GV 646 20
Liter atur-Bericht.
Büchler. Max: Der Kongostaat Leopolds II. Erster
Teil: Schilderung seiner Entstehung und seiner wirt-
schaftlichen Verhältnisse. Zweiter Teil: Die Ein-
geborenen und die Kultivationspolitik. Zürich und
Jpaig. Rascher & Cie. 1912/13. Preis geh. je
Der Verfasser hut als ehemaliger kongostaatlicher
Justizbeamter Gelegenheit gehabt, den Kongostaat
kennen zu lernen. Der erste Teil des Werkes be-
handelt in sechs Kapiteln die Erforschung des Kongo-
gebiets, besonders auch durch deutsche Reisende, die
Persönlichkeit König Leopolds, Stanley und seine
Kongorecise, die Staatsgründung und die Berliner Kon-
ferenz. Er gibt dann eine Ubersicht über die natür-
lichen lgnesibode des Landes 4nd die drei Ent-
hielelngsperio•ken: Elfenbein-, Kautschuk- und Erz-
ri
pe Der zweite Teil beschäftigt sich in zwei Kapiteln
schr eingehend mit den Negern im allgemeinen und
den Kongonegern im nderen, um sodann in zwei
weiteren Kapiteln auf die afrikanische Politik
po ids II. und sein Regime einzu
er Verfasser beherrscht die koloniale Literntur,
vamdbeed die kongolesische, in umfassender Weise
und ist bestrebt, durch Zitate und kurze Auszüge
aus den Werken namhafter Kolonialschriftsteller, be-
sonders auch deutscher Forscher und Gelehrter, dem
Leser ein eigenes Urteil zu ermöglichen. Dabei ist
ihm die Arbeit unter den Hünden gewachsen, so daß
wir noch einem dritten Teile des Werses entgegen-
schen dürfen. der die Verwaltungseinrichtungen der
belgischen Kongokolonie zum Gegenstande n so
und im Schlugkapitel die Bilunz über die zivilisato-
rischen Ergebnisse, namentlich für die Eingeborenen,
ziehen will.
Von besonderem Interesse sind die Ausführungen
darüber, wie der Souverin und Gründer des Staatcs,
vermnlaßt durch dessen s verzweifelt unsichere- Finanz-
lage, ungeachtet des Widerspruchs * Münnern wie
mnaert. Lambermont und Banning, seir 1890 zur
„AuBerkurssetzung= der Berliner Erlat und
Nachahmung des bolländischenKulturstelsels= sehritt,
jenes von 1830 bis 1870 auf Juva geübten Ausbemungs-
erstems van den s, dessen verderbliche Wirkung
Multatuli uns so hergreiend geschildert hat.
Was Büchler, der sich übrigens uls Sozialisten
und Marxisten bezeichnet. zur Entschuldigung des
leopoldinischen Sstems unfühm. wird bei ullen denen
kaum Beifall finden, welche in einer gerechten und
milden, wenn aueh mit struffer Autorität verbundenen
Behnndlung der Eingeborenen eine Hauptaufgabe
heutiger Kolonialverwaltung erblicken.
Sonst ist das Werk als erste ausführlichere deutsche
Dastellung des Stoffes wohl geeignet, auch bei uns
as Verständnis für eine Entwicklung zu erweitern,
an welcher besonders in ihren Anfän= deutsche
Aüänner vie Pogge, Wilmunn, Pechusl-Lösche und
andere herrormgenden Anteil genommen haben.
g.
Dle Partelen. Urkunden und Bibliographie der Par-
teienkunde. Beihefte zur Zeitschrift für Politik.
Herausgegeben von Dr. Rie Schmidt-Leipzig
und Dr. Adolf Grabowsky-Berlin. Carl Hey-
wanns Verlag, Berlin W8, Rechts- und Staats-
wissenschaftl. Verlag.
Vom ersten Bande dieser bereits im .= Deutschen
Kolonialblatt“ 1912, Nr. 23 eingehend besprochenen
Zeitschrift ist socben das dritte abschließende Heft
erschienen. Das Heft steht im engsten inneren Zu-
sammenhange mit dem vorhergehenden; cs ergünzt in
bedeutsamer Weisc die dort gegebene Dawstellung der
Periode des Reichstagswahlkampfes 1912. Im ersten
Hefte des kommenden zweiten Bandes soll dann die
Darstellung der großen Parteien fortgeführt werden.
Auch eine gröhere Abhandlung über die österreichischen
Parteiverhältnisse ist in Vorbereitung. Die Zeitschrift.
kann allen, die im öffentlichen Leben stehen, nur er-
neut und rückhaltlos empfohlen werden.
In Wildnis und Gefangensehaft. Kameruner Tier--
studien von Jasper v. Oertzen, Oberleutunt im
Garde Flilier,Keriment, vormals in der Schutz.
tupes amerun. Mit 60 photographischen
n löungen nach Originalaufnahmen des Verfassers
und eine Karte von Kamerun. Herstellung: Gra-
Phische Gesellschaft, A. G. Berlin. — Berlin, Wil--
elm Süsserott, 1913. Preis geb. 12 4/.
Der Verfasser hat es sich wüäührend seines lang-
Hhrigen Aufenthalts in Kamerun zur Aufgube gemacht,
alles, was an Süugetieren und Vögeln in Eödendem.
EZustande erreichbar war, an die Gefangenschalt zu
gewöhnen und die Lebensgewohnheiten seiner Pflege-
befohlenen zu studieren. Die Aufgabe hat er mit
großem Erfolg gelöst. Zahlreiche Affen, Raubtiere,
Huftiere und eine Anzahl größerer Vögel waren län-
gere oder kürzere Zeit seine Gäste und die Zähmungs-
Dlolze un diesen waren oft erstaunlich, zuweilen an
bei denen man solche Erfolge nicht erwartet,
r*2 ränen 1). In reizvoller Weise schildert der
Verfasser das Leben und Treiben der einzelnen Tier-
earten. Aber nicht nur der Tierfreund kommt bei der
Lektüre des Buches auf seine Kosten, auch der Fach-
mann kindet wertvolle biologische Augaben aus Wüd-
nis und Gefangenschakt, zum Teil auch über Arte
von denen wir noch recht wenig wissen, Kie —
weise über die Menschenaffen. Dem Sstematiker
insbesondere werden die hier und da eingestreuten
Beschreibungen gewisser Arten willkommen sein. Be-
sondere Erwähnung aber verdienen die vorzüglichen
Bilder nach photographischen Aufnahmen des Ver-
fassers. mit denen das Buch reich geschintwkt ist.
Dem Umstand, daß6 riele sonst recht scheue Tiere,
wie z. B. die- urwaldbewohnenden Schopfantilopen,
teilweise so zahm wurcden, daß sie frei umherlaufen
durften und auf den Ruf herbeikamen, ist cs zu
danken, daß von solchen Tieren Aufnuhmen in ihrer
natürlichen Umgebung gemacht werden konnten, was
bei freilebenden Stücken als völlig ausgeschlossen
gelten muß.
Ich möchte mit den Worten Heinroths schliehen,
der dem Buch eine Vorrede gewidmet hat: Die
wundervollen photographischen Aufnahmen sprechen
für sich selbst. Die begleitenden Worte wären auch
ohne die Bilder wert, als Beitrag zur Kenntnis von
Kameruns Tierwelt allgemein bekannt zu werden.
Um so mehr verdient es das vorliegende Buch, so
recht ein Werk, in dem die Bilder der Worte und
die Worte der Bilder würdig sind. in allen Kreisen,
die für die Kolonien und für die Tierwelt ein offenes
Herz haben, Eingang zu finden.
Dr. W. Rumme.