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Eine außerordentliche Anzahl Baumwoll-
würmer fand sich 1912 in den „Bersim“=
Feldern. Ende März wurde öffentlich darauf
hingewiesen, daß das Bewässern der „Bersim“-
Felder nach der ersten Maiwoche die Verbreitung
des Baumwollwurms fördere; aber jedes Jahr
läßt es der Fellah damit später werden, und
diesmal wimmelten sie Anfang Juni buchstäblich
von Würmern. Am 9. Juni wurde in Unter-
ägypten aller noch grüne Bersim auf behördliche
Anordnung gehauen und große Mengen aus-
gewachsener Würmer auf diese Weise vernichtet.
Ein Gesetz, das ein Bewässern von Bersim nach
dem 10. Mai verbietet, ist in Vorbereitung.
Mehr Schaden als der Baumwollwurm richtete
der „Samenwurm“" (boll worm) an; seine Be-
kämpfung ist noch wenig erfolgreich. Neben dem
gemeinen Samenwurm trat im Norden der Be-
zirke Behera und Gharbia eine bisher wenig
beachtete Abart, der rote Samenwurm, schädigend
auf. Beide Arten sollen durch künstliche Ver-
breitung der ihnen eigentümlichen Schmarotzer-
krankheiten verringert werden. ,
Die kleineren Landbesitzer in Unterägypten
litten früher beim Verkauf der Baumwollernte
— ihrer Haupteinnahmequelle — unter den un-
ehrlichen Machenschaften der Aufkäufer. Diese
verheimlichten oft den Marktpreis, machten über-
triebene Abzüge für Säcke, Abfuhr, Makler-
gebühren und Wiegen. Das Schlimmste war,
daß die gebräuchlichen Wagen auf Fingerdruck
eingerichtet waren, so daß der Verkäufer erheblich
betrogen werden konnte. Der Bauer wehrte sich
gegen diese Betrügereien, die er dunkel ahnte,
dadurch, daß er Ziegelsteine und Sand in seine
Baumwollballen tat oder die Baumwolle an-
feuchtete.
Gegen diese Mißstände richtete sich die Ein-
führung amtlicher Baumwollmärkte, zhalakas,
die jetzt an 92 über das ganze baumwollbauende
Gebiet Agyptens verteilten Plätzen regelmäßig
stattfinden. Ihre Einrichtung ist folgende: In
geeigneter Lage wird ein Platz, ungefähr einen
Morgen groß, abgegrenzt. In der Mitte wird
eine amtliche Wage aufgestellt und an sichtbarer
Stelle eine Tafel angebracht, auf der jeden
Tag die aus Alexandria telegraphierten Er-
öffnungspreise der Börse für entkörnte Baumwolle
in großen Ziffern angeschrieben werden. Er-
heblicheres Steigen oder Fallen des Preises wird
nachgemeldet und nachgetragen. Ferner wird eine
lbersicht der Preise vom Tage vorher für alle Arten
Baumwolle und Saatgut ausgehängt. Für eine
geringe Abgabe kann jeder Verkäufer seine Ware
wiegen lassen oder auch nur einige Ballen vor
oder nach der Benutzung der Wage des Käufers
zur Prüfung nachwiegen. Den erhaltenen Kauf-
Niltal abschließenden
preis kann er sogleich bei einer an Ort und Stelle
errichteten Zweigstelle der „Savings Bank“ ein-
legen.
Im Berichtsjahre hatten einige Zeit vor
Schluß des Erntegeschäfts bereits 185 000 Ver-
käufer mit 593 000 Zentnern Baumwolle die
»halakas« besucht. Mit Rücksicht darauf, daß
mindestens die Hälfte der Ernte noch stehend ver-
kauft wird und daher nicht erst auf Märkten er-
scheint, sind diese Zahlen für das erste Jahr der
Einrichtung durchaus ermutigend, wenn auch ein
finanzieller Erfolg für die veranstaltenden Be-
hörden noch nicht erzielt wurde. Der Hauptzweck,
die kleineren Landbesitzer beim Verkauf ihrer
Baumwolle zu unterstützen und sie vor Betrug
zu schützen, wurde jedenfalls erreicht.
Die Durchführung des Planes hatte mit einem
beträchtlichen Widerstand seitens der kleinen Kauf-
leute und der Besitzer öffentlicher Wagen zu
kämpfen. Die ersteren hatten sich an verschiedenen
Plätzen zusammengetan, um entweder die rhalakas:
nicht zu besuchen oder dort durchgegangene Baum-
wolle nicht zu kaufen. Dagegen erfreute sich die
Einrichtung der Billigung und Unterstützung der
ehrenhafteren Käufer, denen sie den Wettbewerb
mit ihren weniger gewissenhaften Konkurrenten
erleichterte, wie Briefe führender Baumwoll-
händler bezeugen.
Von größter Bedeutung für die Zukunft
Agyptens sind die Schritte, die die Verwaltung
des Landes für die sparsame und wirtschaftliche
Verwertung der vom Nil und seinen Zuflüssen
alljährlich gespendeten Wassermassen unternimmt.
Im Dezember 1912 ist ein Werk dieser Art
vollendet worden, das besondere Beachtung ver-
dient: die Erhöhung des bei Assuan das obere
Staudammes. Hierüber
bringt der Bericht folgende Angaben:
Der frühere Damm war imstande, 980 Millio-
nen Kubikmeter Wasser aufzustauen; der jetzige
bringt es auf 2420 Millionen, das sind annähernd
2½ Kubikkilometer. Die Kosten der Erhöhung
betrugen 30 400 000 /4, von denen 24 Millionen
auf die Kosten des Baues selbst, 6 400 O00d %
auf den Grunderwerb und, bemerkenswerterweise,
auf die Kosten der vorgenommenen archäologischen
Untersuchung des zur Überflutung bestimmten
Geländes entfielen.
Des verstorbenen Sir Benjamin Baker, der
die ursprünglichen Pläne zu dem ganzen Bauwerk
aufstellte, wird ehrenvolle Erwähnung getan.
Ein bemerkenswerter Fortschritt ist in den
Vorarbeiten für die Bewässerungsanlagen in
Behera und Gharbia zu verzeichnen. Eine Anzahl
besonders konstruierter Bagger ist im Bau, und
das größte Fahrzeug der Sudan-Baggerflotte,
mit einer Leistungsfähigkeit von 500 chm in der