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Die sehr mäßigen Niederschläge verteilen sich
— in Gestalt von Regen und Schnee — auf
die Monate November bis Mai. Nach den mir
im Astronomischen Observatorium in Taschkent
gegebenen Daten betrugen die jährlichen Nieder-
schlagsmengen in Tschardschui in den Jahren —
1903: 77,8, 1904: 65,1, 1905: 44,5 und
1906: 92,1 mm. In Tschardschui wurde mir
später von zuständiger Seite gesagt, daß die
Werte bisweilen bis auf 25 mm heruntergingen!
Dabei ist zu beachten, daß der Beobachtungsort
Tschardschui selbst in unmittelbarer Nähe des
mächtigen Amu-Darja-Stromes liegt, die Dünen-
zone aber, von denen hier die Rede ist, erst in
beträchtlicher Entfernung von der Flußniederung
beginnt. Die Niederschlagsmengen dürften in
diesen Revieren der Bepflanzungsarbeiten also
noch geringer sein als in der genannten Oase.
Ich halte es für erforderlich, auf diese Verhält-
nisse hinzuweisen, da sie für die Frage der
Dünenbefestigung in Südwestafrika von Belang
sind. Die Temperaturen bewegen sich, dem
Charakter des Klimas entsprechend, zwischen
weiten Grenzen.
die Monate April bis September. Von Juni
bis September beträgt die maximale Schatten-
temperatur durchschnittlich 40°C; auch im Mai
wird diese Höhe bisweilen erreicht. Die niedrigsten
Temperaturen fallen in den Januar mit — 15 bis
— 20°% (Tschardschui). Im Bereich des Dünen-
geländes selbst entwickeln sich im Hochsommer un-
geheure Gluten, wobei die vorgenannten Maxzi-=
malwerte weit überschritten werden. Ich habe
auf den Dünen am 25. VII./7. VIII. nachmittags
2 Uhr in Brusthöhe 65°% C Sonnentemperatur
(mit ungeschwärzter Kugel) gemessen; wie mir
von zuverlässiger Seite gesagt wurde, sind bis
über 756 konstatiert worden. Ich nehme an,
daß diese Messungen nahe über der Sandober-
fläche gemacht worden sind. Letztere mit den
Händen zu berühren, verbot sich zur Zeit meiner
obigen Beobachtung von selbst; ja es war nicht
einmal mit stark besohlten Marschstiefeln möglich,
längere Zeit auf einer und derselben Stelle
stehen zu bleiben. Eier im Sande zu kochen
ist einfach. Daß unter solchen Bedingungen
die Dünengewächse, namentlich ihre Wurzel-
spsteme, besondere Einrichtungen besitzen müssen,
die sie befähigen, den Extremen des Klimas, be-
sonders aber der Hitze, zu widerstehen, bedarf
keiner weiteren Erläuterung. Hier sei noch be-
merkt, daß auch im Dünensande Südwestafrikas
die Maximaltemperatur auf 75° C ermittelt wurde.
Über die Luftfeuchtigkeit stehen mir Daten
nicht zur Verfügung. Wohl aber konnte ich mich
zur Zeit meines Aufenthaltes an verschiedenen
untrügerischen Kennzeichen davon überzeugen,
Frostfrei sind im allgemeinen
daß der Feuchtigkeitsgehalt der Lufst im Sommer
auf ein Minimalmaß herabsinkt. Für die Periode
der eisigen Winterwinde dürfte das Gleiche gelten.
Das Paletzkysche System der Dünen-
befestigung zeichnet sich durch große Ein-
fachheit aus. Dabei kommen der Arbeit vor
allem drei Faktoren zugute: die geringe relative
Höhe der Dünen, ferner die mehr oder weniger
starke Vermischung des Dünensandes mit Löß-
staub und damit eine gewisse Ansammlung von
Pflanzennährstoffen, und nicht zum geringsten das
Vorhandensein vorzüglich geeigneter Befestigungs-
pflanzen in der Vegetation der Nachbargebiete.
Gewisse technische Hilfsmittel, wie z. B. die
an der Kurischen Nehrung so gebräuchlichen
Bestecke, fehlen, bis auf Kiesanschüttungen um
die eingesetzten Pflänzlinge (siehe unten); die
Schaffung von Vordünen u. a. m. kommen in
Wegfall. Hier hat sich, wie an der
Nehrung, gezeigt, daß nur lebende Bin-
dung des Sandes von dauerndem Be-
stande ist.
Eine stehende Bedeckung in Form von wind-
undurchlässigen Sturmzäunen ist allerdings auch
hier unentbehrlich. Die aus Reisig geflochtenen
Sturmzäune werden vor Beginn der Bepflanzung
sowohl auf den Kämmen der Sicheldünen zwecks
Abgleichung der Kämme angesetzt wie auch zu
beiden Seiten des Gleises, und zwar hier senk-
recht zur Windrichtung. In der festzulegenden
Strecke werden Sturmzäune längs des Schienen-
stranges in allen Fällen angebracht, bisweilen
in 2 bis 3 Reihen. Innerhalb der Bepflanzungs-
zone kommen sie dort in Wegfall, wo bereits
eine, wenn auch nur vorübergehende natürliche
Abgleichung erfolgt ist. Im allgemeinen kann
man sagen, daß die Anlage von Sturmzäunen
vor der Bepflanzung unerläßlich ist. Hat sich
an den Sturmzäunen eine neue kleine An-
schüttung gebildet, so wird auf dieser (in Luv)
in etwa 2 m Abstand ein neuer Sturmzaun an-
gesetzt, und danach später in gleicher Weise
eventuell ein dritter (s. Abb. 1). Das Ansetzen
Abb. 1. Ansetzen von Sturmzäunen auf Dünen-
kämmen in der Nöhe der Eisenbahn. (a ülterer
Smeamzaun, b neuerer, auf der neu gebildeten Anschi#ttung:
der Pfeil deutet die vorherrschende Windrichtung an.)
der Sturmzäune richtet sich im übrigen derart
nach der Windrichtung, daß unter Umständen
sowohl gegen den Nordwind wie gegen den