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des Mutterlandes wie auch der Kolonie yleichermaßen
dringend erwünscht sei. ie alle Länder, so habe
auch die Kongokolonie ihre mageren und ihre fetten
Jahre. Für die Beurteilung des Zukunftswerts einer
Kolonie könne aber der Gesichtspunkt des Gleich-
gewichts des Budgets nicht ausschheeglich maßgebend
sein. Man dürfe nicht nur die jährlichen Einnahmen
und Ausgaben betrachten, sondern müsse auch die
natürlichen Reichtümer und Werte des Landes in die
Rechnung einbeziehen. Daher sei es falsch, aus dem
derzeitigen Defizit auf den wirtschaftlichen Umwert und
die Aussichtslosigkeit der Kongokolonie zu schließen, wic
das vielfach geschehen sei.
üÜber die Wahrscheinlic keit eines Defizits während
der ersten Jahre sei er sich bei der. Anglicderung des
Kongostaats an Belgien im Jah nicht im
Zweifel gewesen. Das von ihm in rIlle 1909 nach
einer Bereisung der Kolonie ausgestellte Reformpro-
gramm, das die Ausgabe des alten Domanialsystems
und die Einführung der Handelsfreiheit zum wesent-
lichen Inhalt hatte, habe, wie jedermann voraussehen
konnte, einen N# ang der Feimahmne, und eine Er-
höhung der Ausgaben zur Folge e Die dadurch
bedingte Verschlechterung des # bgets beziffere sich auf
insgesamt 35 Mill. Fr. Im einzelnen betrage der
Einnahmeausfall infolge
der Aufgabe des Domaniums . 16 Mill. Fr.
der Abschaffung des Verproviankte
rungssystems 3,7
der Herabsetzung der Tarise der staat=
lichen Flußschiffahrt 3
der gbung. der doolzichlag.
en . .0,3;'- -
des Ptok- oolerbooi o, 8 -2
des Ver ies t F Wertpapiere und
Elfenbeir# 2,.5 -
Dazu lönen“ Erl höhungen der Aus-
gaben aus Anlaß des Ausbaues
½es Verkehrsnetzes 36 =
der Pchöbeerh der Gehälter und Ver-
pflegungszuschüsse 46
zusammen 34,55 Mill. Fr.
Diese Budgetverschlechterung würde zum Teil
durch die Bestenerung der Eingeborenen, die Ver-
mehrung des Handels, den Kautschukzoll, die Ausfuhr=
zölle usw. rsselien Immerhin überschreite der
Fehlbetrag des Budgets für 1914 weit 20 Mill. Fr.
In den ersten sünn nechnungsjahren habe sich ein
Gesamtüberschuß von 6 Mill. Fr. ergeben. Lasse man
das erste, in dem der alte Kongostaat noch die Ge-
schöfte, geführt habe, beiseite, so betrage dieser sogar
fast 10 Mill. Fr. Ziehe man davon den Erlös aus
dem Verkauf der Anteile der Lasaigeselsichalt ab, so
bleibe für die Zeit bis zum Ende des 1912 ein
vollständiger Ausgleich der Einnahmen ande lalpten
Für das Rechnungsjahr 1913 habe man einen Fehl-
betrag von 10,5 Mill. Fr. veranschlagt. E# seines
Verlaufs sei die finanzielle Situation wesentlich ver-
schlechtert worden durch den Ausbruch der Kautschuk-
krise, die die sofortige Aufhebung der Kautschukabgabe
unb der dln n den Ersatz des festen
Ausfuhrzolls auf Kautschuk durch einen Wertzoll und
die Herabsetzung der Frachtraten auf dem oberen
Kongo notwendig gemacht bobe. Der dadurch bedingte
Aussau belaufe sich auf 5,1 Mill. Fr. Dazu kämen die
nachteiligen Folgen des Alkoholverbots im unteren
Longo- der Neuordnung des Elfenbein-Regimes, des
Wegsalls der Liquidations= Exträgnise, welche im Bud-
get von 1913 mit mehr als ill. Fr. erschienen
seien, im Budgel für 1914 chev verschwänden, der
hohen Zinssätze für den Dienst der öffentlichen Schuld
und der Ausdehnung der öffentlichen Arbeiten, beson-
ders der moch nicht in Betrieb genommenen Eisen-
bahnen. Diese Tatsachen allein hätten das Defizit ür
1914 auf ũüber 24 Mill. Fr. steigen lassen müssen. Der
wirkliche Fehlbetrag von 21,1 Mill. habe danach
diejenigen nicht überraschen lönnen, de he die kolo-
nialen Angelegenheiten, wenn auch nur von weitem,
verfolgten.
Der Minister ging dann dazu über, die Frage zu
prüfen, was der Kongo in Wirklichkeit Belgien kostet,
und die tatsächliche Lage der Kolonie und ihre Zukunft
darzulegen. In ersterer Beziehung führte er folgen-
des an.
Vor der Erwerbung habe Bel ien cem zibhängi
gen Kongostaate Vorschüsse in Höhe 817
Francs gegeben und sich mit 15 de an E— Van
der Eisenbahn von Matadi nach Leopoldville
beteiligt. Diese Beteiligung habe sich als eine gure
Anlage erwiesen; außerdem werde Belgien im Falle
der Verstaatlich ung der Bahn das Kapital nebst einer
Prämie zurückgezahlt erhalten. Auf der Gegenseite
habe Belgien bei der Annexion für 29 Mill. Immo-
bilien erhalten, die aus Mitteln des Kongostaates er-
worben worden waren. Seit der Annexion habe der
Kongo dem Mutterlande nichts gekostet. Man dürfe
nicht aus dem Auge verlieren, daß man in kolonialen
Fragen auch andere Gesichtspunkte heranziehen müsse
als den des Gleichgewichts der Budgets; die zivili-
sierten Nationen kolonisierten nicht, um wohlabge-
wogene Kolonialbudgets zu erzielen, sondern, abge-
sehen von moralischen und zivilisatorischen Gründen,
um der indirekten Vorteile willen, welche die Kolonien
gewährten. Wenn man demgemäß die wirtichaftlichen
Vorteile ins Auge fasse, so finde, man, daß im Durch-
schnitt der Jahre 1908 bis 2 Belgien sahriich für
5 Mill. Fr. nach dem #eonden ausgeführt habe, und
diese loführ von 19,7 Mill. Fr. im Jahre 1 1908
auf 35,9 Mill. Fr. im Jahre 1912 gestiegen sei. Der
Gesamtbetrag des jährlich durch Beamte und Privat-
leute in der Kolonie verdienten und nach dem Mutter-
land überwiesenen Geldes übersteige bereits 13 Mill.
Die Uberschüsse der longolesischen kolonialgeiellschaften
hätten durchschnittlich 16 Mill. Fr. im Jahre betragen.
Die Errichtung des Freistaates habe die Gründung
von mehr als 209 industriellen Unternehmungen in
Belgien zur Folge gehabt. Im Jahre 1913 seien in
Belgien für die Kolonie durch die Verwaltung allein
mehr als 10 Mill. Fr. ausgegeben worden.
Dafür zeige sich das Mutterland, welches so große
wirtschaftliche Vorteile aus der Kongokolonie gezogen
habe und noch ziehe, seinerseits wenig freigebig. Aus
der Etenpelpsiicht und aus der Eintragung der kongo-
lesischen Gesellschaften und der belgischen Gesellschaften.
wel 1h7“ im Kongo tätig sind, habe der belgische Slgat
seit Wog eine mittlere pabreteimnohur von 359 559 F.
erzielt, während die Kongokolonie, welche alle 2
gaben der Verwaltung zu tragen habe, Straßen und
Eisenbahnen baue und den Gesellschaften das ungestörte
(rbeiten in der Kolonie gewährleiste, nur einen Durch-
chnittsertrag von Fr. an Eintragungsge-
ühren erhalten habe. Der Ehie Staat habe sich
erner die Ausprägung der für die Kolonie hetimmann
Scheidemünzen vorbehalten. Die Schatzscheine der
Kolonie würden von der Nationalbank nicht eskomp-
tiert, und die Sparkasse, welche bedeutende Mengen
Obligationen von Privat gesellschaften unterbringe,
könne dem belgischen Nongos nicht einen Centime zum
Darlehn geben. Auf der anderen Seite habe Belgien,
als es anläßlich der Annexion sich dem König Leo-
pold II. und seinen Nachfolgern erkenntlich zeigen zu