Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

EGE 879 20 
erläutert wurde — den Menschen bei seiner 
schweren Arbeit in diesen Wüsten wirksam unter- 
stützt. 
Nach Schluß der Berichterstattung erheben 
sich als nächstliegende Fragen die: ist es möglich, 
die Technik der mittelasiatischen Dünen- 
befestigung in Südwestafrika zu verwerten? 
und weiter: ist es ratsam und erfolgver- 
sprechend, die dort bewährten Befesti- 
gungspflanzen zu Versuchen nach Afrika 
einzuführen? · 
Auf die erste Frage muß ich die Antwort 
schuldig bleiben, da ich Südwestafrika nicht aus 
eigener Anschauung kenne und nicht in den Fehler 
verfallen möchte, eine so überaus schwierige Ma- 
terie ohne eigene Kenntnis der örtlichen Ver- 
hältnisse rein theoretisch zu behandeln. Jede Er- 
örterung darüber müßte unter solchen Umständen 
von Fehlschlüssen begleitet sein. 
Aber bevor auch diese Frage noch gestellt 
werden kann, ist es erforderlich, eine andere zu 
lösen, die seit Jahren wiederholt aufgeworfen 
wurde, nämlich, ob es überhaupt angebracht sei, 
in Südwestafrika mit Bepflanzung der Dünen 
vorzugehen. Ob man nicht, schon der hohen 
Kosten wegen, hierauf ganz verzichten und sich auf 
diejenigen mechanischen Hilfsmittel beschränken 
solle, die heute schon mit gewissem Erfolg zur Frei- 
haltung des Bahnkörpers von Überwehungen und 
zur Entfernung des angewehten Flugsandes von 
den Gleisen benutzt werden. Diese Frage läßt 
sich noch weniger aus der Ferne entscheiden als 
die erste. 
Schon vor Jahren sind mannigfache An- 
pflanzungsversuche mit dort einheimischen oder 
eingeführten Dünenpflanzen oder wenigstens sand- 
liebenden Gewächsen begonnen, meist aber, da 
erfolglos, wieder aufgegeben worden. Alle diese 
Versuche wurden durch verschiedene, hier nicht 
näher zu erörternde Momente ungünstig beein- 
flußt; ihnen fehlte vor allem die Nachhaltig- 
keit, ohne die ein so schwieriges Werk unmöglich 
zu einwandfreien Ergebnissen gebracht werden 
kann. Und als einwandfrei kann man die bis- 
herigen negativen Resultate insofern nicht ansehen, 
als die vorliegenden Berichte den Beweis dafür noch 
vermissen lassen, daß eine Festlegung der Wander- 
dünen durch Bepflanzung in der einen oder der 
anderen Form nicht doch durchführbar wäre. 
Zu den fraglichen Versuchen wurden u. a. 
auch die drei oben genannten Holzgewächse heran- 
gezogen, deren man sich in Transkaspien zur 
Bepflanzung bedient. Im Winter 1908/09 
wurden größere Mengen von Saat aus Farab 
beschafft. Aber man war nicht genügend über 
die Einzelheiten der immerhin diffzilen Technik 
der Anzucht orientiert, hatte auch keine Erfahrung 
  
über die richtigen Termine für Aussaat und 
Auspflanzung, und endlich kamen empfindliche 
Störungen durch höhere Gewalt dazwischen. So 
mußte — trotz eifriger Bemühungen — einst- 
weilen der Erfolg ausbleiben. 
Ergibt eine neue eingehende Prüfung der 
Sachlage, daß in Südwestafrika die Festlegung 
der Dünen erwünscht ist, so würde es sich zu- 
nächst darum handeln, zu entscheiden, ob diese 
Arbeit im Bereich der Eisenbahnstrecke zu be- 
ginnen oder ob nicht vielmehr an den Orten der 
Entstehung, d. h. unmittelbar an der Küste, mit 
Hilfe von Vordünen und weiterer Bepflanzung 
leewärts von diesen dem Nachschub größerer Sand- 
massen entgegenzuwirken wäre. Von der Lösung 
dieses, schon vor Jahren von kritischen Beurteilern 
an Ort und Stelle aufgeworfenen Problems wird 
es abhängen, welche Art der Festlegung zu wählen 
sein wird, und welche Gruppen und Arten von Ge- 
wächsen hierfür herangezogen werden müssen. Denn 
im unmittelbaren Bereich der Seewinde herrschen 
selbstverständlich andere Existenzbedingungen für 
den Pflanzenwuchs als unter dem Wüstenklima 
des Innern mit seiner außerordentlichen Luft- 
trockenheit — von anderen Faktoren ganz zu 
schweigen. 
Man hat in Südwestafrika bei Erörterung der 
Befestigungsfrage unter anderem immer von neuem 
darauf hingewiesen, daß schon allein die Luft- 
trockenheit und der Mangel an Nieder- 
schlägen im Dünengebiet jegliche Bepflanzung 
illusorisch machen würden. Diese Beweisführung 
trifft nach den in Transkaspien gemachten Er- 
fahrungen kaum zu. Denn der Feuchtigkeits- 
gehalt der Luft ist auch dort während des größten 
Teils des Jahres minimal — sowohl im Sommer 
wie auch während der strengen Kälte der Winter- 
monate Dezember bis Februar. Ferner sind auch 
die jährlichen Niederschlagsmengen daselbst so ge- 
ringfügig, daß ihnen, wie oben erwähnt, ein 
nennenswerter Einfluß auf das Leben der Dünen- 
befestigungspflanzen nicht beigemessen werden kann. 
Auch dort reduziert sich ihre Höhe bisweilen bis 
auf 25 mm — also auf die maximale Jahres- 
menge im Dünengebiet Südwestafrikas. 
Dagegen steht hier der Bepflanzung der Wan- 
derdünen meines Erachtens ein Faktor hindernd 
im Wege, der auch bei der weiteren Behandlung 
der Frage wird beachtet werden müssen: der 
minimale Gehalt des Dünensandes an 
löslichen Pflanzennährstoffen. Hierüber 
haben neuerdings ausgeführte Analysen von 
eigens dafür beschafften Sandproben aus dem 
Gebiete der Dünenstrecke an der Lüderitzbuchter 
Bahn schon einigen Aufschluß gegeben. In 
Transkaspien dagegen fällt dieses Moment fort. 
In früheren Eröterungen über die Frage der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.