Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Tierwelt im großen und ganzen die gleiche ge- 
blieben; vielleicht, daß sich schon der Übergang 
zum Kongobecken leise angedeutet findet. 
In gesundheitlicher Beziehung muß man 
dem Lande unbedingt einen Vorteil vor den nörd- 
lichen Gebieten, die an den Unterläufen der großen 
Ströme liegen, einräumen. Der Grund liegt in 
erster Linie und vorzugsweise in der Hydrographie 
des Landes, die den Moskitos und überhaupt der 
Insektenwelt nicht die günstigen Lebensbedingungen 
bietet, wie sie überall an den von ausgedehnten 
grundlosen Sümpfen begleiteten Unterläufen der 
träge fließenden Logoneströme vorhanden sind. 
Die drei Hauptflüsse, der Pende, der Nana Baria 
und der Uam, die ihren Ursprung gemeinsam aus 
dem Jade-Plateau nehmen und ihre Wasser dem 
Tschadsee zuführen, haben trotz der geringen Höhen- 
differenz ein starkes Gefälle und gehen oft in 
reißender Fahrt zu Tale. Ihre Strombetten sind 
infolgedessen tief in das Gestein eingeschnitten, so 
daß selbst zur Zeit des höchsten Wasserstandes die 
Flüsse kaum über ihre Ufer treten. Von einer 
wirklichen Uberschwemmungszone im Sinne des 
Nordens kann nicht die Rede sein. Es ist natur- 
gemäß, daß der Mangel an stagnierenden Ge- 
wässern von großem Einfluß auf die Menge der 
Moskitos ist. Ihre Zahl ist so gering, daß man 
selbst an den Ufern der Flüsse kaum eine Belästi- 
gung empfindet. Zu dieser Annehmlichkeit des 
Aufenthalts am Uam kommen noch der überall 
freie Zugang zu den Flußufern, die ausgezeich- 
neten Trinkwasserverhältnisse, die Gelegenheit er- 
frischender Bäder im Flusse und der Genuß vor- 
züglicher Fische, an denen alle großen Ströme 
reich find. Diese Punkte gelten besonders vom 
Uam; sie können bei der Wahl eines Platzes für 
die Gründung einer Station der Beachtung nicht 
warm genug empfohlen werden. Sie find — 
ganz abgesehen von der belebenden Wirkung, die 
in der heißen Jahreszeit ein strömendes Wasser 
ausübt, und von den praktischen Annehmlichkeiten, 
die die Nähe eines großen Flusses bietet, — für 
die Gesundheit von großer Bedeutung. Nicht 
unerwähnt darf noch bleiben, daß in der Nähe 
der großen Flüsse die Temperatur zur Nachtzeit 
viel tiefer sinkt, während nach meiner Erfahrung 
auf den Plateaus erst in der Frühe die Abkühlung 
erfolgt und viel geringer ist. Alle die erwähnten 
Punkte sind bei der französischen Station Bosum 
nicht so hünstig. Bosum selbst liegt weit ab vom 
Uam auf einem Plateau, das ringsum von höheren 
Bergen umgeben ist. Ein kleiner Fluß führt etwa 
in einer Entfernung von 15 Minuten im Tale 
vorbei, der aber jebt kein fließendes Wasser mehr 
führt, sondern aus einer Kette einzelner, von den 
Eingeborenen verunreinigter Wasserlöcher besteht. 
Während in der Dunkelheit zahllose Moskitos 
  
schwärmen und tagsüber anderes Ungeziefer den 
Aufenthalt vergällt, herrscht in der Nacht eine 
drückende Schwüle, die die Nachtruhe in ge- 
schlossenen Räumen geradezu unmöglich macht. 
Die eingeborene Bevölkerung des Landes, zum 
größten Teil Mbaia, sind an und für sich ein 
gesunder kräftiger Schlag. Unter Filariakrankheit, 
die für die neuen Gebiete im Norden geradezu 
charakteristisch ist, haben die Eingeborenen wenig 
zu leiden. Die Malaria ist selten, auch bei den 
Trägern der Expedition habe ich seit Wochen keine 
Fieberanfälle mehr gesehen. Viel aber haben 
die Mbaia unter schlechter und mangelhafter Er- 
nährung zu leiden, und hierauf ist auch das 
krankhafte und abgezehrte Aussehen der Bewohner 
ganzer Dörfer zurückzuführen. 
Die Schlafkrankheit existiert hier nach 
meinen bisherigen Feststellungen nicht. Auch 
nach französischen Angaben ist hier noch kein Fall 
von Schlafkrankheit oder Schlafkrankheitsverdacht 
zur Kenntnis gekommen. Ich selbst habe da, wo# 
ich Eingeborene bekommen konnte, sorgfältig auf 
ihre Symptome geachtet, aber nie etwas Ver- 
dächtiges wahrgenommen. 
Die Schlafkrankheitsfliege wurde von keiner 
der Kolonnen auf dem Marsche von Gore beob- 
achtet. Ich verweilte stundenlang in den Galerie- 
wäldern der Flüsse, marschierte tagelang an den 
Ufern des Uam entlang, ohne eine Fliege zu 
finden. 
Auf der Route nach Bosum bemerkte ich an 
einem mit dichtem, aber doch stellenweise für das 
Sonnenlicht durchlässigen Galeriewald bedeckten 
Ufer des Borro einige Glossinen, die mich beim 
Baden anschwärmten. Da ich in Eilmärschen zu 
einem schwerkranken Europäer nach Bosum mar- 
schierte und auf anderem Wege wieder nach Bate 
zurückkehrte, konnte ich mich nicht weiter mit ihrem 
Fang befassen. Ich glaube aber, daß es sich hier 
sicherlich um die Glossina palpalis handelte, denn 
dafür spricht einmal ihr Aufenthaltsort und dann 
das gänzliche Fehlen der Glossina morsitans in 
dieser Gegend. Spätere Feststellungen werden 
darüber noch Näheres ergeben. 
Am Uanm, soweit ich ihn selbst kennen lernte, 
gibt es ganz sicher keine Glossinen, denn schon 
die Beschaffenheit des Galeriewaldes entspricht 
nicht ihren Lebensgewohnheiten. Der Wald be- 
steht am Pende, am Nana Baria und am Uam 
aus einem schmalen Streifen vereinzelter Bäume, 
die unmittelbar an beiden Ufern stehen und ihre 
Kronen dicht über den Wasiserspiegel recken, aber 
— und das unterscheidet sie von den Galerie- 
wäldern an den Zuflüssen — ohne sich über dem 
Fluß zu einem dichten, schattenden Blätterdach 
zu vereinigen. Der Galeriewald der großen 
Ströme ist immer sehr dürftig und auf großen 
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