Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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stritten die Möglichkeit dieser Erklärung nicht. 
Dr. Heckenroth gab mir auch an, daß er in 
Carnot drei Glossinen im ganzen gefangen habe; 
die Glossina palpalis kommt also in Carnot vor. 
Ich halte es auf Grund zahlreicher Beobach- 
tungen in anderen Gegenden Kameruns für 
wahrscheinlich, daß die Glossinen im Gebiet Ober- 
Sanga hauptsächlich in der Regenzeit erscheinen. 
Ich glaube mithin, daß ein zwingender Grund 
nicht vorliegt, im Sanga-Gebiet eine andere 
Überträgerin als die Glossina Palpalis anzu- 
nehmen. 
Der Dampfer hielt in Bonga nur eine halbe 
Stunde. Auf der Fahrt auf dem Kongo wurden 
nur vereinzelte Fliegen beobachtet. 
Der Aufenthalt in Brazzaville war für uns 
interessant und lehrreich. Wir erfuhren, daß die 
Seuche im französischen Kongo-Gebiet besonders 
am Ubangi und am Alima herrscht. Etwa 
40 Weiße, meist Beamte aus diesen Gebieten 
und 12 aus dem Sanga-Land, haben das In- 
stitut schlafkrank aufgesucht. Außerdem sind eine 
ganze Anzahl von Weißen, besonders Kaufleute, 
schlafkrank nach Europa gegangen, ohne sich in 
Brazzaville vorzustellen. Nahezu jeder Dampfer 
vom Ubangi und vom Sanga bringt in letzter 
Zeit einzelne schlafkranke Europäer nach Brazza- 
ville. Wir besuchten das Institut Pasteur, dessen 
Direktor Dr. Heckenroth ist, ihm steht Dr. 
Blanchard zur Seite. 
Von den Anlagen in Brazzaville hatte das 
Eingeborenendorf für mich das größte Interesse, 
da es regelmäßig angelegt ist und aus einzelnen 
Gehöften mit sauberen Buschhäusern besteht. In 
der Nähe von Brazzaville ist ein Schlafkranken= 
lager, das ebenfalls Herrn Dr. Heckenroth unter- 
steht, es hat eine Reihe massiver Häuser für 
die Kranken und macht einen ausgezeichneten 
Eindruck. Mit dem Chefarzt des franzöfischen 
Kongo, Dr. Camail, und den beiden obenge- 
nannten Herren wurden die Mittel und Wege 
beraten, um eine wirksame Bekämpfung der Schlaf- 
krankheit in den Grenzgebieten von Neu-Kamerun 
und den französischen Kolonien zu erzielen. 
Hierbei wurde das zwischen Deutschland und 
England über Togo, die Goldküstenkolonie, das 
Aschanti-Protektorat und die nördlichen Gebiete 
der Goldküste seit dem 17. August 1911 bestehende 
Abkommen zugrunde gelegt, von dem eine fran- 
zösische Übersetzung gefertigt wurde. 
Sehr interessant waren mir die Mitteilungen 
Dr. Heckenroths üÜber ausgezeichnete Dauer- 
heilungen nach einmaliger Einspritzung von Arseno- 
bhenylglycin in nicht vorgeschrittenen Fällen. 
In Brazzaville wurden besonders in der Nähe 
der Landungsstelle zahlreiche Mücken beobachtet, 
von denen die meisten Stegomyien, wenig Culex- 
  
arten waren. Am 20. erfolgte ein Besuch von 
Kinshassa und Leopoldville gemeinsam mit 
Dr. Rautenberg, der am 24. März von Brazza- 
ville aus nach Molundu zurückkehrte. 
Die Seuche herrscht im gesamten Kongostaat 
in furchtbarer Ausdehnung, am wenigsten ist die 
Provinz Melle ergriffen. 
In Leopoldville ist ein größeres Schlafkranken= 
lager aus Buschhäusern und ein Eingeborenen- 
hospital aus Steinhäusern errichtet, letzteres mit 
eisernen Bettgestellen und Matratzen. 
Am 21. wurde die Reise zur Küste mit der 
Kongobahn angetreten. Da es noch nicht fest- 
stand, mit welchem Dampfer die Heimreise von 
Matadi aus angetreten werden konnte, blieb ich 
bis zum 24. in Thysville, wo am 25. die 
Weiterfahrt nach Matadi erfolgte. Hier ergab 
es sich, daß die nächste Gelegenheit erst am 2. April 
mit dem belgischen Dampfer war. Die bis zur 
Abfahrt verbleibende Zeit wurde benützt, um 
Ausflüge in die ebenfalls von der Schlafkrankheit 
ergriffene portugiesische Kongo-Kolonie zu 
machen. In der Nähe von Noqui wurde ein Platz 
besichtigt, an dem ein Schlafkrankenlager im Ent- 
stehen ist. , 
WirwohnteninMatadiaufdem«qu 
Brock“, hier hatten wir unter zahlreichen Stego- 
myien zu leiden, die Tag und Nacht schwärmten. 
Sie entstammten den Sümpfen in unmittelbarer 
Nähe der Anlegestelle. Während unseres Aufent- 
haltes trockneten die Sümpfe aus und die Mücken 
verschwanden. 
Sehr interessant war der Besuch des Ein- 
geborenenhospitals, das aus einer Anzahl von 
Höfen besteht, die durch starke Mauern und Eisen- 
türen voneinander getrennt sind. In jedem Hof 
befindet sich ein massives Gebäude für Kranke. 
Fußboden und Wände bis Mannshöhe sind in 
den Gebäuden mit Fliesen bedeckt. Jeder Hof 
hat einen einzelnen Abort. Innerhalb der Anlage 
befinden sich Duschvorrichtungen sowohl für Männer 
wie für Frauen. 
Am 4. April wurde die Weiterreise nach 
Banana angetreten. Unterwegs fuhren wir in 
einiger Entfernung an der Insel Mate ba vor- 
bei, auf der 1000 Stück Rindvieh weiden, die 
zu Schlachtzwecken dienen. Die Verluste durch 
Tsetse sollen sehr gering sein. In Banana an 
der Kongomündung habe ich neben Culexarten 
und Stegomyien die ersten Anophelesmücken auf 
der ganzen Reise angetroffen. Aus den Mit- 
teilungen über die Verbreitung der Stegomyien 
geht hervor, daß die Einschleppung des Gelb- 
fiebers nach Kamerun eine große Gefahr be- 
deuten würde. 
Andererseits ist es interessant, daß wir auf 
der ganzen Reise — außer in Banana — keine
	        
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