W 880 eo
Dünenbepflanzung in Südwestafrika ist wiederholt
die Forderung aufgestellt worden, man solle sich
bei Auswahl der hierfür zu benutzenden Gewächse
nur an die Flora des Landes halten und von
fremdländischen Einführungen absehen. Das klingt
zwar durchaus einleuchtend, ist aber nur bedingt
richtig. Freilich versprechen die Vertreter der
südwestafrikanischen Sandwüstenflora a priori
bessere Erfolge denn Fremdlinge, weil sie dem
dortigen Klima und Boden bereits angepaßt sind.
Damit ist aber noch nicht gesagt, daß sie sich
ihrer Mehrzahl nach zur künstlichen Dünen-
befestigung eignen. Auch in Turan hat sich ge-
zeigt, daß der Kreis der hierfür brauchbaren ein-
heimischen Gewächse recht eng ist. Ehe man aber
zu dieser Erfahrung gelangte, hat man jahrelang
in exakter Versuchsarbeit alle im Dünengebiet
vorkommenden Gewächse, soweit sie von vorn-
herein überhaupt für die Bindung des Flugsandes
in Betracht kommen konnten, einzeln auf ihre
individuellen Bedürfnisse und Eigenschaften ge-
prüft. Dieses, ein großes Maß von Beharrlichkeit
und Fleiß voraussetzende Verfahren würde auch
für Südwestafrika unerläßlich sein, wenn man sich
dort für systematische Bepflanzungsarbeiten ent-
scheidet. Gewisse Erfahrungen in positivem Sinne
— so z. B. für Eragrostis spinosa — dürften
auch dort schon vorliegen. Daß die negativ aus-
gefallenen Versuche teilweise noch einmal wieder-
holt werden müßten, erscheint mir unzweifelhaft.
Denn nach den vorliegenden Berichten scheint die
Versuchsanstellung nicht immer fehlerfrei gewesen
zu sein. Ein Beispiel dafür wurde schon oben
erwähnt.
Man würde sich nun von vornherein die
Arbeit wesentlich erleichtern und würde die Chancen
auf Erfolg vergrößern können, wenn man für
diese Versuchsarbeit solche ausländische, als Be-
festigungspflanzen bewährte Gewächse heranzöge,
die auch unter den in Südwestafrika obwaltenden
Verhältnissen wenigstens einige Aussicht auf Ge-
deihen eröffnen. Die Auswahl würde sich, wie
gesagt, danach zu richten haben, ob man die
Dünen an der Bahnstrecke oder an der Küste
festlegen will. Im ersteren Falle möchte ich
raten, an den transkaspischen Dünenpflanzen nicht
achtlos vorüber zu gehen. Denn namentlich an
für die Bindung des Sandes geeigneten Holz-
gewächsen scheint in Südwestafrika Mangel zu
herrschen. (Nur eine Salsola-Art wird in dortigen
Berichten erwähnt.) Allerdings ist der Erfolg,
das kann nicht verschwiegen werden, zweifelhaft.
Denn einmal ist die „große Periode“ dieser
asiatischen Pflanzen auf den Winter, und zwar einen
strengen wenn auch kurzen Winter abgestimmt, und
zum zweiten erreichen ihre Wurzeln, wenigstens auf
den niedrigen Dünen, in gewissem Alter einmal
den nährstoffreichen Lößboden des Untergrundes.
Im südwestafrikanischen Dünengebiet, wo es sich
um ungleich mächtigere Sandwälle handelt, ist
hierzu kaum Aussicht vorhanden. Zudem sollen
hier, wenigstens streckenweise, die Dünen auf
nackten Felsen ruhen. Trotz alledem sollte ge-
gebenenfalls ein Versuch gemacht werden. Man
würde ihn aber wohl zunächst auf Salsola ar-
buscula und Calligonum-Arten zu beschränken
haben, Haloxylon Ammodendron dagegen erst
später eventuell heranziehen.') Für eine Vor-
düne käme — nach den Mustern der Kurischen
Nehrung — nur Sandgraspflanzung in Betracht.
Man hat in früheren Jahren auch an leewärts
anzulegende Kiefern-Aufforstungen gedacht; daß
solche unter den bestehenden klimatischen Verhält-
nissen unmöglich sind, bedarf kaum näherer Be-
gründung.
Aber wie auch die Entscheidung fallen möge,
für künstliche Bindung des Dünensandes an der
Bahn oder an der Küste: in jedem Falle be-
darf es gründlicher Studien über die
Eigenart und die Bedürfnisse der ein-
zelnen Gewächse, ferner zweckmäßig an-
gelegter und ebenso betriebener Anzucht-
gärten, vor allem aber eines, in der
Dünenbefestigung spezialistisch ausgebil-
deten und erfahrenen Personals. Für eine
dilettantenhafte Behandlung sind diese Aufgaben
viel zu schwierig. Solche kann nur dazu führen,
die Kernpunkte der zu bearbeitenden Fragen zu
verwischen und die Erfolge zu vereiteln oder
mindestens erheblich zu verzögern.
Körderung des bHbandels der siolonten mit dem
Mutterlande in England.
Der koloniale Nachrichtendienst in Eng-
land. Der kolonialen Nachrichtenvermittlung für
Handel, Industrie und Landwirtschaft dient in
England das Commereial Intelligence Branch
des Board of Trade in London. Im Aus-
kunftszimmer dieser Nachrichtenabteilung werden
mündliche Anfragen über die verschiedenen
von der Abteilung behandelten Gegenstände be-
antwortet; im Musterzimmer werden Muster
ausländischer Fabrikate, die in britischen Kolonien
mit britischen Erzeugnissen konkurrieren, sowie
Proben kolonialer Rohprodukte ausgestellt; im
Lesezimmer liegen die neuesten amtlichen Ver-
öffentlichungen der Kolonien sowie die neuesten
Kolonial-Handelsadreßbücher aus.
*) Vielleicht würde der Saraul aber zu An-
pflanzungen in südwestafrikanischen Salzsteppen ver-
wendet werden können, um später als Brennholglieferant
ebenso wertvolle Dienste zu leisten wie in seiner Heimat.