Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

W 9774 20 
Die Einwanderungskammern bestehen aus drei 
oder mehr auf ein Jahr oder kürzere Zeit ernannten 
Mitgliedern einschließlich eines in der Regel beamteten 
Vorsitzenden. Sie sind zuständig zur Entscheidung über 
Berufungen zurück= oder ausgewiesener Personen gegen 
die (schriftlich zu erteilenden) Verfügungen der zustän- 
digen Beamten. Die bei Vermeidung 
des Ausschlusses binnen drei Tahn bei demselben 
Beamten angemeldet werden und ist abhängig von 
der Hinterlegung eines erheblichen Fpenbecschuse 
der u. a. bei Ankunft über See die Rückfahrt decken 
muß. Der Berufungskläger hat Anspruch auf persön- 
liches Erscheinen im Termin und kann si durch einen 
Anwalt vertreten lassen. ie Kammer hat das Recht 
eidlicher Zeugenvernehmung. Gegen die Entscheidung 
hat der mit seiner Verfügung angefochtene Beamte 
und der Kläger, falls er in der Union einheimisch ist 
und weiteren Kostenvo richuß hinterlegt, das Rechts- 
mittel der Revision an ein höheres ordentliches Gericht, 
wenn die Kammer einen ebesondere ren Fall“ für vor- 
liegend erachtet; auch kann sie alsdann die Entscheidung 
von Amts wegen dem Gericht überlassen. Die Revision 
betrifft nur Rechtsfragen. 
Im übrigen dienen der Ausführung des Gesetzes 
in erster Instanz neben den ordentlichen Polizei= und 
Berwaltungsbehörden besondere, Einwanderungsbeamte 
(Immigration officers)“, an der der vom General- 
gonverneur zu erlassenden Scah 
Ausgeschlossen von der Zuwanderung in die Union 
oder, falls sie in einzelnen Provinzen äugelassen sind, 
aus allen anderen Provinzen sind: 
1. Personen, die der Minister aus wirtschaftlichen 
Gründen oder im Hinblick auf ihre Lebenshaltung oder 
Sitten nicht für geeignet hält, den in der Union oder 
einzelnen Provinzen zu stellenden Anforderungen zu 
“I 
wer keine europäische Sprache t(einschließlich 
Wb*s zur Zufriedenheit beherrscht, 
3. wer voraussichtlich der Armenpflege zur Last 
fallen wird, 
4. wer dem Minister aus amtlicher oder diploma- 
tischer Quelle als unerwünscht für Aufenthalt oder 
Besuch bekannt ist, 
5. Dirnen, Zuhälter, Kuppler, 
6. Vorbestrafte in weitem Umfange, 
7. Geisteskranke, Bresthafte, ansteckend Kranke. 
Der Ausweisung unterliegen Ausländer, die wegen 
gewisser Vergehen vom Minister als unerwünschte Ein- 
wohner bezeichnet werden. 
Personen, die bei Erlaß dieses Gesetzes auf Grund 
früherer Bestimmungen rechtmäßig im Lande anwesend 
sind, unterliegen deim Gesetz nicht. Ferner sind u. a. 
ausgenommen zFureisende weiße Dienstboten, Hand- 
werker oder Arbeiter, die eine feste Dienststelle für die 
Dauer eines Jahres nachweisen können. Für 
wohner der Nachbarstaaten der Union sind ereichterte. 
Bedingungen vorgesehen. Außerdem kann der Mi- 
nister in gewissen Fällen einzelnen Personen den 
Aufenthalt entgegen den Bestimmungen des Gesetzes 
gestatten. 
Namentliche Listen der Zurück= und Ausgewiesenen 
sind dem Parlament der Union beim Beginn jeder 
Session vorzulegen 
Kein Alusgeschlossener darf Land erwerben oder 
pachten oder Handel treiben. Der unerlaubten Ein- 
wanderung Verdächtige können bei Gefahr im Verzuge 
ohne Haftbefehl festgenommen werden. jede Berwal- 
tungsbehörde kann auf eidlich erhärteten Verdacht hin 
  
  
  
den Exekutivbeamten die Durchsuchung von Grundstücken 
nach verdächtigen Personen gestatten. Überführte werden 
verhaftet und abgeschoben. 
ie in anderungsbeamten dürfen ankommende 
iffe besichtigen. ihren Verlehr mit dem Lande be- 
inB beschriinken. ihnen abgesonderte Liege- 
plätze anweisen usw. Die Schiffsführer müssen Listen 
der an Bord befindlichen Perlonen und Mamschaften 
und der vorgefallenen Erkrankungen übergeben. Sie 
müssen Ausgeschlossene unter eigener Verantwortung 
an Bord behalten oder die Kosten der anderweiten 
Haft tragen, und unfer Umständen entsprechenden Vor- 
chuß leisten, desgleichen für die Kosten der Rückbeför- 
derung mitgeführter Ausgeschlossener. Sie haften ferner 
ür vollzähliges Anbordbleiben der Mannschaft und 
bekommen keine Ausreisepapiere vom Hafenamt, bevor 
ie nicht ihre Verpflichtungen diesem Gesetze gemäß 
erfüllt haben. 
Jeder Ankömmling hat auf Erfordern vor dem 
Einwanderungsbeamten zu erscheinen, seine Berechti- 
gung, in der Union zu weilen, darzutun, die erforderten 
Erklärungen abzugeben und sich einer angeordneten 
ärztlichen Untersuchung zu unterwersen. Eine Anzahl 
von Behörden sind ermächtigt. Bescheinigungen über 
die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes auszustellen. Die 
Beweislast trifft in jedem Falle den einzelnen. 
Der dolose Versuch, entgegen den Bestimmungen 
in die Union einzudringen, ist unter Strafe gestellt, 
desgleichen die Beihilfe hierzu und jede Zuwiderhandlung 
gegen die einzelnen Vorschriften des Gesetzes. 
Die Angelegenheiten dieses Gesetzes sollen im 
Ministerium des Innern bearbeitet werden, doch kann 
der Generalgouverneur ihre Bearbeitung einem anderen 
Ministerium übertragen. 
Dem Gesetze in Anlage beigefügt ist eine Auf- 
zählung derjenigen Gesetze der einzelnen Provinzen, 
an deren Stelle es tritt. Nur vereinzelt sind Be- 
stimmungen der letzteren ausdrücklich aufrecht erhalten. 
Das neue Geseg stellt somit eine einheitliche erschöpfende 
Regelung der Materie dar, neben der für weitere Be- 
sütrmamern seitens der einzelnen Provinzen kein Raum 
Inhaltlich sind die früheren Vorschriften im wesent- 
chen berücksichtigt. achtenswert sind die neu- 
eschaffenen kollegialen Berufungsbehörden, die etwaiger 
* der an erster Stelle tätigen Einzelbeamten vor- 
zubeugen geeignet erscheinen, wenn nicht die hohen 
Verfahrenskosten die Mehrzahl der Zurückgewiesenen 
von der Benutzung des Rechtsmittels abhalten werden. 
Im übrigen kann das Gesetz wohl als umfassend, zweck- 
dienlich und sehr däschgeresern begeichnet werden; 
erscheint geeignet, die Absichten der Gesetzgeber 3 
vollem Umfange zu verwirllichen. 
Der wesentliche Unterschied des Gesetzes gegenüber 
den früheren Vorschriften liegt in der nahezu völligen 
Ausschaltung irgendeiner Rassenbezeichnung als Grund 
für die Ausschließung oder die Erschwerung des Ein- 
wanderns. In diesem Punkte ist die Union einer An- 
regung der Londoner Regierung gefolgt, die, veranlaßt 
durch Beschwerden der in der Union wohnhaften Inden 
auf die Ausmerzung derjenigen Bestimmungen der 
geltenden Gesetze gedrängt hatte, die die Zugehörigkeit 
zu einer bestimmten. Rasse, insbesondere der indischen, 
als Merkmal für eine besondere Behandlung in Ein- 
wanderungs= und Aufenthaltsangelegenheiten aufgeste tellt 
hatten. Bei der jetzigen Fassung des Gesetzes bleibt 
es der Verwaltung vorbehalten, die Personenkreise nach 
irgendwelchen Merkmalen zu bezeichnen, denen die Ein- 
wanderung versagt oder erschwert sein soll. Hiermit 
ist ihr Gelegenheit gegeben, bei der Fassung dieser 
Merkmale die Wünsche der hauptsächlich betroffenen 
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