W 226 20
II.
Die Gefechte gegen die aufständigen Eba—
leute im Bezirk Sembe und die vermut—
lichen Gründe des Aufstandes.
Bericht des Assessors Heym.
Am 3. Oktober marschierte ich von Sembe
ab. Die Abteilung bestand aus Assessor Heym
als Leiter, Dr. Rantenberg, dem Regierungs-
arzt von Molundu als Arzt, Postenführer Herzog
von Molundu als Schütze am Maschinengewehr,
und dem bisherigen Postenführer Treichel von
Sembe, der das aufständische Gebiet teilweise kannte,
sowie aus 76 Polizeisoldaten, einem Maschinen-
gewehr und 60 Trägern. Die Polizeisoldaten
setzten sich zusammen aus Abteilungen von Juka-
duma, Molundu, Ngoila, Sembe und Eta. In
Sembe ließ ich den tags zuvor eingetroffenen
neuen Postenführer Kehm und 15 Soldaten zurück
mit der Anweisung, von weiteren aus Jukaduma
erwarteten 26 Polizeisoldaten zehn zum Schutze
des Postens zurückzubehalten, den Rest mir nach-
zusenden.
In der Nacht vom 3. zum 4. Oktober wurde
im Dorf Are der treugebliebenen Bäquil gerastet
und am 4. nach dem Ebadorf Mekimakub mar-
schiert. In diesem Dorf war am 19. September
dem französischen Oberleutnant Karcher von der
Grenzexpedition beim Durchmarsch ein Soldat und
ein Träger abgeschossen und ein Soldat ver-
wundet worden. Das Dorf war verlassen und
zum größten Teil von den Eingeborenen abge-
brannt worden. Die am 4. und 5. von hier
zur Aufsuchung der feindlichen Bewohner ent-
sandten Patrouillen kehrten meist erfolglos zurück.
Am 6. brach ich auf und lagerte im be-
freundeten Mabesadorf Mingelakum und am 7.
im Busch. Am 8. wurde vormittags das Eba-
dorf Usulabot erreicht. Dort war am 28. August
der Postenführer Treichel durch einen Schuß ins
Gesicht verletzt und ein Soldat erschossen, ein
Soldat verwundet worden. Das Dorf liegt auf
einem ungefähr 100 m hohen Bergrücken und ist
ungefähr 800 m lang. Die Abhänge sind mit
alten, dichtverwachsenen Farmen umgeben. Von
der Angriffseite führt ein schnurgerader, ungefähr
200 m langer und #m breiter Aufstieg zur Höhe,
so daß man das erste Haus von unten sehen
kann. Die Angriffseite war befestigt durch zwei
Gatterzäune in je 10 m Abstand, hinter denen
eine Palisade aus starken Bohlen und wenige
Schritte weiter das stark befestigte Palaverhaus
stand. Sobald die Spitze der Abteilung am Fuß
des Pfades anlangte, wurde von oben heftig,
aber wegen der Entfernung völlig wirkungslos
gefeuert. Ich sandte zwei starke Patronillen zur
Umgehung nach rechts und links ab und ließ die
Palisade mit dem Maschinengewehr beschießen.
Das feindliche Feuer schwieg, der Anstieg wurde
angetreten. Das Dorf, soweit es nicht von
Treichel am 28. August abgebrannt war, stand
in hellen Flammen, und die ganze Abteilung
mußte im Laufschritt durch die etwa 200 m lange
und 6 bis 8 m breite Dorfstraße zum nächsten
freien Platz vorgehen. Jenseits dieses Platzes war
wiederum eine starke Palisade errichtet, hinter
die sich der Feind zurückgezogen hatte und von
der er auf die Abteilung, die aus dem brennenden
Dorf kam, feuerte. Mit dem Maschinengewehr
wurde die Umgebung und die Palisade gesäubert.
Ein Träger am Maschinengewehr wurde ver-
wundet. Die Abteilung besetzte in weiter Schützen-
lime ringsum die Abhänge, durch die Träger
ließ ich Schußfeld freischlagen und die nächsten
Palisaden umwerfen. Die Schütenlinien wurden
noch ungefähr zwei Stunden lang von feindlichen
Angriffen belästigt. Währenddessen ließ ich ein
Lager auf der höchsten Stelle des Dorfes durch
eine Fenz notdürftig befestigen und gegen 6 Uhr
abends Sammeln blasen. Am 9. vormittags ver-
suchte eine starke feindliche Abteilung einen An-
griff aufs Lager, wurde aber durch Maschinen-
gewehrfeuer schnell zerstreut. Im übrigen erfolgte
keinerlei Beunruhigung mehr, Verpflegungs= und
Wasserpatrouillen blieben unbehelligt, das Lager
konnte weiter befestigt werden. Am 10. sandte
ich den Gefreiten Tsinga und 25 Mann ab mit
dem Befehl, das Dorf des Häuptlings Ndia zu
suchen. Es hatten mir nämlich in Sembe be-
freundete Häuptlinge mitgeteilt, Ndia habe seit
einigen Monaten ein neues sehr festes Dorf auf
einem hohen Berg angelegt, wo sich alle Eba-
leute zum Widerstand versammeln sollten. Eine
weitere zur Säuberung der Umgebung entsandte
Patrouille von 20 Mann kam am 11. ohne Erfolg
zurück. Dafür schickte aber Tsinga Meldung, er
habe das Dorf auf einem unzugänglichen Berg,
sehr stark befestigt und besetzt, in sieben Stunden
Entfernung gefunden und bäte um Hilfe, da er
nicht zurück könne. Ich sandte, da es an diesem
Tage zu spät war, um noch bei Tage angreifen
zu können, weitere 20 Mann zur Unterstützung
mit dem Befehl an Tsinga, auf jeden Fall die
Aufständischen im Dorfe festzuhalten. An dem-
selben Tage traf auch die aus Inkaduma er-
wartete Verstärkung von 16 Mann ein, so daß
die Abteilung nunmehr 92 Gewehre zählte. In
der Nacht wurde zwei Stunden lang in sehr
weiter Ferne außerordentlich starkes Feuer aus
Soldaten= und Buschgewehren gehört.
Am 12. brach ich nach Zerstören und Ab-
brennen meines Lagers in Eilmärschen auf und
erreichte das alte Dorf Ndia, das bereits zer-
sallen war. Ich erhielt Meldung, daß das neue