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bewahren, habe ich angeordnet, daß der die Fälle
umgebende Wald, der übrigens nur eine geringe
Ausdehnung besitzt, reserviert und für später er-
halten bleibt. Das ruhige Wasser des von hier
ab wieder von Papyrussümpfen umgebenen Ka-
gera unterhalb der Schnellen ist ein beliebter
Aufenthaltsort für Nilpferde. Da letztere bei dem
Fehlen von Eingeborenenanpflanzungen in der
Nähe des Flusses hier keinerlei Schaden anrichten
können, beabsichtige ich, den Abschuß von Fluß-
pferden zwischen den Fällen und der nächst ge-
legenen Fähre zu verbieten, damit dieses seltene
Schauspiel für den Fall einer Bahnverbindung
nach dem Kageraknie erhalten bleibt.
V. Vom Kageraknie bis Tabora.
Am 20. März wurde der Weitermarsch nach
Ussuwi angetreten. Die Gegend östlich des
Kageraknies und der nächstgelegenen Teile des
Ruwuwu und des Kagera ist pöllig unbewohnt.
Ebenso sind die östlich angrenzenden Landstriche
von Uhimba, die wir durchzogen, unbewohnte
wasserarme Baum= und Buschsteppe, die zwar
augenblicklich unter dem Einfluß voraufgegangener
Regen einen frischen, grünen Anblick gewährte,
aber in der Trockenzeit gelb und vertrocknet sein
soll. Erst etwa 25 km südöstlich vom Kageraknie
beginnen wieder spärliche Ansiedelungen von Ein-
geborenen, die nach Osten hin dichter werden.
Der Militärposten Ussuwi, in dem etwa 43 000
Köpfe zählenden Sultanat Ost-Ussuwi, wurde
am 23. März erreicht.
Regierungs= und Baurat Allmaras hatte
sich am Kageraknie von mir getrennt; er zog mit
den drei Ingenieuren in südlicher Richtung längs
des Ruwuwu und dann durch West-Ussuwi süd-
östlich nach Njatakara in Usambiro, w' wir
uns wieder vereinigten. Er marschierte in West-
Ussuwi, das etwa 17 000 Einwohner zählt,
durch verhältnismäßig gut besiedeltes, von Vieh-
herden beweidetes Land und traf an einer aller-
dings nur kurzen Strecke, an der er die Nord-
grenze von Uha berührte, auf eine sehr dichte
Bevölkerung.
Auf dem Marsche vom Militärposten Ussuwi
nach Süden wechselten mit Mtama, Mais, Süß-
kartoffeln und Erdnüssen bebaute Felder mit Pori
(meist Buschsteppe) ab. Vor Njatakara, in dem
mäßig bevölkerten Usambiro (etwa 7500 Ein-
wohner), machte sich zuerst die Tsetsefliege unan-
genehm bemerkbar, die in fast ununterbrochenem,
mehr oder minder starkem Vorkommen die weiter
von uns durchwanderten Gegenden bis nach
Kahama an der Karawanenstraße Tabora—
Muansa verseucht. Auch in dem vorher durch-
wanderten Gebiet zwischen Kageraknie und Öst-
Ussuwi kommt fie stellenweise vor. Die Ansiede-
lungen der Eingeborenen sind durch häufige
Strecken von Miombowald unterbrochen, doch ist
nach Angabe des Bezirksamtmannes von Tabora-
Dr. Prömpeler, der mich in Niatakara er-
wartete und mit nach Tabora zurückmarschierte,
die Bevölkerung, wenn auch nicht sehr zahlreich,
so doch nicht so spärlich, wie es nach den ersten
Eindrücken erscheint. Die Eingeborenen haben
sich auch hier, wie anderwärts, vielfach aus der
Nähe der Karawanenstraße zurückgezogen. Wir
durchwanderten die kleinen Sultanate Njowu
und Ulangwa, dann Uschirombo, Mbongwe
und Teile von Msalala.
In Uschirombo besichtigten wir am 31. März
die Missionsstation Maria-Hilf der Weißen
Väter, in der zur Zeit der Apostolische Vikar
Bischof Leonhard seinen Sitz hat, bis der für
seine Aufnahme bestimmte Neubau in Tabora
vollendet ist. Die Mission hat außer einer großen
Kirche und umfangreichen sonstigen Missionsbauten
in etwa 10 Minuten Entfernung von der Station
eine große Schule errichtet, in der aus den
sonstigen Missionsschulen ausgesuchte Kinder wei-
teren Unterricht, besonders auch im Deutschen,
finden; auch die Musik wird hier gepflegt. Ferner
ist auf der Mission eine Anzahl von Schwestern,
die unter anderem den Unterricht der weiblichen
Jugend leiten und auch der Eingeborenen-Kranken-
pflege ihre Fürsorge widmen. Die Anlagen, zu
denen auch Forstkulturen, Gemüse= und Frucht-
gärten gehören, machten einen recht guten Ein-
druck. Auch die in der Bekehrung der Ein-
geborenen erzielten Erfolge (etwa 2400 Getaufte)
wurden günstig beurteilt, doch scheinen diese Ein-
geborenen dem Christentum nicht so zugänglich zu
sein wie die Bewohner der volkreichen Gebiete
im Nordwesten der Kolonie.
Nach den mir von den Verwaltungsbeamten
wie den Missionaren gemachten Mitteilungen-läßt
es sich leider nicht bezweifeln, daß Uschirombo
und die sonstigen von mir durchwanderten Ge-
biete im Laufe der letzten 15 bis 20 Jahre eine
erhebliche Verminderung ihrer Bevölkerung er-
fahren haben. Als Grund wurde vor allem eine
ungemein große Sterblichkeit der Kinder genannt,
die in manchen Gegenden nach Beobachtungen
der Missionare bis zu 80 v. H. beträgt. Ein
eingeborener Sultan, mit dem ich mich darüber
unterhielt, hatte nicht die geringste Vorstellung
von der Zahl seiner Untertanen, meinte aber auch,
daß eine Verminderung stattgefunden habe. Als
Grund führte er an, daß seine Leute sich früher
gegen die Angriffe der Wangoni mehr zusammen-
geschlossen hätten; seitdem Friede herrsche, hätten
sie sich zerstreut und teilweise ihnen besser zu-
sagende Wohnplätze außerhalb der Grenzen seines
Sultanats aufgesucht.