Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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sondern lediglich dadurch, daß die Flüsse der ersten und zweiten Ordnung in besonderen Verzeichnissen mit Namen 
aufgeführt sind. Nach den Ordnungen und Verzeichnissen regeln sich Eigentumsrecht und Nutzungsbefugnisse. 
Die Regelung ist also auf die Flüsse des preußischen Staatsgebietes beschränkt und kann im Schutgebiet nicht 
Geltung haben; sie könnte hier nur durch ein besonderes Gesetz zur entsprechenden Anwendung gebracht werden. 
“• Sofern die Geltung einer Vorschrift des heimischen Rechts in Frage steht, ist der Grundsatz zu beachten, 
daß sic dann keine Anwendung findet, wenn sie Einrichtungen und Verhältnisse voraussetzt, an denen es im Schutz- 
Hebiet fehlt (s 20 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit). Dieser Grundsatz steht in vielen Fällen der An- 
wendung auch solcher Vorschriften des preußischen Wassergesetzes entgegen, die sich nicht auf die Flüsse beziehen. 
Tenn bei der hohen volks= und wasserwirtschaftlichen Entwicklung und bei dem Wasserreichtum Preußens ist das 
preußische Wassergesetz, wie die meisten anderen deutschen Wassergesetze von wirtschaftlichen und technischen Gesichts- 
punkten beherrscht, die im Schutzgebiet mit seiner erst beginnenden wirtschaftlichen Entwicklung, seinen ganz anders 
gearteten und gestalteten Flußläufen und seinen verhältnismäßig geringen Vorräten an oberirdischem und unter- 
irdischem Wasser nicht oder nicht wesentlich in Betracht kommen. Derartige Gesichtspunkte sind insbesondere der 
Schun gegen die Gefahren des Wassers, die Ausnutzung der Wasserkraft für Triebwerkszwecke, die Einleitung von 
Fabrikabwässern in die Flüsse, die Bodenentwässerung und die Schiffahrt. 
Neben den öffentlich rechtlichen Vorschriften des preußischen Wassergesetzees, die schon als solche von 
der Geltung im Schutzgebiete ausgeschlossen sind, enthält das Gesetz, wie jede andere Regelung des Wasserrechts, 
privates und öffentliches Recht in so enger Verbindung miteinander, daß die Frage, ob eine Vorschrift öffentlich- 
rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist und im Schutgebiet Geltung hat oder nicht, die Entscheidung des einzelnen 
Falles außerordentlich erschweren würde. Somit ist auch im Interesse einer leichten Rechtsanwendung der Erlaß 
eines besonderen Wassergesetzes (Verordnung) geboten. 
Die Regelung des Wasserrechts hat die Aufgabe, bewährte und mit den Anschauungen der hiesigen Be- 
völkerung übereinstimmende Rechtsgrundsätze der Heimat der Eigenart der hiesigen Verhältnisse anzupassen. 
Es hat daher bei der Aufstellung des Entwurfes neben den neueren heimischen Wassergesetzen auch das der Süd- 
afrikanischen Union vom Jahre 1912 weitgehende Berücksichtigung gefunden, da die Wasserverhältnisse in dem 
größeren Teile Südafrikas dieselben sind wie im Schutzgebiet, und da dem Gesetzgeber der Union eine langjährige 
praktische Erfahrung zur Seite stand. In dem äußeren Aufbau des Gesehes schließt der Entwurf sich im wesent- 
ichen an das neue preußische Wassergesetz an. 
  
  
· Erster Titel. 
Begriff und Art der Flüsse. (5 1—t.) 
Der Entwurf teilt die Gewässer ein in Flüsse und in solche Gewässer, die nicht zu den Flüssen gehören 
(6. B. Regenwasser, offene Wasserstellen, Quellen). 
Dieselbe Unterscheidung ist in den meisten deutschen Wassergesetzen und auch in dem der Südafrikanischen 
Union getroffen und rechtfertigt sich dadurch, daß die Flüsse schon nach ihrer äußeren Gestaltung und ihrer beson- 
deren Bedeutung für die Allgemeinheit eine andere rechtliche Behandlung, z. B. hinsichtlich des Eigentums und 
des Gemeingebrauchs und der Befugnisse der Anlieger, erfahren müssen, als die anderen Gewässer. 
k% Aus dieser Unterscheidung ergibt sich weiter die Notwendigkeit, den Begriff des Flusses festzulegen und 
die Merkmale so zu bestimmen, daß sich im einzelnen Fall mit Sicherheit erkennen läßt, ob das Gewässer einen 
Juuß (Rivier) oder nur eine vom Regenwasser zeitweise durchflutete Talsenkung (sogenannte Omurambe) darstellt. 
Deshalb ist das wesentlichste Begriffsmerkmal des Flusses das deutlich erkennbare natürliche Gerinne, das auch 
nach dem südafrikanischen Wassergesetz für die Unterscheidung der Flüsse von den anderen Gewässern maßgebend 
it. Bei vielen Flüssen hebt sich während der Trockenzeit auf längere oder kürzere Strecken das Bett äußerlich nicht 
von dem Ufergelände ab. Hierdurch verliert aber das Gewässer nicht seine Eigenschaft als Fluß, sofern er 
nur im größeren Teile seines Laufes ein erkennbares Gerinne aufweist (§ 1 Absatz 1 und 2). 
Wegen der Schwierigkeit der Entscheidung, ob ein Gewässer als Fluß im Sinne des & 1 anzusehen oder 
ob z. B. nur eine das Regenwasser abführende Mulde oder Senkung des Geländes vorliegt, wird die Ent- 
scheidung in § 2 dem Wasseramt zugewiesen, dessen Zusammensetzung sich aus dem § 68 ergibt. 
Bei den Flüssen macht der Entwurf in Übereinstimmung mit den Anschauungen der Bevölkerung und 
einer langjährigen Verwaltungspraxis die Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Flüssen (F 3). Sach- 
liche Merkmale für die Unierscheidung aufzustellen, erschien nicht angebracht, da sie Anhaltspunkte von hinreichender 
Sicherheit gewöhnlich nicht gewähren. Das mehrfach erwähnte südafrikanische Wassergesetz stellt als Begriffsmerkmal 
des öffentlichen Flusses die Möglichkeit auf, sein Wasser für die gleichzeitige wirtschaftliche Nutzung der Uferanlieger 
zu Bewässerungszwecken zu benutzen. Diese Begriffsbestimmung erscheint nicht zuverlässig, da bei dem häufig auf- 
tretenden gänzlichen Wassermangel der meisten Riviere des Schutzgebiets jene Möglichkeit oft ausgeschlossen ist 
und deshalb Zweifel über die Rechtsnatur des Flusses, über seine Eigentumsverhältnisse, die Zulässigkeit des Gemein- 
hgebrauchs und über andere Gebrauchsbefugnisse entstehen könnten. Der einfachste und sicherste Weg, solche Zweifel 
auszuschließen, ist die Aufstellung eines Verzeichnisses, das einen Teil der Verordnung selbst bildet, und in dem 
die öffentlichen Flüsse namentlich aufgeführt sind (5 4). Das Verzeichnis enthält nur die bedeutenderen, für die 
Allgemeinheit wichtigeren Flüsse, die schon bisher allgemein als öffentlich galten. 
#5weiter Titel. 
Eigentumsverhältnisse bei den Flüssen (5#8 5—13). 
d Bei der Regelung der Eigentumsverhältnisse folgt der Entwurf dem preußischen Wassergesetz, indem er 
En unklaren Begriff des durch die Rechte der Allgemeinheit beschränkten „gemeinen“ und öffentlichrechtlichen 
d taatseigentums vermeidet und die Rechtsverhältnisse bei beiden Arten von Flüssen auf die sichere Grundlage 
des privatrechtlichen Eigentumsbegriffes stellt. Das Eigentum soll nach dem Entwurf nicht etwa auf das Bett beschränkt 
Ein, sondern auch das darin befindliche Wasser umfassen, denn erst Bett und Wasser gemeinsam ergeben den Begriff 
es Flusses und begründen seine wirtschaftliche Bedeutung. Diese Regelung entspricht auch den Bedürfnissen des 
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