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stritten die Möglichkeit dieser Erklärung nicht.
Dr. Heckenroth gab mir auch an, daß er in
Carnot drei Glossinen im ganzen gefangen habe;
die Glossina palpalis kommt also in Carnot vor.
Ich halte es auf Grund zahlreicher Beobach-
tungen in anderen Gegenden Kameruns für
wahrscheinlich, daß die Glossinen im Gebiet Ober-
Sanga hauptsächlich in der Regenzeit erscheinen.
Ich glaube mithin, daß ein zwingender Grund
nicht vorliegt, im Sanga-Gebiet eine andere
Überträgerin als die Glossina Palpalis anzu-
nehmen.
Der Dampfer hielt in Bonga nur eine halbe
Stunde. Auf der Fahrt auf dem Kongo wurden
nur vereinzelte Fliegen beobachtet.
Der Aufenthalt in Brazzaville war für uns
interessant und lehrreich. Wir erfuhren, daß die
Seuche im französischen Kongo-Gebiet besonders
am Ubangi und am Alima herrscht. Etwa
40 Weiße, meist Beamte aus diesen Gebieten
und 12 aus dem Sanga-Land, haben das In-
stitut schlafkrank aufgesucht. Außerdem sind eine
ganze Anzahl von Weißen, besonders Kaufleute,
schlafkrank nach Europa gegangen, ohne sich in
Brazzaville vorzustellen. Nahezu jeder Dampfer
vom Ubangi und vom Sanga bringt in letzter
Zeit einzelne schlafkranke Europäer nach Brazza-
ville. Wir besuchten das Institut Pasteur, dessen
Direktor Dr. Heckenroth ist, ihm steht Dr.
Blanchard zur Seite.
Von den Anlagen in Brazzaville hatte das
Eingeborenendorf für mich das größte Interesse,
da es regelmäßig angelegt ist und aus einzelnen
Gehöften mit sauberen Buschhäusern besteht. In
der Nähe von Brazzaville ist ein Schlafkranken=
lager, das ebenfalls Herrn Dr. Heckenroth unter-
steht, es hat eine Reihe massiver Häuser für
die Kranken und macht einen ausgezeichneten
Eindruck. Mit dem Chefarzt des franzöfischen
Kongo, Dr. Camail, und den beiden obenge-
nannten Herren wurden die Mittel und Wege
beraten, um eine wirksame Bekämpfung der Schlaf-
krankheit in den Grenzgebieten von Neu-Kamerun
und den französischen Kolonien zu erzielen.
Hierbei wurde das zwischen Deutschland und
England über Togo, die Goldküstenkolonie, das
Aschanti-Protektorat und die nördlichen Gebiete
der Goldküste seit dem 17. August 1911 bestehende
Abkommen zugrunde gelegt, von dem eine fran-
zösische Übersetzung gefertigt wurde.
Sehr interessant waren mir die Mitteilungen
Dr. Heckenroths üÜber ausgezeichnete Dauer-
heilungen nach einmaliger Einspritzung von Arseno-
bhenylglycin in nicht vorgeschrittenen Fällen.
In Brazzaville wurden besonders in der Nähe
der Landungsstelle zahlreiche Mücken beobachtet,
von denen die meisten Stegomyien, wenig Culex-
arten waren. Am 20. erfolgte ein Besuch von
Kinshassa und Leopoldville gemeinsam mit
Dr. Rautenberg, der am 24. März von Brazza-
ville aus nach Molundu zurückkehrte.
Die Seuche herrscht im gesamten Kongostaat
in furchtbarer Ausdehnung, am wenigsten ist die
Provinz Melle ergriffen.
In Leopoldville ist ein größeres Schlafkranken=
lager aus Buschhäusern und ein Eingeborenen-
hospital aus Steinhäusern errichtet, letzteres mit
eisernen Bettgestellen und Matratzen.
Am 21. wurde die Reise zur Küste mit der
Kongobahn angetreten. Da es noch nicht fest-
stand, mit welchem Dampfer die Heimreise von
Matadi aus angetreten werden konnte, blieb ich
bis zum 24. in Thysville, wo am 25. die
Weiterfahrt nach Matadi erfolgte. Hier ergab
es sich, daß die nächste Gelegenheit erst am 2. April
mit dem belgischen Dampfer war. Die bis zur
Abfahrt verbleibende Zeit wurde benützt, um
Ausflüge in die ebenfalls von der Schlafkrankheit
ergriffene portugiesische Kongo-Kolonie zu
machen. In der Nähe von Noqui wurde ein Platz
besichtigt, an dem ein Schlafkrankenlager im Ent-
stehen ist. ,
WirwohnteninMatadiaufdem«qu
Brock“, hier hatten wir unter zahlreichen Stego-
myien zu leiden, die Tag und Nacht schwärmten.
Sie entstammten den Sümpfen in unmittelbarer
Nähe der Anlegestelle. Während unseres Aufent-
haltes trockneten die Sümpfe aus und die Mücken
verschwanden.
Sehr interessant war der Besuch des Ein-
geborenenhospitals, das aus einer Anzahl von
Höfen besteht, die durch starke Mauern und Eisen-
türen voneinander getrennt sind. In jedem Hof
befindet sich ein massives Gebäude für Kranke.
Fußboden und Wände bis Mannshöhe sind in
den Gebäuden mit Fliesen bedeckt. Jeder Hof
hat einen einzelnen Abort. Innerhalb der Anlage
befinden sich Duschvorrichtungen sowohl für Männer
wie für Frauen.
Am 4. April wurde die Weiterreise nach
Banana angetreten. Unterwegs fuhren wir in
einiger Entfernung an der Insel Mate ba vor-
bei, auf der 1000 Stück Rindvieh weiden, die
zu Schlachtzwecken dienen. Die Verluste durch
Tsetse sollen sehr gering sein. In Banana an
der Kongomündung habe ich neben Culexarten
und Stegomyien die ersten Anophelesmücken auf
der ganzen Reise angetroffen. Aus den Mit-
teilungen über die Verbreitung der Stegomyien
geht hervor, daß die Einschleppung des Gelb-
fiebers nach Kamerun eine große Gefahr be-
deuten würde.
Andererseits ist es interessant, daß wir auf
der ganzen Reise — außer in Banana — keine