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und Nge, die zwischen der großen Straße und
der spanischen Grenze säßen, sich zusammengezogen
hätten, um uns zwischen Eteng und Etum und
zwischen Etum und Bibolbola zu erwarten
und zu beschießen. Die Befürchtung erwies sich
als unbegründet. Wir kamen unbehelligt nach
Etum, wo wir einen Rasttag machten.
Von Mbafam aus hatte ich den französischen
Posten in Onvam davon benachrichtigt, daß wir
durch das unruhige Gebiet marschieren würden,
und ihn gebeten, falls es ihm möglich sei, zur
gleichen Zeit an der Grenze zu sein, da zu er-
warten sei, daß bei einem gleichzeitigen Anmarsch
der beiderseitigen Truppen ein Angriff der
Pangwe unterbleiben würde. Der Brief traf
in Onvam erst ein, als wir bereits in Akoga
waren; die Antwort des Postenleiters Leutnant
Dollfuß erreichte mich in Bibolbola. Er be-
dauerte, nicht habe kommen zu können, glaubte
aber auch, daß wir bei einem Begleitkommando
von 24 Soldaten ernstere Schwierigkeiten nicht
haben würden.
Am 18. Juni marschierten wir über Abenelang
nach Akoga. Das Dorf Abenelang war fried-
lich, der Häuptling stellte Träger und ging selbst
mit. Akoga war verlassen und von den Dorf-
bewohnern, die angeblich in die Gegend von
Medege verzogen sein sollen, abgebrannt.
Das Grab Sievertsens, an dem wir Kränze
niederlegen ließen, war unberührt. Wir errichteten
ein provisorisches Lager. Nachts wurden nach
allen Seiten Wachen ausgestellt. Ein Angriff
erfolgte nicht. Am 19. Juni erreichten wir nach
sehr anstrengendem Marsche Bibolbola. Die
Dörfer Alo, Asuk-Osa waren abgebrannt,
Mabome verlassen. In Ntum, Ojerk-Stamm,
war alles zu Hause und friedlich. Der Häuptling
begleitete uns bis Bibolbola. Er erklärte, die
Ojerk-Leute wollten den Krieg ausgeben. Da-
gegen nahmen die Essula= und Age-Leute
eine drohende Haltung an. Sie erklärten, wir
dürften passieren, aber nicht im Dorfe bleiben.
Die gesamte bewaffnete Dorfmannschaft stand
rings um das Dorf herum, während wir im
Dorfe eine kurze Rast hielten. Die Bewohner
erklärten in dürren Worten, sie seien fertig und
zum Kriege bereit.
Ein Vorgehen gegen diese anmaßende und
freche Gesellschaft mußte ich auf später verschieben.
Mein Bestreben mußte sein, durch dieses Gebiet
ohne Verluste so rasch wie möglich hindurchzu-
kommen. Bei der drohenden Haltung der Be-
völkerung mußte ich mit kriegerischen Verwicklungen
rechnen, die wiederum bei der großen Anzahl
einheimischer Träger höchst wahrscheinlich einen
Verlust aun Trägern durch Entlaufen oder Tod
nach sich gezogen und dadurch zu einem längeren
Aufenthalt gezwungen hätten. Einen solchen
Aufenthalt mußte ich unbedingt vermeiden, da
wir weder für uns Europé“er, noch für die Leute
irgendwelche Verpflegung hatten. Schon in den
Dörfern diesseits des Abanga hatte es sich sehr
bemerkbar gemacht, daß die starke Grenzexpedition
vorher durchmarschiert war. Es hatte nur wenig
Verpflegung gegeben, kaum Hühner für uns und
sehr wenig für die Leute. Der mitgenommene
Reis war aufgezehrt. Wir Europäer hatten nicht
eine Konserve mehr. So marschierten wir bis
Bibolbola weiter, wo die sämtlichen Bewohner
mit den Gewehren in den Busch flohen, bevor
wir das Dorf erreichten. Nur der Häuptling
konnte wegen starker Elefantiasis am Geschlechts-
teil nicht fliehen. Ich behielt ihn bei mir. Er
hat in den ganzen Verwicklungen mit der Grenz-
expedition eine höchst fragwürdige Rolle gespielt.
Hauptmann Abel nahm an, daß er absichtlich
die verschiedenen Soldaten falsch geführt habe,
um sie in die Falle zu locken. Die bewaffneten
Bibolbola-Leute zeigten sich abends ver-
schiedentlich in der Nähe des Dorfes, so daß ich
doppelte Wachen ausstellen ließ. Doch wurde
nachts die Ruhe nicht gestört. Glücklicherweise
war in diesen kritischen Tagen Vollmond, der
uns vielleicht am meisten vor feindlichem An-
griff bewahrt hat.
Ich vernahm am nächsten Tage den Häupt-
ling und entließ ihn dann, da mangels genügenden
Beweises ihm eine direkte Beteiligung am Auf-
stande nicht nachgewiesen werden konnte. Er
erklärte, daß die Leute aus Bingilngen das
eine verloren gegangene Soldatengewehr und die
Patronen dazu hätten.
Eine Mitnahme des Häuptlings, die bei der
unfreundlichen Haltung der Dorfbewohner be-
rechtigt gewesen wäre, war schon deswegen aus-
geschlossen, da der Häuptling nicht gehen konnte
und mir die Träger mangelten, ihn tragen zu
lassen.
Am 21. Juni erreichten wir Atogondama.
Die Dörfer zwischen Bibolbola und Atogon-
dama waren zum größten Teil leer. Ich kann
mir diese vollkommen veränderte Haltung der
Eingeborenen nicht anders erklären, als daß sie
fürchteten, daß ich jetzt, nachdem ich den mir
verschwiegenen Tod Sievertsens erfahren hätte,
kommen würde, um alle zu töten. Hoffentlich
gelingt es, die ausgeregten Gemüter wieder zu
beruhigen.
Nach zweitägiger Rast in Atogondama
marschierten wir am 24. Juni von Atogondama
über Bisere nach Adjuge. In Bisere, welches
bei unserem Hinmarsch nach Atogondama ver-
lassen und dem Verfall nahe war, hatten sich die
Bewohner wieder eingefunden und das Dorf