Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Koamerun. 
Übernahme des von Frankreich an Deutschland 
abgetretenen Gebletes swischen dem östlichen 
éS#gone und dem Uam. 
(Mit einer Kartenskizze.) 
Nach dem Berner Abkommen vom 28. Sep- 
tember 1912 sollten am 1. Juni d. Js. die beiden 
letzten Stücke des von Frankreich an Deutsch- 
land abgetretenen Gebietes in deutsche Verwaltung 
übergehen, nämlich 1. das Gebiet auf dem linken 
Ufer des Sanga nördlich und südlich von Ba- 
janga, 2. das Gebiet zwischen dem östlichen 
Logone und dem Unm. 
An demselben Tage sollte der zweite Teil des 
von Deutschland an Frankreich abgetreienen 
Gebietes zwischen Liumia und Logone von 
Frankreich übernommen werden. Die Übernahme 
des letzterwähnten Gebietes hat in förmlicher Weise 
am 1. Juni in Bongor stattgefunden; an dem 
gleichen Tage ist in Bajanga das zugehörige 
Gebiet deutscherseits in förmlicher Verhandlung 
übernommen worden.) 
Das Gebiet zwischen dem östlichen Logone 
und dem Uam, in dem kein französischer Posten 
lag, sollte nach einer Vereinbarung zwischen den 
zuständigen Gouverneuren formlos übergehen. 
Oberleutnant v. Hagen, der Leiter des Bezirks 
Ober-Sanga-Uam, dem der größere Teil des zu- 
letzt übergehenden Gebietes unterstellt wurde, hat 
nun dies Gebiet in der Zeit vom 9. bis zum 
19. Juni bereist. Er berichtet darüber folgender- 
maßen: 
Am 9. Juni marschierte ich mit Leutnant 
Naumann, 36 Soldaten, wenigen Trägern und 
Soldatenjungen vom Posten Bosum nach Norden 
ab, um das Deutschland am 1. Juni 1913 ab- 
getretene Gebiet zu übernehmen. Den Ein- 
geborenen bei Bosum war es kaum bekannt. 
Sie kannten lediglich die mitten durch das Gebiet 
führende Viehstraße, auf der Bagirmi und Schua- 
Araber von Lai aus Großvieh einführen. Sollte 
schon diese trotz vieler Kämpfe der Franzosen, 
Errichtung von Posten in Gore, Lia und Bosum 
nicht ganz sicher sein, so sollte jeden, der die 
Straße verließ, das Schicksal erreichen, getötet 
und aufgefressen zu werden. Bestätigt wurden 
diese Angaben allerdings dadurch, daß am 6. Juni 
die Kolonne des Dr. Houy der Logone—Pama-= 
Grenzexpedition beim Requirieren von Lebens- 
mitteln von Leuten aus Ssenge angefallen 
wurde, wobei drei Träger fielen. Den Weiter- 
marsch der Kolonne legten sich die Ssenge-Leute 
als Sieg aus und wollten nun, kühn gemacht, 
) Vgl. „D. Kol. Bl.= 1913, Nr. 18, S. 806. 
  
die Leute von Tari überfallen. Deren Häupt- 
ling Maede wandte sich um Hilfe an mich. Da 
die Ssenge-Leute im Mai — allerdings noch 
unter französischer Herrschaft — auch Vieh- 
karawanen überfallen hatten, wofür sie noch nicht 
bestraft worden waren, schien es höchste Zeit, fie 
zu bestrafen. Bot sich doch hierdurch die Ge- 
legenheit, sogleich bei der Ubernahme des Landes 
den Eingeborenen zu zeigen, daß in deutschem 
Gebiet Raub und Mord nicht geduldet würden. 
Nach anderthalbstündigem Marsche erreichten 
wir den Uam, der sich in vielen Windungen 
durch felsiges Bett seinen Lauf gegraben hat. Er 
war trotz der in diesem Jahre ausnehmend großen 
Trockenheit noch etwa 2 m tief. Wir setzten auf 
einem Fährboot der Compagnie commerciale de 
colonisation du Congo Français über, das diese 
zerlegt über Land hatte herschaffen lassen. Vor 
uns lag eine weite Ebene, eine grünende Baum- 
steppe, deren Abschluß im Westen und Norden in 
etwa 20 km Entfernung eine steil aus der Ebene 
emporsteigende Gebirgsmasse von 300 bis 400 m 
rel. Höhe bildete. 
Ülber mehrere Bachläufe, von denen nur zwei 
stagnierendes Wasser führten, näherten wir uns 
dem Gebirge, wobei wir zahlreiche Herden von 
Sumpfböcken aufscheuchten. Der alluviale Boden 
war sandig, mit nur geringer Humusdecke. Late- 
ritische Bildungen, wie südlich des Uam die 
Regel, waren nicht vorhanden, doch treten einzelne 
Bänke von Feldspat zutage. Der Boden war 
fruchtbar genug, um selbst Durrakorn zu reifen; 
von Farmen oder Siedlungen war jedoch nichts 
zu sehen. Der Kampf ums Dasein bannte die 
Bewohner in die Berge. Hatten doch hierher 
noch zu einer Zeit, als das Gebiet nominell schon 
französisch war, Fulbe aus Ngaundere und Rei 
Buba, Mbum aus Kunde ihre Sklavenzüge 
gemacht. 
Als wir uns dem Gebirge näherten, konnten 
wir dessen eigentümliche Beschaffenheit erkennen. 
Es ist keine zusammenhängende Gebirgskette, son- 
dern ein unregelmäßiges Gebilde steil aufragender 
Einzelberge, zwischen denen sich tief eingeschnittene 
Schluchten hindurchziehen. Steil mit teilweise 
senkrechten, sogar überhängenden Wänden steigt 
der einzelne Berg 200 bis 300 m hinan. Be- 
deckt ihn in seinem unteren Teile noch Erde, so 
bildet den Gipfel eine regellos aufeinandergetürmte 
Masse von Granitblöcken, deren einzelne oft 100 m 
Mächtigkeit besitzen. Es scheint, als ob im Laufe 
der Zeiten die Niederschläge von den Gipfeln 
die deckende Erde weggewaschen und sich dann 
die zurückbleibenden schweren Gesteinsmassen ge- 
setzt haben, wo sie nun, in den merkwürdigsten
	        
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