Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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7. Die letzten Wollsaisons zeigen, zu welchen wirt- 
schaftlichen Widersprüchen diese Lage des Wollmarktes 
führen muß. Troßz unbefriedigender Beschäftigung der 
Wollindustrie, teuren Geldstandes, und zeitweiser politi- 
scher Unsicherheit konnten die Wollpreise sich halten 
und sogar steigen, weil die Schurerträge kaum aus- 
reichen, den eingeschränkten Maschinenbedarf zu be- 
friedigen. Geradezu katastrophale Verhältnisse müssen 
für die Wollindustrie eintreten, wenn — wie perioden- 
weise in Australien — in einem Hauptgebiet durch 
elementare Ereignisse (Dürre) gewaltige Ausfälle im 
Schmrertrage, erfolgen würden 
läßt sich heute och gar nicht voraussehen, 
ob W- der seit Anfang Dezember dieses Jahres 
in den Vereinigten Staaten von Amerika eingeführten 
Zollfreiheit für Wolle ein allmählicher Rückgang der 
dortigen, recht bedeutenden Wollproduktion erfolgen 
wird, wie es von den damerilanischen Züchtern vor- 
ausgesagt wird. Der dann zu erwartende wesentlich 
verstärkte Rückgriff der amerikanischen Wollindustrie 
auf die Gebiete, aus denen Deutschland seinen Bedarf 
deckt, müßte die Versorgungsfrage für unsere In- 
dustrie weiter ungünstig gestalten. 
9. Alle diese Gründe sbrechen zwingend zu die 
unbedingt notwendige Vergrößerung S 
produktion. An ihr sind Wollhandel und Weöhinunaie 
(Spinner wie Weber) und weiter namentlich der Konsum, 
im besonderen also auch der Arbeiter, interessiert. 
10. Wie in der analogen Frage der Baumwoll= 
industric, so wäre auch für die Ausdehunng der kolo- 
nialen Schafzucht eine internationale Fühlung-= 
nahme unter den Kolonialmächten gewiß sehr 
erwinscht. lh Frankreich und Spanien könnten 
1 Marokko viel leisten. Der Mangel an Meuschen in 
Hrnron nd oelahbers auswanderungslustiger Per- 
sonen läßt befürchten, daß das für Schafzucht besonders 
geeignete neue Marorkmwiich Kolonialgebiet in dieser 
Richtung Anerschlossen ble 
11. Da S#lschtande bereer seinen Schutzgebieten 
einige besitzt, in denen die Voraussetzungen für eine 
koloniale Schafzucht erfüllt zu sein scheinen, so sollte 
mit Schleunigkeit alles getan werden, die Grundlagen 
für eine breite koloniale Schafzucht zu schaffen 
und die schon heute vorhandenen Ansätze zu fördern. 
B. Die Wollschafzucht in den Kolonien. 
lber die Wollschafzucht in den Kolonien 
teilte Dr. Golf, Professor der kolonialen Landwirt- 
schaft an der Universität Leipzig, u. a. das Folgende mit: 
Deutschlands Einfuhr an Wolle betrug im Jahre 
1911 abzüglich der Wiederausfuhr 190 849 Tonnen im 
Werte von 353 334 000 Ac. Reichlich 85 v. H. der ein- 
geführten Wolle werden von außerenropäischen Ländern 
geliefert, von Australien, Ar entinien, Britisch-Süd- 
afrika, also von Ländern, welche in ihren Hauptschaf- 
zuchtgebieten ähnliche klimatische Verhältnisse besitzen 
vie Deutsch-Südwestafrika. Was diese Länder 
eisten, werden wir in Südwestafrika auch zu leisten 
stande sein. Wir sehen ferner die ermutigenden An- 
änge einer aufblühenden Wollschafzucht auf der Hoch- 
landsteppe von Britisch-Ostafrika — ein Ansporn für 
uns, das gleiche auch in unserer ostafrikanischen 
Kolonie zu versuchen. Die übrigen deutschen Kolonien 
kommen für die Wollproduktion wohl kaum jemals in 
Wtracht, mit Ausnahme einiger hochgelegener Steppen- 
landschaften von Kamerun. Jedenfalls dürfen wir 
dee, begründete Hoffnung hegen, daß die deutsch-koloniale 
roduktion einmal imstande sein wird, einen recht 
erbebuichen Anteil des Wollbedarfs unserer heimischen 
Industrie zu decken. 
  
  
11 Die bisherige Entwicklung und dic 
Aussichten der Wollschafzucht in Deutsch- Süd= 
westafrika: Die Wollschafzucht ist dazu berufen, für 
mindestens die Hälfte der Gesamtfläche Südwestafrikas 
der wichtigste Betriebszweig der Farmwirtschaft zu 
werden. Das betrifft zunächst den ganzen Süden der 
Kolonie, alles Land südlich einer etwa von Windhul 
nach Osten verlaufenden Linie. Dazu kommt ferner 
von der nördlichen Hälfte der Kolonie der westliche 
trocknere Teil, der im Westen von der Namiowüste 
und im Osten von einer Linie begrenzt wird, die von 
Windhuk etwa über Waldau, Omarurn, Frau 
fontein bis zum miurane verläuft. Nördlich 10 
östlich des so umgrenzten! Gebiets wird auch in Zukunft 
die Rindviehzucht der Wollschafzucht an Bedentung 
überlegen sein, zumal im dornbnschreichen Damara= 
lande, weil hier das Vlies der Tiere auf der Weide 
von den Dornen arg zerrissen werden würde. Auf 
dornenfreiem Gelände kann jedoch auch hier das Woll- 
schaf sehr wohl gehalten werden, wie die Erfahrung 
bereits zeigt, und noch günstiger liegen die Verhälmisse 
im Bezirke Grootfontein. 
Am 1. April 1912 belief sich die Zahl der Woll- 
schafe auf 16 901. Die Ausfuhr an Wolle betrug für 
1910 schon 81 627 ku im Werte von 76 329 1/. 
Soll sich die Wollschafzucht in Südwestafrika be- 
friedigend weiterentwickeln, so müssen folgende Punke 
strenge Beachtung finden: Auswahl des geeignersten 
Wollschafes, 2. rationelle Zich und Haltung der Tiere- 
einschließlich Schutz gegen Seuchen und Krankheiten, 
3. Erzeugung einer marktfähigen, möglichst hochwert- 
gen Vollel. 
Der ste Bunkt 
geeidket n Wollscha 
Zur Grundlage für 8 Landeswollschafzucht in 
Südwestafrila hat das Kapmerino zu dienen. Die 
Kapwolle steht jedoch der australischen und argemi- 
nischen Wolle erheblich im Werte nach, daher arbeitet 
man im Kaplande selbst energisch an der Verbesserung 
durch Verwendung deutscher, nordamerikanischer und 
jetzt besonders australischer Böcke, und auch dem füt. 
westafrikanischen Züchter erwächst die An 
Wollqualität seiner Herde durch Einführung 
Böcke zu verbessern. 
Welche der edlen Merinorassen ist nun die ge- 
eignetste für Südwestafrika, zunächst zur Veredlung des 
Kapmerino, dann aber auch zur Reinzucht Die Frage 
ist nicht so gang einfach zu beantworten. In Südafrika 
bevorzugt man auf Gruud langjähriger Erfahrungen 
für das Grasfeld im Osten mit günstigeren Regenver; 
hältnissen und dichtem Pflanzenbestande ein mittel- 
großes Schaf mit einem dichten schweren Vliese von 
feiner Wolle, wie es dem Tasmanischen Typ entspricht: 
dagegen zieht man für die Karoo mit ihrem heißen 
trockenen Klima und ihrem spärlicheren, aber nährstoff 
reichen Pflanzenbestande ein großes Schaf mit einer 
mittleren Wollqualität und mittlerem Vliesgewichte 
vor, also zum Beispiel das Anstralmerino mit Ram- 
bouilletcharakter. Dementsprechend hätten wir in 
Deutsch-Südwestafrika für die Grasflächen des Norden' 
das deutsche Tuchwollschaf zu wählen, für die Steppen- 
weide des Südens aber das deutsche, australische oder 
afrikanische Kammwollschaf 4. 
b es aber für alle Gegenden südlich von Windbemn 
richtig ist, bei der Weiterzucht und Veredlung an 
Kammwolltyp festzuhalten, muß sehr bezweifelt werden 
Die Kammwollschafe mit ihrem großen massigen 
Körper, die sowohl auf Wolle als auch auf Fleisch rzó 
züchtet sind, verlangen schon unter deutschen Verhäll 
nissen ausgesuchte Weide. I# üdwestafrika zeige, 
selbst die besten Weiden einen lückenhaften Bestan“ 
brtrift die Auswahl des 
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