Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

W 94 20 
als Eingeborenenreserve ausgeschiedenen Insel 
Undaga, gehören der Neu-Guinea-Kompagnie. 
Die Inseln Wambu und Undaga sind unbe- 
wohnt, alle übrigen Inseln sind bevölkert. Die 
Eingeborenen waren früher bedeutend zahreicher, 
sie hatten unter einer Pockenepidemie, welche im 
Jahre 1897 große Verheerungen unter ihnen an- 
richtete und ganze Dörfer zum Aussterben brachte, 
sehr zu leiden. Immerhin beträgt auch jetzt noch 
die Bevölkerungsdichte 23,5 Eingeborene auf den 
Quadratkilometer, ist also für die Verhältnisse des 
Schutzgebiets sehr gut. Die Eingeborenen find 
in Stamm und Sprache nahe verwandt mit den 
Eingeborenen der Willaumez-Halbinsel und des 
westlichen Nord-Neupommern, mit denen sie auch 
einen lebhaften Verkehr pflegen. 
Im Jahre 1911 war die eingeborene Be- 
völkerung der Witu-Inseln gezählt und auf 
1356 Personen festgestellt worden, von denen 527 
Personen auf der Insel Unea, der zweitgrößten 
Insel der Gruppe, wohnten. Die Bevölkerung 
von Unea war bisher als bedeutend größer an- 
genommen worden. Da verschiedene Anzeichen 
— insbesondere die Tatsache, daß allein bei der 
auf Unea gelegenen Pflanzung Bali der Neu- 
Guinea-Kompagnie 140 Unea-Leute als Arbeiter 
beschäftigt waren — es als wahrscheinlich er- 
scheinen ließen, daß die frühere Zählung nicht 
erschöpfend gewesen war, so wurde in der Zeit 
vom 14. bis 18. Mai 1913 eine abermalige 
Zählung der Eingeborenen von Unea vorgenommen. 
Die Zählung erfolgte in der Weise, daß jedes 
einzelne Eingeborenengehöft aufgesucht und die 
Bevölkerung jeder einzelnen Hütte festgestellt 
wurde. Diese Art der Zählung erforderte, da es 
sich um eine große Anzahl sehr zerstreut und 
versteckt, teilweise in wild zerrissenem Gelände 
liegender Ortschaften handelte, einen großen Zeit- 
aufwand und war mit erheblichen körperlichen 
Anstrengungen verbunden. Es wurden hierbei 
97, vielfach nur aus wenigen Hütten bestehende 
und nur von einer oder zwei Familien bewohnte 
Ortschaften festgestellt, von welchen ein ziemlicher 
Teil bisher unbekannt und bei der ersten Zählung 
unberücksichtigt geblieben war. Die so neuerdings 
festgestellte Bevölkerung der Insel Unea beträgt 
1070 Personen, nämlich 391 Männer, 357 Frauen, 
213 Knaben und 109 Mädchen. 
Aber auch diese zweite Zählung kann, trotzdem 
bei ihr alle nur mögliche Sorgfalt angewendet 
wurde, auf Vollständigkeit keinen Anspruch machen. 
Es wurden vielmehr zweifellos von den Einge- 
borenen Kinder verheimlicht. Dies hängt, wie 
  
mir später die Eingeborenen erklärten, mit dem 
Aberglauben zusammen, daß ein Kind, auf welches 
der Blick eines Weißen fällt oder dessen Name 
in Gegenwart eines Weißen genannt wird, sterben 
muß. Ein typisches Beispiel dieses Aberglaubens 
gibt folgender Vorfall: Im Dorfe Kumbort 
hatte ein Tultul, früherer Polizeisoldat, angegeben, 
kinderlos zu sein. Bei der Untersuchung seiner 
Hütte wurde jedoch ein kleines, ihm gehöriges 
Kind gefunden. Als Grund, warum er dieses 
Kind verheimlicht habe, gab der Tultul die Be- 
fürchtung an, das Kind werde sterben, wenn es 
mein Blick getroffen habe. Ferner wurden nur 
verschwindend wenige Kinder im Alter von zehn 
Jahren und darüber vorgefunden. Da es aus- 
geschlossen erscheint, daß fünf oder sechs Jahres- 
klassen vollständig ausgesallen sind, so bleibt nur 
die Erklärung übrig, daß die Kinder dieses Alters 
absichtlich verheimlicht worden sind, sei es aus 
Furcht vor der Anwerbung oder aus anderen 
Gründen. Einen solchen Fall der Verheimlichung 
konnte ich feststellen. Ein mir persönlich bekannter 
früherer Soldat hatte mir angegeben, er sei mit 
einem in einem anderen Dorfe wohnenden Mädchen 
verlobt. Als ich in dieses Dorf kam, wurde mit 
dieses Mädchen nicht gezeigt, und weitere Be- 
wohner als die, die ich vorfand, waren nach An- 
gabe der Leute nicht vorhanden. Als ich jedoch 
unter Nennung des Namens darauf bestand, das 
Mädchen zu sehen, riefen die Eingeborenen in 
den Wald hinein, und sofort erschien ein voll- 
kommen nacktes, etwa vierzehnjähriges Mädchen, 
das offenbar in unmittelbarer Nähe des Dorfes 
versteckt gewesen war. Auch Erwachsene suchten 
sich der Zählung vielfach zu entziehen, wahrschein- 
lich weil sie wußten, daß die Aufnahme in die 
Zählliste auch die Heranziehung der Kopfsteuer 
zur Folge hatte. Unter Berücksichtigung all dieser 
Umstände darf man wohl annehmen, daß die Be- 
völkerung von Unea mit 1300 Personen eher zu 
niedrig als zu hoch geschätzt ist. 
Auch auf den übrigen Inseln der Gruppe 
wurde eine abermalige Volkszählung vorgenommen- 
Auch hier ergab sich dadurch, daß jeweils einige 
bisher übersehene Witwen und Waisen festgestel 
wurden, eine geringe Erhöhung der bisher g 
wonnenen Ziffern. Die Zahlen von diesen Inseln 
geben, da es sich um kleinere und meist leichter 
zugängliche Gemeinden handelt, wohl ein ziemli 
genaues Bild der Bevölkerung. 
Die gesamte Eingeborenenbevölkerung der 
Inselgruppe stellt sich sonach dar, wie folgt:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.