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werden, wie es wünschenswert gewesen wäre.
Immerhin waren wertvolle Ergänzungen der
Schnellbeobachtungen der ersten Tage möglich.
Besucht wurden der Reihe nach folgende
Inseln: Mundua, Goru, ITschileng und
Witu (Garowe). Als wesentliches Ergebnis der
Beobachtungen möchte ich vorausschicken, daß der
allgemeine Eindruck in gesundheitlicher Beziehung
günstig war.
Der Ernährungszustand der Leute war be-
friedigend. Wirklicher Nahrungsmangel tritt an-
geblich nur äußerst selten ein. Die Eingeborenen
ernähren sich im wesentlichen von Kokosnuß, Ba-
nanen, Brotfrucht, Galip, Ngepe, Kum, Ubia,
Süßkartoffeln, Taro, Kambiri (große aus Nakanai
eingeführte Taro-Art), Jam, Fisch, Schwein; als
Genußmittel steht auch hier die Betelnuß obenan.
Fruchtbäume (Kokosnuß, Brotfrucht und Betel-
palme) stehen in der Nähe der Dörfer oft in sehr
reichlicher Menge, ein wahrer Fruchtgarten der
Eingeborenen. Dash
mittel ist die Kokosnuß. Sie ist so reichlich vor-
handen, daß sehr oft nur die „Milch“ getrunken,
die Schale mit dem „Fleisch“ der Nuß daun
aber fortgeworfen wird, teils den Schweinen oder
Hunden als Nahrung dient, teils aber auch un-
genutzt verrottet. Daher sollte m. E. weniger
darauf hingedrängt werden, neue Kokospflanzungen
anzulegen, als die alten Bestände sauber und frei
von Unterholz zu halten, und besonders sollte auf
den größeren Anbau von Feldfrüchten, Gemüsen,
Bananen und Papayas hingewirkt werden. Be-
sonders letztere Frucht ist nur ganz vereinzelt in
der Nähe der Ansiedlungen von Weißen zu treffen.
Fast die gesamte Pflanzungsarbeit liegt in den
Händen der Weiber, ja selbst das Herunterholen
der Kokosnüsse von den Bäumen ist ihre Sache.
Kein Mann würde sich dazu herablassen, eine
Nuß von der Palme zu holen. Täte er es, so
würde man ihn auslachen, und sein Ansehen
wäre stark gesunken. Nur wenn er sich ganz un-
beobachtet glaubt und Hunger oder Durst gar zu
sehr drängen, würde er auch diese „Weiberarbeit“
verrichten.
Die Wohnungen der Eingeborenen sind schlecht.
Sie stehen zu ebener Erde; das Schlaflager
bilden Bambus= oder andere Aste, die sich fast
kaum über den Erdboden erheben.
Bei dem stark lehm= und tonhaltigen Boden
ist vor allem in der Regenzeit das Wohnen in
diesen Häusern, die infolge mangelhafter Sorgfalt
beim Bau schon an und für sich gegen Wind und
Wetter wenig Schutz bieten, gesundheitsschädlich.
Gut gebaute Häuser auf Pfosten oder viel höhere
Lagerstellen würden vielen Krankheiten den Boden
entziehen.
Wie die meisten der Melanesen sind auch die
Einwohner der Witu-Inseln wenig widerstands-
fähig gegen Krankheiten. Die Inselgruppe war
früher reichlich bevölkert, bis durch die Pocken-
epidemie, die in den Jahren 1896 und 1897 von
Niederländisch-Indien her auch in Neuguinea,
Neupommern und den Witu-Inseln ihren Einzug
hielt, manche Dörfer fast vollständig ausstarben.
Die geringe Widerstandsfähigkeit gegen Krank-
heiten macht sich besonders geltend bei Eintritt
kalten, regnerischen Wetters. Bronchialkatarrh,
Brustfell= und Lungenentzündungen, die durch
eine latent vorhandene Tuberkulose besonders ver-
hängnisvoll werden können, sind die Erkrankungen,
die die Eingeborenen sehr häufig befallen. In-
wieweit andere Erkrankungen, wie Malaria, Dys-
enterie, Ankylostomiasis, Framboesie und große
Beingeschwüre die Gesundheit des Volkes bedrohen,
ließ sich aus den erwähnten Gründen nicht sicher
feststellen. Als Anhalt möge folgende Zusammen-
stellung dienen:
Es leiden an:
35 v.H. der Bevölkerung
—
Angenkrankheiten
Malaria (hier wurden nur
die Kinder mit fühlbarer
lt)
Milz gezäh 63 —-
3. Tuberkulose der Lungen. 0,5-
4. Akuten Hautkrankheiten 5
5. Chronischen Hautkrank-
heiten (vor allem Ring-
wurm) 40
6. Großen unterschenkel- und
Fußgeschwüren ..7
7. Kleineren uute . 12 „
8. Verstümmelung der F 6
nach ausgeheilten We 2,5-
9. Framboesie .. 17 —-
10. Starker Verdickung der
Unterschenkel ohne größere
Narben (Filarien!)) 1
Außerdem beobachtete ich noh einen granten
mit vollkommener einseitiger Armlähmung, einen
Mann mit ausgedehntem Haarschwund und einen
Mann, der an Altersschwäche litt.
Die Bevölkerung ist im allgemeinen nicht
schen und würde den Ratschlägen eines Arztes
zugänglich sein, dem die Möglichkeit gegeben ist,
mehrere Monate unter ihr zu leben und ihr die
Vorteile besserer Wohnungshygiene und der euro-
päischen Heilkunst vor Augen zu führen.
Errichtung der Statlon K gorum.
Am 7. September wurde am Kaiserin=
Augustafluß (Sepik) die Kaiserliche Station
Angorum eröffnet. Die Station liegt auf der
linken Flußseite etwa auf der Höhe, wo auf den
neueren Karten der Name Wolem eingetragen ist.