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kann. (?.) In vielen Fällen bedeutet allerdings
der Verlust der nährenden Mutter für den Säug-
ling den raschen Tod.
Moschi.
Stabsarzt Dr. Wünn schreibt aus Moschi:
Bei den Wadschagga findet die Ernährung der
Säuglinge nirgends ausschließlich mit Muttermilch
statt. Nur in den ersten zwei Tagen erhalten sie
Muttermilch, danach wird saure Kuhmilch und
Brei aus gekochten geriebenen Bananen zusammen-
gerührt und den Kindern dreimal am Tage ge-
geben. Die Mutter gibt diese Nahrung dem
Säugling anfangs mit ihrem eigenen Munde ein,
wenn das Kind nicht will, mit Gewalt. Wenn
das Kind diese Nahrung absolut nicht nimmt oder
erkrankt, erhält es statt des Bananenbreis nur
saure Milch oder Butterschmalz (Samli). Die
Mutter säugt daneben das Kind, so oft es schreit,
und das fast zwei Jahre lang. Während dieser
Zeit darf sie keinen geschlechtlichen Verkehr pflegen.
Wenn die Muttermilch zu Ende geht, erhält das
Kind geröstete Bananen, Süßkartoffeln usw. Süße
Kuhmilch oder Ziegenmilch erhalten die Kinder
nicht. Ausschließliche künstliche Ernährung findet
nur dann statt, wenn die Mutter keine Milch hat.
Ammen gibt es im allgemeinen nicht, es ist un-
statthaft, daß eine Frau ein fremdes Kind nährt.
In einigen Fällen soll es vorkommen, daß Frauen
das Kind einer Verwandten nähren, wenn es
dasselbe Geschlecht hat, wie ihr eigenes und die
Familie keine Kühe besitzt.
Bei den Wapare ist es ebenfalls üblich, daß
das Kind nur zwei Tage lang ausschließlich
Muttermilch bekommt. Dann erhält es drei Tage
eine Speise aus gekochten Bananen und gekochten
Bohnen, die mit Wasser zu einem Brei gerührt
werden, ohne Milchzusatz. Diesen Brei gibt ihm
die Mutter mit dem Mund, wenn es nicht will,
mit Gewalt. Wenn die Mutter keine Milch hat,
bekommt das Kind saure Kuhmilch. Ammen
werden nicht angenommen, man glaubt, das Kind
der Amme müsse dann sterben. Die Ernährung
mit Muttermilch erfolgt drei Jahre lang, während
deren die Mutter keinen Beischlaf ausüben darf.
Bei den Massai erhalten die Kinder fünf
Tage lang nur Muttermilch, dann als Zusatz
zweimal täglich körperwarme Kuhmilch, bald auch
Butter (Samli) als Zugabe. Wenn das Kind
auf dem Boden kriechen kann, auch Blut.
Muttermilch erhält das Kind drei Jahre lang,
die Mutter darf während dieser Zeit Beischlaf
nicht ausüben. Wenn die Mutter aus irgend-
einem Grunde ihr Kind nicht säugen kann, nimmt
sie als Amme eine Verwandte. Ist keine Ver-
wandte vorhanden, die Milch hat, so wird keine
Amme angenommen, sondern das Kind erhält
nur rohe körperwarme Kuhmilch.
Kondoa-Irangi.
Aus Kondoa-JIrangi berichtet
Dr. Schulgz:
Wamangati. Ausschließliche Ernährung mit
Muttermilch findet nicht statt. Neben der Mutter-
milch erhalten die Säuglinge frische Kuhmilch
(keine Ziegenmilch), ferner Mehlbrei mit Milch.
Eine ausschließlich künstliche Ernährung findet
nur statt, wenn die Mutter ihr Kind aus irgend-
einem Grunde nicht stillen kann. Die khnstliche
Ernährung erfolgt dann mit frischer Kuhmilch
und Mehlbrei. Über Ammenwesen ist nichts be-
kannt. Vom zweiten Lebensjahre ab erhalten die
Kinder Fleisch. Am ersten Lebenstage wird den
Säuglingen Wasser verabreicht.
Warangi. Ausschließliche Ernährung der
Säuglinge durch Muttermilch findet nicht statt.
Neben der Muttermilch erhalten die Säuglinge
noch Mehlbrei und vom zweiten Tage ab Kuh-
milch. Wenn Stillen durch die Mutter nicht
möglich ist, erfolgt künstliche Ernährung mit
Mehlbrei und Kuhmilch. Über Ammenwesen ist
nichts bekannt.
Wassi. Ausschließliche Ernährung mit Mutter-
milch findet nicht statt. In den ersten vier Tagen
nach der Geburt erhalten die Säuglinge aus-
schließlich Mehlbrei, dann Muttermilch mit Mehl-
brei. Kuhmilch wird erst vom siebenten Monat
verabreicht, Ziegenmilch im allgemeinen nicht.
Kann die Mutter nicht stillen, so wird das Kind
mit Kuhmilch und Mehlbrei ernährt. Über
Ammenwesen ist nichts bekannt.
Wafiome. Ausschließliche Ernährung der
Säuglinge durch Muttermilch findet nicht statt.
Neben der Muttermilch wird rohe Kuhmilch und
Mehlbrei gereicht. Bei Muttermilchmangel erhält
das Kind nur Mehlbreie und Kuhmilch. Fleisch
erhält es vom achten Monat an. liber Ammen-
wesen ist nichts bekannt.
Oberarzt
Mpapuna.
Aus Mpapua berichtet die Sanitätsdienst-
stelle: Durch Befragen der Wagogoleute, die zur
Poliklinik kommen, auf Impfreisen und durch die
Englische Mission konnte über die Kinderernährung
und Kindersterblichkeit folgendes in Erfahrung
gebracht werden: Die Ernährung findet nicht
ausschließlich mit Muttermilch statt. Nach einem
halben bis einem Jahr werden die Säuglinge
von der Mutterbrust abgesetzt und dann mit
Bohnenbrei genährt. Außer der Mutterbrust er-
halten die Säuglinge eine Wassersuppe von Mehl
(Ui genannt), reife Bananen mit Honig, Tama=
rindensaft, frische und saure Milch. Künstlich
wird kein Säugling ernährt. Stirbt die Mutter
des Säuglings, so übernimmt die Schwester der