Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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gesetzes), so ist die behördliche Abschätzung einzufordern. Ein höherer als der durch diese 
Abschätzung festgestellte Wert darf als der für die Beleihung maßgebende nicht angenommen werden. 
II. In allen anderen Fällen hat eine Abschätzung durch eine Abschätzungskommission 
nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen stattzufinden. 
Die Kommission besteht aus drei Mitgliedern. Der Vorsitzende wird von dem Gouverneur 
ernannt. Die beiden anderen Mitglieder werden von dem Gemeinderat der Gemeinde gewählt, in 
der das zu beleihende Grundstück liegt. Die Wahl bedarf der Bestätigung durch den Bezirksamtmann. 
In entsprechender Weise werden die Stellvertreter der Mitglieder bestellt. 
& 1. Es sind zunächst einzeln zu schätzen: 
der Arealwert, 
der Wert der Baulichkeiten und 
der Ertragswert (Nutzungswert). 
. Der Arealwert ist nach Quadratmetern und nach denjenigen Preisen, welche in letzter 
Zeit für Grundstücke in gleicher oder gleichwertiger Lage bezahlt worden sind, zu schätzen. 
Die Straßenfront des Grundstücks ist anzugeben. Ist seine Form, namentlich wegen des 
Verhältnisses der Front zur Tiefe, eine außergewöhnliche, sei es eine den Wert erhöhende oder eine 
ihn beeinträchtigende, so ist dies besonders hervorzuheben. 
§ 3. Der Wert der Baulichkeiten ist nach ortsüblichen Preisen unter Berücksichtigung der 
stattgehaben Abnutzung zu schätzen, und zwar für jedes einzelne Gebäude besonders, unter gleich- 
zeitiger Angabe, ob dasselbe unterkellert ist, ob und wie viele Stockwerke, abgesehen von dem Erd- 
geschosse, vorhanden, ob die Bauten massiv oder von Fachwerk, ob an dem Zustande der Baulich- 
keiten Ausstellungen zu erheben sind und ob die innere Einrichtung derselben einfacher oder besserer 
Art ist und den üblichen Anforderungen genügt. 
Für unwesentliche Nebengebäude kann der Wert in runder Summe angegeben werden. 
§*4. Der Ertragswert (Nutzungswert) ist nach dem unter gewöhnlichen Verhältnissen dauernd 
zu erzielenden und zu dem Zinsfuße von mindestens 8 v. H. zu kapitalisierenden jährlichen Miets- 
ertrage (Brutto-Ertrag) zu schätzen. Es kommen demnach sowohl die Mieten als die Mietswerte für 
die leerstehenden oder in Benutzung des Eigentümers befindlichen Räume nur mit denjenigen Beträgen 
in Ansatz, die nach sorgfältiger Prüfung auf die Dauer für angemessen zu halten sind. 
§ 5. Für die Ermittelung des Taxwertes (Schlußtaxe) ist aus den in vorstehendem ge- 
nannten drei Faktoren zunächst der Durchschnitt in der Weise zu ziehen, daß die Summe der drei 
Faktoren halbiert wird. Demnächst ist von diesem Durchschnitte die Summe (Lastenkapital) abzu- 
ziehen, welche sich aus der Kapitalisierung derjenigen Aufwendungen ergibt, die nach Schätzung der 
Abschätzungskommission durchschnittlich im Jahre zur Deckung der ortsüblichen Lasten und Abgaben 
sowie zur ordnungsmäßigen Unterhaltung und zur Versicherung der Gebäude erforderlich sind. Diese 
Aufwendungen sind regelmäßig mit mindestens 15 v. H. des nach § 4 angenommenen Mietsertrages 
in Ansatz zu bringen; wird ein geringerer Prozentsatz in Ansatz gebracht, so hat dies die Abschätzungs- 
kommission ausdrücklich zu begründen. Die Kapitalisierung muß zu dem gleichen Zinsfuße wie bei 
dem Mietsertrag erfolgen. 
* 6. Ausnahmsweise kann von dem in § 5 vorgeschriebenen Abzug eines Lastenkapitals 
abgesehen werden, wenn die Abschätzungskommission es für angemessen hält, die jährlich erforderlichen 
Aufwendungen schon durch Abzug derselben von dem Brutto-Ertrage zu berücksichtigen. Er hat 
jedoch in diesem Falle das Doppelte des an sich für diese Aufwendungen zu schätzenden Betrages, 
also regelmäßig 20 v. H. des Mietsertrages und nur bei ausdrücklicher Begründung weniger, in 
Abzug zu bringen. 
§ 7. Ist die Abschätzungskommission der Ansicht, daß der von ihr nach den vorstehenden 
Vorschriften ermittelte Taxwert trotz der gewissenhaften Schätzung der einzelnen Wertsfaktoren den 
Verkaufswert Übersteige, so hat sie dies unter der Taxe ausdrücklich zu bemerken und den von ihr 
angenommenen Verkaufswert anzugeben. 
Berlin, den 13. November 1912. 
Der Aufsichtsrat der Südwestafrikanischen Bodenkredit-Gesellschaft. 
von Lilienthal, Vorsitzender.
	        
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