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Verstorbenen die Ernährung. Über Ammenwesen
ist nichts bekannt. Durch die Ernährung der
Säuglinge mit Bohnenbrei, Bananen, Zuckerrohr
und sogar mit Fleisch sollen nach Mitteilung der
Englischen Mission etwa 20 v. H. der Säuglinge
in der ersten Woche, 15 v. H. im Alter von einem
Jahr und 10 v. H. im Alter von zwei Jahren
und darüber sterben. Bei den Wakagurulenten
erhält der Säugling die ersten zwei Tage nicht
die Mutterbrust, sondern wird mit Kuh= und
Ziegenmilch genährt. Die Wakaguruleute setzen
noch großes Vertrauen auf ihre Eingeborenen-
medizin und gehen ungern zur Mission mit ihren
kranken Kindern. Auch pressen die Mütter den
Kindern die Brust, fassen sie an den Beinen und
lassen sie eine Zeitlang mit dem Kopf nach unten
hängen; auf Befragen geben sie an, es wäre dem
Säugling gesund.
Morogoro.
Stabsarzt Dr. Jungels in Morogoro hat
Untersuchungen unter den im Bezirke Morogoro
ansässigen Volksstämmen der Waluguru, Wakami,
Wazaguha, Wasaramo, Wakutu, Wabunga, Wasa-
gara, Wakaguru, Wamakua, Wanguru, Wakamba,
Wanyamwezi, Wasangu, Wahehe, Wadunda an-
gestellt. Nach seinen Feststellungen werden die
Säuglinge nur vierzehn Tage bis drei (höchstens
vier) Wochen mit Muttermilch ausschließlich er-
nährt. Von da ab erhalten sie neben der Mutter-
milch, die bis zum Ende des ersten Jahres ge-
wissermaßen als Getränk weitergegeben wird, nur
Mehlbreie. Andere Nahrungsmittel sind unbe-
kannt. Eince ausschließlich künstliche Ernährung
der Säuglinge findet nicht statt. über Ammen-
wesen ist den genannten Stämmen nichts bekannt.
Kilossa.
Die Sanitätsdienststelle Kilossa berichtet:
Die Ernährung der Säuglinge findet durchweg
mit Muttermilch statt. Wie lange die Kinder die
Mutterbrust erhalten, ist verschieden. In den
meisten Fällen dauert es fünf bis sechs Monate.
Schon lange vorher fangen die Eltern mit Reis
oder Mehlbrei an zu füttern, damit das Kind
einen recht großen Bauch erhält, der als ein
Zeichen der besten Gesundheit angesehen wird.
Gleich am ersten Tage nach der Geburt tröpfelt
die Mutter dem Kinde durch Eintauchen des
Fingers in eine Mehlsuppe von dieser in den
Mund. Nach drei bis vier Tagen erhält der
kleine Erdenbürger dickere Speisen, so daß nach
etwa vierzehn Tagen seine Nahrung neben der
Muttermilch auch Reis und Mehlbrei ist. Mit
Kuh= oder Ziegenmilch können die Eingeborenen
im Bezirk Kilossa ihre Kinder wegen Mangels
an Vieh nicht ernähren. Reine künstliche Ernäh-
rung und Ammenwesen ist den Eingeborenen
vollständig fremd.
Dodome.
Die Sanitätsdienststelle Mkalama (Bezirk
Dodome)z berichtet: Die im hiesigen Bezirk woh-
nenden Waniramba und Waissansu ernähren ihre
Säuglinge im ersten Lebensjahre mit Mutter-,
Kuh= und Ziegenmilch. Nach Ende des ersten
Lebensjahres werden die Säuglinge völlig von
der Mutterbrust abgesetzt und dann nur mit Kuh-
und Ziegenmilch und einem aus Mtama berei-
teten Breie (Magai, einer Art Hirsebier) ernährt.
Eine ausschließlich künstliche Ernährung der Säug-
linge findet nicht statt. Die Säuglinge werden
außer an der eigenen Mutterbrust auch noch an
den Brüsten anderer Mütter ernährt.
Oberarzt Dr. Bartels berichtet aus demselben
Bezirke: Unter den Eingeborenen herrscht eine
große Kindersterblichkeit. Die Ursache möchte ich
in erster Beziehung in der unvernünftigen Er-
nährungsweise der Säuglinge und der Kinder in
den ersten Lebensjahren suchen.
Die Kinder erhalten im allgemeinen Mutter-
milch, solange die Mutter imstande ist, das Kind
zu ernähren, etwa sechs bis acht Monate. Da-
neben erhalten sie schon sehr früh, schon wenige
Wochen nach der Geburt, anfangs einen dünnen,
später, wie die Erwachsenen, einen dicken aus
Hirsemehl und Wasser hergestellten Brei. Der
dünne Brei heißt Uji, der dicke Ugali. Wollen
die Kinder den Brei nicht gutwillig nehmen, so
wird ihnen die Nase zugehalten, bis sie den Mund
aufmachen und ihnen der Brei mit Gewalt ein-
geflößt. Die Folge davon sind natürlich häufig
Verdauungskrankheiten und anschließender Tod.
Fast alle Kinder, die man zu sehen bekommt,
haben einen unförmlich dicken, trommelartig auf-
getriebenen Leib, der zu der übrigen körperlichen
Entwicklung in keinem Verhältnis steht. Je dicker
der Bauch ist, desto stolzer sind die Eltern auf
ihre Kinder.
Stellenweise findet man bei den viehreichen
Wagogo, daß sie ihren Kindern neben der Mutter-
milch Kuhmilch geben. Kann die Mutter ihr
Kind nicht selbst nähren und ist in der Nähe eine
andere Mutter, die genügend Milch hat, so legt
sie auch das fremde Kind mit an. Ist das nicht
der Fall und ist auch, wie in den Tsetsegegenden,
kein Vieh vorhanden, so sind auch die Säuglinge
auf den Mehlbrei angewiesen.
Sind die Kinder von der Mutterbrust abge-
setzt, so bekommen sie in der Regel nur noch den
dicken Hirsemehlbrei (Ugali) der Erwachsenen,
wenn erforderlich, ebenfalls mit Gewalt. Daß
dieses Verfahren an der Kindersterblichkeit schuld
ist, wird auch dadurch bestätigt, daß in den Land-