Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

359 
kann. (?.) In vielen Fällen bedeutet allerdings 
der Verlust der nährenden Mutter für den Säug- 
ling den raschen Tod. 
Moschi. 
Stabsarzt Dr. Wünn schreibt aus Moschi: 
Bei den Wadschagga findet die Ernährung der 
Säuglinge nirgends ausschließlich mit Muttermilch 
statt. Nur in den ersten zwei Tagen erhalten sie 
Muttermilch, danach wird saure Kuhmilch und 
Brei aus gekochten geriebenen Bananen zusammen- 
gerührt und den Kindern dreimal am Tage ge- 
geben. Die Mutter gibt diese Nahrung dem 
Säugling anfangs mit ihrem eigenen Munde ein, 
wenn das Kind nicht will, mit Gewalt. Wenn 
das Kind diese Nahrung absolut nicht nimmt oder 
erkrankt, erhält es statt des Bananenbreis nur 
saure Milch oder Butterschmalz (Samli). Die 
Mutter säugt daneben das Kind, so oft es schreit, 
und das fast zwei Jahre lang. Während dieser 
Zeit darf sie keinen geschlechtlichen Verkehr pflegen. 
Wenn die Muttermilch zu Ende geht, erhält das 
Kind geröstete Bananen, Süßkartoffeln usw. Süße 
Kuhmilch oder Ziegenmilch erhalten die Kinder 
nicht. Ausschließliche künstliche Ernährung findet 
nur dann statt, wenn die Mutter keine Milch hat. 
Ammen gibt es im allgemeinen nicht, es ist un- 
statthaft, daß eine Frau ein fremdes Kind nährt. 
In einigen Fällen soll es vorkommen, daß Frauen 
das Kind einer Verwandten nähren, wenn es 
dasselbe Geschlecht hat, wie ihr eigenes und die 
Familie keine Kühe besitzt. 
Bei den Wapare ist es ebenfalls üblich, daß 
das Kind nur zwei Tage lang ausschließlich 
Muttermilch bekommt. Dann erhält es drei Tage 
eine Speise aus gekochten Bananen und gekochten 
Bohnen, die mit Wasser zu einem Brei gerührt 
werden, ohne Milchzusatz. Diesen Brei gibt ihm 
die Mutter mit dem Mund, wenn es nicht will, 
mit Gewalt. Wenn die Mutter keine Milch hat, 
bekommt das Kind saure Kuhmilch. Ammen 
werden nicht angenommen, man glaubt, das Kind 
der Amme müsse dann sterben. Die Ernährung 
mit Muttermilch erfolgt drei Jahre lang, während 
deren die Mutter keinen Beischlaf ausüben darf. 
Bei den Massai erhalten die Kinder fünf 
Tage lang nur Muttermilch, dann als Zusatz 
zweimal täglich körperwarme Kuhmilch, bald auch 
Butter (Samli) als Zugabe. Wenn das Kind 
auf dem Boden kriechen kann, auch Blut. 
Muttermilch erhält das Kind drei Jahre lang, 
die Mutter darf während dieser Zeit Beischlaf 
nicht ausüben. Wenn die Mutter aus irgend- 
einem Grunde ihr Kind nicht säugen kann, nimmt 
sie als Amme eine Verwandte. Ist keine Ver- 
wandte vorhanden, die Milch hat, so wird keine 
Amme angenommen, sondern das Kind erhält 
nur rohe körperwarme Kuhmilch. 
  
Kondoa-Irangi. 
Aus Kondoa-JIrangi berichtet 
Dr. Schulgz: 
Wamangati. Ausschließliche Ernährung mit 
Muttermilch findet nicht statt. Neben der Mutter- 
milch erhalten die Säuglinge frische Kuhmilch 
(keine Ziegenmilch), ferner Mehlbrei mit Milch. 
Eine ausschließlich künstliche Ernährung findet 
nur statt, wenn die Mutter ihr Kind aus irgend- 
einem Grunde nicht stillen kann. Die khnstliche 
Ernährung erfolgt dann mit frischer Kuhmilch 
und Mehlbrei. Über Ammenwesen ist nichts be- 
kannt. Vom zweiten Lebensjahre ab erhalten die 
Kinder Fleisch. Am ersten Lebenstage wird den 
Säuglingen Wasser verabreicht. 
Warangi. Ausschließliche Ernährung der 
Säuglinge durch Muttermilch findet nicht statt. 
Neben der Muttermilch erhalten die Säuglinge 
noch Mehlbrei und vom zweiten Tage ab Kuh- 
milch. Wenn Stillen durch die Mutter nicht 
möglich ist, erfolgt künstliche Ernährung mit 
Mehlbrei und Kuhmilch. Über Ammenwesen ist 
nichts bekannt. 
Wassi. Ausschließliche Ernährung mit Mutter- 
milch findet nicht statt. In den ersten vier Tagen 
nach der Geburt erhalten die Säuglinge aus- 
schließlich Mehlbrei, dann Muttermilch mit Mehl- 
brei. Kuhmilch wird erst vom siebenten Monat 
verabreicht, Ziegenmilch im allgemeinen nicht. 
Kann die Mutter nicht stillen, so wird das Kind 
mit Kuhmilch und Mehlbrei ernährt. Über 
Ammenwesen ist nichts bekannt. 
Wafiome. Ausschließliche Ernährung der 
Säuglinge durch Muttermilch findet nicht statt. 
Neben der Muttermilch wird rohe Kuhmilch und 
Mehlbrei gereicht. Bei Muttermilchmangel erhält 
das Kind nur Mehlbreie und Kuhmilch. Fleisch 
erhält es vom achten Monat an. liber Ammen- 
wesen ist nichts bekannt. 
Oberarzt 
Mpapuna. 
Aus Mpapua berichtet die Sanitätsdienst- 
stelle: Durch Befragen der Wagogoleute, die zur 
Poliklinik kommen, auf Impfreisen und durch die 
Englische Mission konnte über die Kinderernährung 
und Kindersterblichkeit folgendes in Erfahrung 
gebracht werden: Die Ernährung findet nicht 
ausschließlich mit Muttermilch statt. Nach einem 
halben bis einem Jahr werden die Säuglinge 
von der Mutterbrust abgesetzt und dann mit 
Bohnenbrei genährt. Außer der Mutterbrust er- 
halten die Säuglinge eine Wassersuppe von Mehl 
(Ui genannt), reife Bananen mit Honig, Tama= 
rindensaft, frische und saure Milch. Künstlich 
wird kein Säugling ernährt. Stirbt die Mutter 
des Säuglings, so übernimmt die Schwester der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.