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erläutert wurde — den Menschen bei seiner
schweren Arbeit in diesen Wüsten wirksam unter-
stützt.
Nach Schluß der Berichterstattung erheben
sich als nächstliegende Fragen die: ist es möglich,
die Technik der mittelasiatischen Dünen-
befestigung in Südwestafrika zu verwerten?
und weiter: ist es ratsam und erfolgver-
sprechend, die dort bewährten Befesti-
gungspflanzen zu Versuchen nach Afrika
einzuführen? ·
Auf die erste Frage muß ich die Antwort
schuldig bleiben, da ich Südwestafrika nicht aus
eigener Anschauung kenne und nicht in den Fehler
verfallen möchte, eine so überaus schwierige Ma-
terie ohne eigene Kenntnis der örtlichen Ver-
hältnisse rein theoretisch zu behandeln. Jede Er-
örterung darüber müßte unter solchen Umständen
von Fehlschlüssen begleitet sein.
Aber bevor auch diese Frage noch gestellt
werden kann, ist es erforderlich, eine andere zu
lösen, die seit Jahren wiederholt aufgeworfen
wurde, nämlich, ob es überhaupt angebracht sei,
in Südwestafrika mit Bepflanzung der Dünen
vorzugehen. Ob man nicht, schon der hohen
Kosten wegen, hierauf ganz verzichten und sich auf
diejenigen mechanischen Hilfsmittel beschränken
solle, die heute schon mit gewissem Erfolg zur Frei-
haltung des Bahnkörpers von Überwehungen und
zur Entfernung des angewehten Flugsandes von
den Gleisen benutzt werden. Diese Frage läßt
sich noch weniger aus der Ferne entscheiden als
die erste.
Schon vor Jahren sind mannigfache An-
pflanzungsversuche mit dort einheimischen oder
eingeführten Dünenpflanzen oder wenigstens sand-
liebenden Gewächsen begonnen, meist aber, da
erfolglos, wieder aufgegeben worden. Alle diese
Versuche wurden durch verschiedene, hier nicht
näher zu erörternde Momente ungünstig beein-
flußt; ihnen fehlte vor allem die Nachhaltig-
keit, ohne die ein so schwieriges Werk unmöglich
zu einwandfreien Ergebnissen gebracht werden
kann. Und als einwandfrei kann man die bis-
herigen negativen Resultate insofern nicht ansehen,
als die vorliegenden Berichte den Beweis dafür noch
vermissen lassen, daß eine Festlegung der Wander-
dünen durch Bepflanzung in der einen oder der
anderen Form nicht doch durchführbar wäre.
Zu den fraglichen Versuchen wurden u. a.
auch die drei oben genannten Holzgewächse heran-
gezogen, deren man sich in Transkaspien zur
Bepflanzung bedient. Im Winter 1908/09
wurden größere Mengen von Saat aus Farab
beschafft. Aber man war nicht genügend über
die Einzelheiten der immerhin diffzilen Technik
der Anzucht orientiert, hatte auch keine Erfahrung
über die richtigen Termine für Aussaat und
Auspflanzung, und endlich kamen empfindliche
Störungen durch höhere Gewalt dazwischen. So
mußte — trotz eifriger Bemühungen — einst-
weilen der Erfolg ausbleiben.
Ergibt eine neue eingehende Prüfung der
Sachlage, daß in Südwestafrika die Festlegung
der Dünen erwünscht ist, so würde es sich zu-
nächst darum handeln, zu entscheiden, ob diese
Arbeit im Bereich der Eisenbahnstrecke zu be-
ginnen oder ob nicht vielmehr an den Orten der
Entstehung, d. h. unmittelbar an der Küste, mit
Hilfe von Vordünen und weiterer Bepflanzung
leewärts von diesen dem Nachschub größerer Sand-
massen entgegenzuwirken wäre. Von der Lösung
dieses, schon vor Jahren von kritischen Beurteilern
an Ort und Stelle aufgeworfenen Problems wird
es abhängen, welche Art der Festlegung zu wählen
sein wird, und welche Gruppen und Arten von Ge-
wächsen hierfür herangezogen werden müssen. Denn
im unmittelbaren Bereich der Seewinde herrschen
selbstverständlich andere Existenzbedingungen für
den Pflanzenwuchs als unter dem Wüstenklima
des Innern mit seiner außerordentlichen Luft-
trockenheit — von anderen Faktoren ganz zu
schweigen.
Man hat in Südwestafrika bei Erörterung der
Befestigungsfrage unter anderem immer von neuem
darauf hingewiesen, daß schon allein die Luft-
trockenheit und der Mangel an Nieder-
schlägen im Dünengebiet jegliche Bepflanzung
illusorisch machen würden. Diese Beweisführung
trifft nach den in Transkaspien gemachten Er-
fahrungen kaum zu. Denn der Feuchtigkeits-
gehalt der Luft ist auch dort während des größten
Teils des Jahres minimal — sowohl im Sommer
wie auch während der strengen Kälte der Winter-
monate Dezember bis Februar. Ferner sind auch
die jährlichen Niederschlagsmengen daselbst so ge-
ringfügig, daß ihnen, wie oben erwähnt, ein
nennenswerter Einfluß auf das Leben der Dünen-
befestigungspflanzen nicht beigemessen werden kann.
Auch dort reduziert sich ihre Höhe bisweilen bis
auf 25 mm — also auf die maximale Jahres-
menge im Dünengebiet Südwestafrikas.
Dagegen steht hier der Bepflanzung der Wan-
derdünen meines Erachtens ein Faktor hindernd
im Wege, der auch bei der weiteren Behandlung
der Frage wird beachtet werden müssen: der
minimale Gehalt des Dünensandes an
löslichen Pflanzennährstoffen. Hierüber
haben neuerdings ausgeführte Analysen von
eigens dafür beschafften Sandproben aus dem
Gebiete der Dünenstrecke an der Lüderitzbuchter
Bahn schon einigen Aufschluß gegeben. In
Transkaspien dagegen fällt dieses Moment fort.
In früheren Eröterungen über die Frage der