Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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und Nge, die zwischen der großen Straße und 
der spanischen Grenze säßen, sich zusammengezogen 
hätten, um uns zwischen Eteng und Etum und 
zwischen Etum und Bibolbola zu erwarten 
und zu beschießen. Die Befürchtung erwies sich 
als unbegründet. Wir kamen unbehelligt nach 
Etum, wo wir einen Rasttag machten. 
Von Mbafam aus hatte ich den französischen 
Posten in Onvam davon benachrichtigt, daß wir 
durch das unruhige Gebiet marschieren würden, 
und ihn gebeten, falls es ihm möglich sei, zur 
gleichen Zeit an der Grenze zu sein, da zu er- 
warten sei, daß bei einem gleichzeitigen Anmarsch 
der beiderseitigen Truppen ein Angriff der 
Pangwe unterbleiben würde. Der Brief traf 
in Onvam erst ein, als wir bereits in Akoga 
waren; die Antwort des Postenleiters Leutnant 
Dollfuß erreichte mich in Bibolbola. Er be- 
dauerte, nicht habe kommen zu können, glaubte 
aber auch, daß wir bei einem Begleitkommando 
von 24 Soldaten ernstere Schwierigkeiten nicht 
haben würden. 
Am 18. Juni marschierten wir über Abenelang 
nach Akoga. Das Dorf Abenelang war fried- 
lich, der Häuptling stellte Träger und ging selbst 
mit. Akoga war verlassen und von den Dorf- 
bewohnern, die angeblich in die Gegend von 
Medege verzogen sein sollen, abgebrannt. 
Das Grab Sievertsens, an dem wir Kränze 
niederlegen ließen, war unberührt. Wir errichteten 
ein provisorisches Lager. Nachts wurden nach 
allen Seiten Wachen ausgestellt. Ein Angriff 
erfolgte nicht. Am 19. Juni erreichten wir nach 
sehr anstrengendem Marsche Bibolbola. Die 
Dörfer Alo, Asuk-Osa waren abgebrannt, 
Mabome verlassen. In Ntum, Ojerk-Stamm, 
war alles zu Hause und friedlich. Der Häuptling 
begleitete uns bis Bibolbola. Er erklärte, die 
Ojerk-Leute wollten den Krieg ausgeben. Da- 
gegen nahmen die Essula= und Age-Leute 
eine drohende Haltung an. Sie erklärten, wir 
dürften passieren, aber nicht im Dorfe bleiben. 
Die gesamte bewaffnete Dorfmannschaft stand 
rings um das Dorf herum, während wir im 
Dorfe eine kurze Rast hielten. Die Bewohner 
erklärten in dürren Worten, sie seien fertig und 
zum Kriege bereit. 
Ein Vorgehen gegen diese anmaßende und 
freche Gesellschaft mußte ich auf später verschieben. 
Mein Bestreben mußte sein, durch dieses Gebiet 
ohne Verluste so rasch wie möglich hindurchzu- 
kommen. Bei der drohenden Haltung der Be- 
völkerung mußte ich mit kriegerischen Verwicklungen 
rechnen, die wiederum bei der großen Anzahl 
einheimischer Träger höchst wahrscheinlich einen 
Verlust aun Trägern durch Entlaufen oder Tod 
nach sich gezogen und dadurch zu einem längeren 
  
Aufenthalt gezwungen hätten. Einen solchen 
Aufenthalt mußte ich unbedingt vermeiden, da 
wir weder für uns Europé“er, noch für die Leute 
irgendwelche Verpflegung hatten. Schon in den 
Dörfern diesseits des Abanga hatte es sich sehr 
bemerkbar gemacht, daß die starke Grenzexpedition 
vorher durchmarschiert war. Es hatte nur wenig 
Verpflegung gegeben, kaum Hühner für uns und 
sehr wenig für die Leute. Der mitgenommene 
Reis war aufgezehrt. Wir Europäer hatten nicht 
eine Konserve mehr. So marschierten wir bis 
Bibolbola weiter, wo die sämtlichen Bewohner 
mit den Gewehren in den Busch flohen, bevor 
wir das Dorf erreichten. Nur der Häuptling 
konnte wegen starker Elefantiasis am Geschlechts- 
teil nicht fliehen. Ich behielt ihn bei mir. Er 
hat in den ganzen Verwicklungen mit der Grenz- 
expedition eine höchst fragwürdige Rolle gespielt. 
Hauptmann Abel nahm an, daß er absichtlich 
die verschiedenen Soldaten falsch geführt habe, 
um sie in die Falle zu locken. Die bewaffneten 
Bibolbola-Leute zeigten sich abends ver- 
schiedentlich in der Nähe des Dorfes, so daß ich 
doppelte Wachen ausstellen ließ. Doch wurde 
nachts die Ruhe nicht gestört. Glücklicherweise 
war in diesen kritischen Tagen Vollmond, der 
uns vielleicht am meisten vor feindlichem An- 
griff bewahrt hat. 
Ich vernahm am nächsten Tage den Häupt- 
ling und entließ ihn dann, da mangels genügenden 
Beweises ihm eine direkte Beteiligung am Auf- 
stande nicht nachgewiesen werden konnte. Er 
erklärte, daß die Leute aus Bingilngen das 
eine verloren gegangene Soldatengewehr und die 
Patronen dazu hätten. 
Eine Mitnahme des Häuptlings, die bei der 
unfreundlichen Haltung der Dorfbewohner be- 
rechtigt gewesen wäre, war schon deswegen aus- 
geschlossen, da der Häuptling nicht gehen konnte 
und mir die Träger mangelten, ihn tragen zu 
lassen. 
Am 21. Juni erreichten wir Atogondama. 
Die Dörfer zwischen Bibolbola und Atogon- 
dama waren zum größten Teil leer. Ich kann 
mir diese vollkommen veränderte Haltung der 
Eingeborenen nicht anders erklären, als daß sie 
fürchteten, daß ich jetzt, nachdem ich den mir 
verschwiegenen Tod Sievertsens erfahren hätte, 
kommen würde, um alle zu töten. Hoffentlich 
gelingt es, die ausgeregten Gemüter wieder zu 
beruhigen. 
Nach zweitägiger Rast in Atogondama 
marschierten wir am 24. Juni von Atogondama 
über Bisere nach Adjuge. In Bisere, welches 
bei unserem Hinmarsch nach Atogondama ver- 
lassen und dem Verfall nahe war, hatten sich die 
Bewohner wieder eingefunden und das Dorf
	        
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