Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

W 880 eo 
Dünenbepflanzung in Südwestafrika ist wiederholt 
die Forderung aufgestellt worden, man solle sich 
bei Auswahl der hierfür zu benutzenden Gewächse 
nur an die Flora des Landes halten und von 
fremdländischen Einführungen absehen. Das klingt 
zwar durchaus einleuchtend, ist aber nur bedingt 
richtig. Freilich versprechen die Vertreter der 
südwestafrikanischen Sandwüstenflora a priori 
bessere Erfolge denn Fremdlinge, weil sie dem 
dortigen Klima und Boden bereits angepaßt sind. 
Damit ist aber noch nicht gesagt, daß sie sich 
ihrer Mehrzahl nach zur künstlichen Dünen- 
befestigung eignen. Auch in Turan hat sich ge- 
zeigt, daß der Kreis der hierfür brauchbaren ein- 
heimischen Gewächse recht eng ist. Ehe man aber 
zu dieser Erfahrung gelangte, hat man jahrelang 
in exakter Versuchsarbeit alle im Dünengebiet 
vorkommenden Gewächse, soweit sie von vorn- 
herein überhaupt für die Bindung des Flugsandes 
in Betracht kommen konnten, einzeln auf ihre 
individuellen Bedürfnisse und Eigenschaften ge- 
prüft. Dieses, ein großes Maß von Beharrlichkeit 
und Fleiß voraussetzende Verfahren würde auch 
für Südwestafrika unerläßlich sein, wenn man sich 
dort für systematische Bepflanzungsarbeiten ent- 
scheidet. Gewisse Erfahrungen in positivem Sinne 
— so z. B. für Eragrostis spinosa — dürften 
auch dort schon vorliegen. Daß die negativ aus- 
gefallenen Versuche teilweise noch einmal wieder- 
holt werden müßten, erscheint mir unzweifelhaft. 
Denn nach den vorliegenden Berichten scheint die 
Versuchsanstellung nicht immer fehlerfrei gewesen 
zu sein. Ein Beispiel dafür wurde schon oben 
erwähnt. 
Man würde sich nun von vornherein die 
Arbeit wesentlich erleichtern und würde die Chancen 
auf Erfolg vergrößern können, wenn man für 
diese Versuchsarbeit solche ausländische, als Be- 
festigungspflanzen bewährte Gewächse heranzöge, 
die auch unter den in Südwestafrika obwaltenden 
Verhältnissen wenigstens einige Aussicht auf Ge- 
deihen eröffnen. Die Auswahl würde sich, wie 
gesagt, danach zu richten haben, ob man die 
Dünen an der Bahnstrecke oder an der Küste 
festlegen will. Im ersteren Falle möchte ich 
raten, an den transkaspischen Dünenpflanzen nicht 
achtlos vorüber zu gehen. Denn namentlich an 
für die Bindung des Sandes geeigneten Holz- 
gewächsen scheint in Südwestafrika Mangel zu 
herrschen. (Nur eine Salsola-Art wird in dortigen 
Berichten erwähnt.) Allerdings ist der Erfolg, 
das kann nicht verschwiegen werden, zweifelhaft. 
Denn einmal ist die „große Periode“ dieser 
asiatischen Pflanzen auf den Winter, und zwar einen 
strengen wenn auch kurzen Winter abgestimmt, und 
zum zweiten erreichen ihre Wurzeln, wenigstens auf 
den niedrigen Dünen, in gewissem Alter einmal 
  
den nährstoffreichen Lößboden des Untergrundes. 
Im südwestafrikanischen Dünengebiet, wo es sich 
um ungleich mächtigere Sandwälle handelt, ist 
hierzu kaum Aussicht vorhanden. Zudem sollen 
hier, wenigstens streckenweise, die Dünen auf 
nackten Felsen ruhen. Trotz alledem sollte ge- 
gebenenfalls ein Versuch gemacht werden. Man 
würde ihn aber wohl zunächst auf Salsola ar- 
buscula und Calligonum-Arten zu beschränken 
haben, Haloxylon Ammodendron dagegen erst 
später eventuell heranziehen.') Für eine Vor- 
düne käme — nach den Mustern der Kurischen 
Nehrung — nur Sandgraspflanzung in Betracht. 
Man hat in früheren Jahren auch an leewärts 
anzulegende Kiefern-Aufforstungen gedacht; daß 
solche unter den bestehenden klimatischen Verhält- 
nissen unmöglich sind, bedarf kaum näherer Be- 
gründung. 
Aber wie auch die Entscheidung fallen möge, 
für künstliche Bindung des Dünensandes an der 
Bahn oder an der Küste: in jedem Falle be- 
darf es gründlicher Studien über die 
Eigenart und die Bedürfnisse der ein- 
zelnen Gewächse, ferner zweckmäßig an- 
gelegter und ebenso betriebener Anzucht- 
gärten, vor allem aber eines, in der 
Dünenbefestigung spezialistisch ausgebil- 
deten und erfahrenen Personals. Für eine 
dilettantenhafte Behandlung sind diese Aufgaben 
viel zu schwierig. Solche kann nur dazu führen, 
die Kernpunkte der zu bearbeitenden Fragen zu 
verwischen und die Erfolge zu vereiteln oder 
mindestens erheblich zu verzögern. 
Körderung des bHbandels der siolonten mit dem 
Mutterlande in England. 
Der koloniale Nachrichtendienst in Eng- 
land. Der kolonialen Nachrichtenvermittlung für 
Handel, Industrie und Landwirtschaft dient in 
England das Commereial Intelligence Branch 
des Board of Trade in London. Im Aus- 
kunftszimmer dieser Nachrichtenabteilung werden 
mündliche Anfragen über die verschiedenen 
von der Abteilung behandelten Gegenstände be- 
antwortet; im Musterzimmer werden Muster 
ausländischer Fabrikate, die in britischen Kolonien 
mit britischen Erzeugnissen konkurrieren, sowie 
Proben kolonialer Rohprodukte ausgestellt; im 
Lesezimmer liegen die neuesten amtlichen Ver- 
öffentlichungen der Kolonien sowie die neuesten 
Kolonial-Handelsadreßbücher aus. 
*) Vielleicht würde der Saraul aber zu An- 
pflanzungen in südwestafrikanischen Salzsteppen ver- 
wendet werden können, um später als Brennholglieferant 
ebenso wertvolle Dienste zu leisten wie in seiner Heimat.
	        
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