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Von den Übrigen Calligonum-Arten der
Wanderdünen") kommt namentlich C. Caput
Medusae Schrenk („kysyl-kandym“ = roter
K.) für die Befestigung in Betracht. Auch diese
Art gedeiht am besten in beweglichem Sand und
zeichnet sich wie andere dortige Dünenpflanzen
durch ihr stark entwickeltes Wurzelleben aus. Sie
bildet in den Dünen bis 20 m lange, nach allen
Richtungen auslaufende, vielfach verzweigte
Wurzeln von der Stärke eines dicken Bindfadens.
Viele dieser stolonenartigen Wurzeln laufen flach
unter der Oberfläche des Dünensandes dahin und
werden bisweilen stellenweise vom Winde freigelegt,
ohne dabei unter den glühenden Strahlen der
Sonne zu leiden. Ich habe derartig freigelegte
Wurzeln von 12 bis 15 m Länge gemessen. Die
senkrecht in die Tiefe gehenden Wurzeln sollen
eine Länge von mehr als 2 m erreichen.
Die Früchte dieser Art haben einschließlich des
dichten, kugelförmigen Besatzes von korallenartig
verzweigten Borsten einen Durchmesser von 10 bis
15 mm.
Auf Calligonumwurzeln findet sich häufiger
eine große, braune Orobanche schmarotzend, die
jedoch einen nennenswerten Schaden nicht an-
richten soll.
C. eriopodum Bge. („kara-kandym“ —
schwarzer K.) bildet einen unten kahlen Stamm
mit starken, aufwärts strebenden Asten; ihr
fehlt der breitausladende Wuchs der vorgenannten
Arten. Sie ist daher als Dünenbefestigungspflanze
nicht beliebt und wird nur ab und zu als Wind-
brecher verwendet.
3. Haloxylon Ammodendron C. A. Mey.
Saxaul“ oder „Sasak“"). Dieser, zur Familie der
Chenopodiaceen gehörige Baum ist ebenfalls ein
wichtiger Faktor bei der Festlegung des Flug-
sandes. Von den beiden vorgenannten unter-
scheidet er sich jedoch, wie schon erwähnt, dadurch,
daß er sich in den wehenden Sand nicht
auspflanzen läßt, sondern erst zur Befestigung
verwendet werden kann, nachdem durch künstliche
Anpflanzung der vorgenannten ein gewisser Schutz
geschaffen ist. Diesen Schutz kann u. a. auch
natürliche Bestockung der Dünen mit Aristida
pungens (s. u.) gewähren.
Der Saxaul ist ein Baum von ausgesprochenem
Trauerwuchs.““) Durchschnittlich erreicht er eine
Höhe von 6 bis 8 m. Die Verzweigung beginnt
meist schon am unteren Teile des Stammes, der
in den von mir besuchten Dünengebieten durch-
schnittlich 20 bis 30 cm im Durchmesser erreicht
)Außer obengenannten: C. comosum I.Hér.,
C. eriopodum Bge., C. murex Bge., C. acanthopterum
Borcz. und C. Pallasin L'Heér.
*) Abbildung bei Bessey a. a. O. Tafel 10.
*
hatte. Doch sah ich auch ältere Stämme von
einer Stärke bis zu 70 cm Durchmesser, die aller-
dings innen hohl waren. Die Krone ist reich
verzweigt, die jungen Laubsprosse sind walzen-
förmig, schachtelhalmartig gegliedert, fleischig und
haben einen Durchmesser von 2 bis 3 mm. Die
Blätter sind so minimal entwickelt, daß die Sprosse
fast blattlos erscheinen. Die mehrfach geflügelten
Früchte sind ohne die Flügel etwa 2 mm im Durch-
messer groß. Die Wurzeln sollen eine Länge von
10 m erreichen.
Saxaul gelangt erst im fünften Jahr zur Frucht-
bildung. Die Samen keimen durchschnittlich nach
7 Tagen; die Pflänzlinge bilden zunächst eine
verhältnismäßig lange Pfahlwurzel. Im Pflanz-
garten werden die Samen dieses Baumes nur
2 bis 3 cm tief ausgelegt. Gegen stagnierende
Feuchtigkeit ist die Pflanze außerordentlich emp-
findlich, in früher Jugend auch gegen Fröste. Die
Fähigkeit des Wurzelsystems, den Sand zu binden,
soll bei Saxaul besonders hoch entwickelt sein.
Dazu kommt, daß diese Pflanze ein bedeutend
höheres Alter erreicht als Calligonum und Salsola.
Da, wie gesagt, Saxaul erst im einigermaßen
festgelegten Sande gedeiht, hat man versucht, die
Samen direkt in das Dünenterrain auszusäen. Die
Versuche waren zur Zeit meiner Anwesenheit noch
nicht abgeschlossen, sollten vielmehr noch 5 Jahre
hindurch fortgesetzt werden. Gelingen sie, so
würde mit diesem Verfahren wiederum eine er-
hebliche Kostenersparnis erzielt werden. Immerhin
ist zu beachten, daß die Anzucht von Saxaul auch
im Pflanzgarten nicht leicht ist; selten sollen mehr
als 10 v. H. der Aussaat angehen.
In früherer Zeit ist der Baum vielfach zur
Befestigung des Dammes und der Böschungen
verwendet worden. Als die Bahn noch unter
militärischer Verwaltung stand, hatte General
Kuropatkin Prämien auf die Anpflanzung von
Saxaul ausgesetzt, um die Bahnmeister hierzu
anzuregen. Aus dieser Zeit findet man noch
stellenweise zahlreiche alte Stämme längs der
Schienenstränge.
Abseits von der Bahnlinie und außerhalb der
Dünenzonen sind dichte, alte Bestände von Saxaul
vorhanden. Von dort aus werden mit Kamel-
karawanen Aste und Zweige des Baumes heran-
geschafft, um dieses Material für die Herstellung
von Fangzäunen zu verwenden.
v. Schwarz') nennt Haloxylon Ammodendron
die merkwürdigste und charakteristischste von allen
turkestanischen Baumarten. Nach seinen Angaben
kommt der Baum ausschließlich in den salzhalti-
gen Steppen und Wüsten vor und tritt am rechten
*) F. v. Schwarz, Turkestan. (Freiburg i. B.
1900) S. 369.