W 28 20
An diesen Natschlag knüpfte der Präsident
des Kongresses, Herr J. A. Neser an, als er
in einer längeren Rede die für den Juni 1914
geplante Studienfahrt von fünfzig südafrikanischen
Farmern nach Europa erörterte. Er ging davon aus,
daß Lord Milner bereits kriegsgefangene Buren
nach den großen englischen Kolonien gesandt hätte,
um ihnen zu zeigen was auf dem Gebiete der
Landwirtschaft, insbesondere in Kanada, Australien
und Neu-Seeland geleistet würde. Jetzt hätte es
die südafrikanische Landwirtschaft dem großen Ent-
gegenkommen der Union Castle Mail Steamship
Company Limited zu danken, daß 50 Farmer,
ohne etwas bezahlen zu müssen, nach England
und Holland reisen dürften, um die Viehzucht
des ersteren und die vorbildlichen Kleinbetriebe
des letzteren zu studieren. In England sei bereits
ein besonderes Komitee gebildet, das alles so
arrangieren würde, damit die Fahrt von Erfolg
begleitet sei, und in Holland würden die Teil-
nehmer auf Einladung des Prinzgemahls die
Gäste der Königlich Niederländischen Landwirt-
schafts-Gesellschaft sein.
Die Auswahl von je 10 Farmern bliebe den
vier Provinzen und Rhodesien überlassen. Die
genannte Schiffsgesellschaft mache es aber zur
Bedingung, daß die Delegierten ihre Reiseeindrücke
und die von ihnen gesammelten Erfahrungen den
Landwirten der einzelnen Gebiete Südafrikas
durch Wort und Schrift in umfassendster Weise
mitteilten. Die Mitglieder der Farmertour sollten
vorzüglich folgenden Punkten ihr Anugenmerk zu-
wenden: Maßnahmen des Staates zur Förderung
der Landwirtschaft, Besiedelungsvorkehrungen,
Erziehungswesen, Versuchsstationen, Bewässerungs-
anlagen, Trockenfarmen, landwirtschaftliches Ma-
schinenwesen, Tarispolitik, Telephon= und Post-
einrichtungen auf dem Lande, Absatzgelegenheiten,
Schlachthauseinrichtungen, Verschiffungsmöglich-
keiten, Ausstellungswesen, transportablen Biblio-
theken, landwirtschaftlichen Statistiken, veterinär-
polizeilichen Maßnahmen usw.
Er spräche den dringenden Wunsch aus, daß
auch noch andere Länder besucht werden könnten.
Den ersten technischen Vortrag hielt der land-
wirtschaftliche Sachverständige der südafrikanischen
Bundesregierung Capitain du Toit über das
Trockenfarmen. Er führte zunächst aus, daß die
Regierung mit der Einrichtung einer besonderen
Abteilung für Trockenfarmen im Landwirtschafts-
ministerium folgende Ziele im Ange habe:
1. Die Nutzbarmachung des vorhandenen Wassers
in jeder nur möglichen Weise zu fördern.
2. Nachzuweisen, daß dem Boden auch in länge-
fren Trockenperioden ausreichende Feuchtigkeit
erhalten werden könnte.
3. Das Interesse für die Erlernung des land-
wirtschaftlichen Berufs anzuregen.
—
nZu ermitteln, welche Pflanzen am besten in
den einzelnen Landesteilen gedeihen.
. Das Trockenfarmen auf wissenschaftlicher
Grundlage zu lehren.
. Mit den Versuchsanstalten anderer Länder
in dauernde Berührung zu treten.
Die Ergebnisse eigener Versuche der Farmer-
schaft zugängig zu machen und zur Nach-
ahmung anzuregen.
Der Redner berührte danach die zur Zeit
sehr besprochene Landfrage und meinte, mit den
modernen Errungenschaften der landwirtschaftlichen
Wissenschaft, hauptsächlich des Trockenfarmens,
könnten sehr bedeutende Strecken des Bundes-
gebietes in Kultur genommen werden, so daß
eine ausgedehnte Besiedelungsmöglichkeit für Weiße
gegeben sei. Trockenfarmen sei zwar nicht überall
im Lande möglich, im Subkontinent böte sich
aber noch eine so weitgehende Gelegenheit dafür,
daß noch Generationen vergehen würden, bevor
diese gewaltigen Ländermassen der landwirtschaft-
lichen Produktion dienstbar gemacht sein könnten.
Zu den Versuchsstationen übergehend, wies
Herr dn Toit darauf hin, daß diese zweckmäßig
auch auf schlechten Böden angelegt würden. Lich-
tenburg z. B. hätte rein kiesigen Boden. Die
Ackerkrume wäre dort 6 bis 40 Zoll tief. Im
Untergrunde lagere eisenhaltiger Kies.
Die Produktionskosten stünden sich in Lichten-
burg wie folgt:
1 Acre Weizen mit einer Ernte von 6 Bags
— 2 L. 1 Bag mit 200 englischen Pfund
also 6 sh 8 d,
1 Acre Weizen mit einer Ernte von 5 Bags,
1 Bag mit 200 englischen Pfund: 7 sh 8d,
1 Acre Weizen mit einer Ernte von 4 Bags,
1 Bag mit 200 englischen Pfund: 9 sh 2 d.
Mais wären durchschnittlich 8 Bags auf einem
Acre geerntet worden, also 3 sh 10 d für 1 Bag.
Kartoffeln. Die Ernteergebnisse seien im
Durchschnitt 60 Bags auf den Acre gewesen.
1 Bag danach bei 153 englischen Pfund 3 sh 1 d.
In den Produktionskosten seien die Ausgaben für
Pflügen, Eggen, Walzen, Belegen mit Mist, Pflan-
zen, Säen, Ernten, Einmieten, Abfahren, Dreschen,
Einsacken, Wiegen usw. einberechnet. Die Kosten
seien auf den staatlichen Versuchsstationen höher,
da nur mit weißen Arbeitern gearbeitet würde.
Dies Prinzip würde streng durchgeführt, weil auf
diese Weise arme Weiße für den landwirtschaft-
lichen Beruf gewonnen würden, die nach einigen
Jahren dann regelmäßig auf Privatfarmen als
Vorarbeiter oder Verwalter Anstellung finden.
Der Reverend E. Goes, Direktor des Obser-
vatoriums in Bulawayo (Südrhodesien), sprach
über Trockenperioden und Sonnenschein in Süd-
afrika. Er betonte, daß in den Gegenden des
Landes, die für Trockenfarmen in Betracht kämen,
S O1"
—–1