben 
im großen. Hierdurch können sich die Aussichten der 
Sisalkultur noch in ungeahnter Weise verbessern. Für 
Neuanlagen ist günstiger Boden noch hinreichend vor- 
handen. Allein die Arbeiterfrage kann einer weiteren 
Ausdehnung einen Riegel vorschieben. Kenner der 
rage, ob eine UÜberproduktion an Sisal und ähnlichen 
  
  
  
  
  
 
	        
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