Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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festes Gehalt beschränkt, welches ihm aus der „Jatire 
rensury## nach Bestimmung des Gouvernements aus- 
bezahlt wird und ihn damit zu einem Beamten der Re- 
gierung macht, wie auch seine Großlente. Er ist also in 
erster Linie der leidende Teil bei dieser Entwicklung ge- 
wesen. Das hat natürlich im Anfang zu Schwierigkeiten 
geführt, die mit Waffengewalt niedergeworfen werden 
mußten. Doch nach Ausmerzung der unruhigen Ver- 
treter und Ersatz durch gefügige Werkzeuge der Re- 
gierung ist Ruhe im Lande und stetige Entwicklung 
gewährleistet. 
Neben oder über dieser Eingeborenenverwaltung 
steht nun das Gouvernement mit seinen Lokalbehörden, 
den Residenturen, welche an der Spitze jeder der 13 Pro- 
vinzen steheen, Außer der oben geschilderten Tätigkeit 
erstreckt sich das Wirken dieser auf die Ausübung der 
mit dem Provinzial-Gerichtshof (Provincin! Court) ver- 
bundenen richterlichen Tätigkeit, und vor allen Dingen 
auf die Erhebung der Steuern. Man muß es den 
Engländern lassen, daß sie es verstanden haben, in 
langsamer aber wirksamer Art aus dem Lande an 
Abgaben herauszuholen, was es zu leisten vermag. 
Da man dabei in enger Anlehnung an die früher von 
den Emiraten selbständig erhobenen Stenern vorgeht, 
so werden diese ohne besonderen Widerstand entrichtet, 
zumal nach Möglichkeit eine Sonderbesteuerung durch 
die eingeborenen Machthaber verhindert wird. Einer 
solchen ist ja außerdem durch die Einrichtung des festen 
Gehaltsbezuges der Grund genommen. Dieses System 
der Besteuerung ist natürlich nur möglich mit Zuhilfe- 
nahme der Eingeborenenverwaltung, da es dem Euro- 
päer nicht möglich ist, die einschlägigen Verhältnisse 
des Eingeborenen und seine Leistungsfähigkeit richtig 
zu beurteilen. Es liegt aber doch der Steuererhebung 
eine möglichst eingehende Abschätzung jeder einzelnen 
Ortschaft durch den reisenden Europäer zugrunde; auf 
sie gestützt hat der Resident den Anschlag über die zu 
erhebenden Steuern in seiner Provinz, nach folgenden 
Grundsätzen sestgestellt, dem Gonvernement zur Be- 
stätigung einzureichen: 
1. Feststellung des jährlichen aus der Landnutzung 
gewonnenen Wertes, auf Grund dessen auch früher die 
Abgaben an den eingeborenen Machthaber bezgahlt 
worden ind: 
Feststellung des ährlichen & 
oder % fhar rtiger Beschäftigung 
3. Feststellung des W der Biehherden; 
4. Kelitiellung des Wertes von solchen Einkommen, 
von denen früher unter Eingeborenengebrauch Steuer 
als „Caizua“ begahlt is 
Die Feststellung 1bb Bodenwertes ist zur Zeit 
größtenteils noch eine rohe Abschätzung, soll aber mit 
dem Fortschreiten der Landesvermessung in Zukunft 
auch nach Größe vorgenommen werden. Abweichungen 
gibt es hiervon natürlich in Orten mit besonderen 
Verhältnissen. Z. B. werden in Kano die Steuern 
nach solgenden Grundsätzen erhoben: 
  
Lertes des Handels 
  
als Hofsteuer, „Componnd-Steuer“, je nach 
hanse 96 Hofes: 
als Viehsteuer 
3 als Landstener dort, wo vermessen ist; wo dies 
nicht der Fall ist, statt dessen der Zehnte von der 
Ernte und dazu die Farmabgabe, welche für alle Farm- 
arößen birsellr ist. 
ach Genehmigung des Vorauschlages gibt der 
Nestdsce den einzelnen Gemeinden (communitics) be- 
lannt, was sie zu bezahlen haben. Dem Dorfvorsteher 
erwächst nunmehr die Aufgabe, diese Steuern nach 
Maßtzgabe der früheren Einschägung auf die einzelnen 
nach ihrer Fähigkeit zu verteilen, wogegen die Be- 
schwerde an den Residenten offen steht. Dic einge- 
  
  
zogenen Steuern fließen dinch den Distriktsvorsteher 
in die Eingeborenenkasse, wo sie, genau nach Ort- 
schaften verbucht, gesammelt und in Gesamtsumme dem 
Residenten abgeliefert werden. Die Einführung der 
englischen Schreibweise des Haussah hat sich bei dieser 
Einrichtung sehr bewährt. Von der Gesamtsumme 
fließt dann die Hälfte in die Eingeborenenkasse zurück, 
aus der die Gehälter des Emirs und aller sonstigen 
schwargen Beamten der Eingeborenenverwaliung sowie 
Ausgaben für Kulturmahnahmen, Wegeban usw. begahlt 
werden; die andere Hälfte fließt in die Rasse des 
Gonvernements, n welchen sie im Interesse des 
Landes verwendet wird. In den Heidengebieten werden 
75 bis 95 v. H. der Steuern an die Gouvernements- 
kasse abgeführt. Auf die weiteren Einzelheiten der 
Besteuerung hier einzugehen verbietet sich. Wie aber 
schon aus dem Gesagten hervorgeht, haben wir in 
diesem Vorgehen ein anßerordentlich gut den Verhält- 
nissen angepaßtes System, das für die Heranziehung 
“ Eingeborenen zu den Verwaltungskosten wie ge- 
chaffen, dann aber auch nicht ohne energische Ein- 
kinen auf die Produktion ist. 
Wie die Verwaltung, so entspricht die Besteuerung 
dem schon oben angedenteten Prinzip der möglichsten 
Erhaltung der Eingeborenenherrschaft unter Oberleitung 
des Gouvernements, auf die auch die Regelung der 
Landfrage zugeschnitten ist. Diese hat sich nun in 
großen Zügen wie folgt entwickelt: 
Nach Ubernahme des Protektorats über Nord- 
nigerien durch die Regierung von der Niger-Compagnie 
wurde das von dieser besessene Land Eigentum der 
ersteren, ohne Rücksicht darauf, daß Eingeborenen-Ort- 
schaften auf ihm lagen. Aus diesem wurden nur Län- 
dereien für die Niger- Compagnie ausgeschieden, die 
dieser als sogenanntes (recholdt überlassen wurden. 
Das dann ferner für die Anlage der Regierungs- 
niederlassungen benötigte Land, so für die Gouverne= 
mentsanlagen in Lokoja, Zungeru usw., wurde als 
sogenanntes Kronland erklärt und in Besig genommen, 
natürlich gegen Entschädigung der angesessenen Be- 
völkerung für die ihr erwachsene Störung ihres Acker- 
baues, für Neubauten der Häuser usw. 
Die dritte Art der Besitzergreifung war die Er- 
oberung. Alles durch kriegerische Maßnahmen er- 
worbene oder im Besitz gesicherte Land, das als Privat- 
eigentum des Gouvernements bezeichnet werden kann, 
wurde „Public lund genannt. Da es im Lause der 
Zeit eigentlich in allen Provinzen nälg! wurde, den 
Besitz gegen die Auflehnung der Machthaber zu ver- 
teidigen oder deren Ubergriffe in der Ausübung ihrer 
Funktionen mit Waffengewalt in die richtigen Grenzen 
zurückzuweisen, so wurde auf diese Weise fast alles 
Land zum öffentlichen Land, den erwähnten „Public 
ands“". Diese Art der Besitzergreifung paßte am besten 
in die Auffassung der Mohammedaner. Alles von 
solchen im Kriege eroberte Land wurde ihrer Gewohn- 
heit nach Eigentum des Eroberers, d. h. der Allge- 
meinheit. An diesem konnte der einzelne nur das 
erbliche Nutzungsrecht erwerben, welches vom Emir 
verliehen wurde. Diese Rechte des bei kriegerischen 
Unternehmungen abgesetzten, getöteten oder geflohenen 
Emirs gingen daher ohne weiteres in das Besitztum 
des Siegers, also des Gouvernements über. Da das 
Gouvernement bei Wiedereinsetzung eines neuen Ge- 
walthabers sich ausdrücklich diese Rechte des Emirs 
auf das Land vorbehielt, erwarb es damit das bis 
dahin bei dem Emir ruhende Recht und die Pflicht, 
das Land in „rust for the use of ihe pcople“ zu ver- 
walten. Diese Entwicklung der Landverhältmisse 
wurde im Jahre 1910 mit einer Proklamation ab- 
geschlossen, durch die alles Land, abgesehen von dem
	        
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