G 676 20
Mbaiki, den 10. März 1913.
Die Station Mbaiki bietet nicht die geringste
Aussicht einer Verteidigung; sie ist umgeben von
Eingeborenendörfern und von diesen in jeder Be-
ziehung abhängig gewesen. Sämtliche Gebäude
sind alt und baufällig. Hospital, Klosetts und
Müllgruben waren nicht vorhanden. Auch irgend-
welche Farmen hat die Station nicht.
Die Eingeborenen lieferten die Verpflegung
an die französische Besatzung unentgeltlich.
Die Einwohnerzahl der sämtlichen Mbaiki-
Dörfer ist auf annähernd 4000 Köpfe zu schätzen,
davon etwa 1500 Männer. Auffallend ist die
große Zahl der Weiber. Dies erklärt sich dadurch,
daß die Mbaikis bei den großen und kleinen Ge-
fechten der französischen Truppe stets als Hilfs-
krieger mitgingen.
Die Mbaikis gehören dem Stamm der Lis-
songo an. Die Sprache ist von der Baja= und
Kaka-Sprache so grundverschieden, daß eine Ver-
ständigung außerordentlich erschwert ist, besonders
da bisher noch geeignete Dolmetscher fehlen.
Einige Häuptlinge sprechen Französisch.
Der Oberhäuptling Jamo, ein intelligenter
Neger, stellte sich gleich von Anfang sehr gut mit
dem Posten.
Ein großer Teil der Dörfer diesseits des Lo-
baye ist jetzt deutschfreundlich gesinnt, während
allerdings einige sehr große Dörfer, wie Bolemba
mit 3000 Köpfen und Boaka mit 2000 Köpfen,
sich zunächst noch ablehnend verhalten. Unange-
nehm ist der Umstand, daß sie an der rückwärtigen
Verbindungslinie liegen.
Auch in Mbaiki ist die Gefinnung unter den
Eingeborenen geteilt. Es besteht eine starke
Kriegspartei, doch ist sie nicht stark genug, um
die Mbaikis zum gemeinsamen offenen Kampf zu
bestimmen. Kürzlich ist es ihr allerdings gelungen,
Erregung hervorzurufen und großen Schaden zu
verursachen. Am Sonntag, den 9. März, vor-
mittags, ging, während die Kompagnie zum Appell
auf dem Exerzierplatz neben dem Chefhause an-
getreten war, plötzlich ein nahe der Station ge-
legenes Dorf an allen Ecken in Flammen auf.
Es wehte, wie gerade in letzter Zeit regel-
mäßig, ein sehr starker Wind auf die Station zu.
Wenn auch die Entfernung des brennenden Dorfes
bis zum Soldatenlager gut 600 m betragen mochte,
so wurden doch durch den starken Wind, wie auch
die Eingeborenen berechnet hatten, die Funken
bis zu den Grasdächern des Lagers getrieben.
Diese fingen sofort Feuer. Kurz nach 11 Uhr
kam das Feuer im Dorfe aus, eine Viertelstunde
später fing die Station Feuer und war schon nach
einer weiteren Biertelstunde bis auf den Grund
niedergebrannt.
Bei der rasenden Geschwindigkeit des Feuers
und der kurzen Zeit konnte so gut wie nichts ge-
rettet werden. Die erste Sorge galt der Munition,
der Kasse und den Pferden. Die Europäer und
Soldaten konnten nur wenige Sachen für sich
retten. Zelte, Betten, ein Teil der Ausrüstung
und aller Proviant der Europäer sind verbrannt.
Gleich darauf erhielt ich die Meldung, daß
Eingeborene gesehen worden seien, die eigenhändig
ihre Häuser anzündeten. Da dadurch das allein
stehen gebliebene Chefhaus auch noch gefährdet
wurde, ließ ich die Höhe ringsherum besetzen und
absperren. Die Weiber und Kinder waren gleich
bei Ausbruch des Feuers flüchtig geworden. Einige
Männer, die bei der Tat gesehen worden waren,
wurden verhaftet, darunter einer der Häuptlinge.
Dieser Häuptling wurde am andern Tage bei
einem Fluchtversuch vom Posten erschossen.
Als die Feuergefahr vorüber war, ließ ich
sammeln; hierbei stellte es sich heraus, daß der
Soldat Owono fehlte. Die Nachforschung ergab,
daß Owono von Eingeborenen, anscheinend beim
Zurückgehen auf das Signal „Sammeln“, von
rückwärts gespeert worden war. Er muß sofort
tot gewesen sein. Der Oberhäuptling, der bei
mir war und dessen Dorf auch das einzige blieb,
in dem die Einwohner nicht ausrissen, gab mir
ohne weiteres zu, daß das Auskommen des
Feuers auf Brandstiftung der Kriegspartei zurück-
zuführen sei.
Ich nahm nun von der Höhe und den darauf
befindlichen Häusern Besitz.
Am andern Tage (10. März) wurden einige
Soldaten von Eingeborenen mit Streitaxt und
Speeren angefallen. Zu ernsteren Kämpfen ließ
ich es aber nicht kommen.
Am 11. März war es mir durch den Ober-
häuptling gelungen, alle Häuptlinge Mbaikis zur
Gestellung zu bewegen. Sie baten um Frieden;
das ruhige und sichere Verhalten der Kompagnie
hatte sie doch erheblich eingeschüchtert und vor
allem auch die Tatsache, daß die Munition nicht,
wie sie gehofft hatten, mitverbrannt war. Außer-
dem haben sie jede Genugtuung und vor allem
die Auslieferung der beiden Mörder des Soldaten
versprochen.
Ein Jusammenstoß mit Eingeborenen
im Muni-Bezirk.
Das deutsche Muni-Gebiet, der im Süden
von Spanisch-Guinea gelegene Teil Neu-Kameruns,
ist im April, wie bereits telegraphisch gemeldet,
der Schauplatz eines ernsteren Zusammen-
stoßes mit den dem Stamm der Pangwes an-
gehörenden Efak-Eingeborenen gewesen, dem