Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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können. Weiter unterscheidet sie sich von der Skrophu= 
lose dadurch, daß sie nicht nur Kinder, sondern auch 
jugendliche Erwachsene und selbst Leute im höheren 
llter ergreifen kann. Trotzdem ist nicht mehr daran 
zu zweiseln. daß wir im Safrit Tuberkulose vor uns 
ben. Denn: 1. der pathologisch-anatomische Befund 
Dinschließhlich vel. Nachweises der Tuberkelbazillen ist 
erjenige der Tuberkulose; 2. die Drüsentuberkulose 
geht in die Lungentuberkulose über; 3. die Tuberkulin- 
reaktion ist bei allen Safritkranken stark positiv; 4. die 
ausgezeichnete therapentische Wirkung des Lebertrans, 
im Verein mit roborierender Ernährung, wie sie von 
)r. Buse im großen durchgeführt wird, spricht gleich- 
falls für die skrophulöse Natur der Leidens. Safrit 
it die häufigste aller Todesursachen im Alter von 2 bis 
twa 20 Jahren. In diesen Altersklassen stellt sie 
* v. H. aller Todesfälle. Später tritt sie stark zurück 
und beteiligt sich nur neßt mit 7 v. 1K. an der Gesamt- 
sterblichleit (ugl. Tab. VIII 
Die td ru sich meist derart 
aus der Drüsentuberkulose, daß sich von Durchbruchs- 
stellen vereiterter Drüsen aus rasch vorwärtsschreitende 
Geschwüre bilden, die nicht auf den Hals beschränkt 
bleiben, sondern große Teile des Thorax in Mitleiden= 
schaft ziehen können. Heilt sie aus, so bezeichnen breite, 
feste Narbenstränge, die bisweilen“ den Kopf zubeweg. 
lich am Brustkorb firieren, ihre ehemalige Bahn. Nicht 
selten ist eine Vergesellschaftung tuberkulöser und fram- 
bösischer Geschwürc. 
Von Lungenybthise sah ich alle Stadien vom leichten 
atarrh und der Spitzeninfiltration bis zur Cavernen- 
ildung 
rüsen-, Haut= und Lungentuberkulose sind der 
Zahl nach zwar die weitaus häufigsten Formen, doch 
fehlen auch die rer Organe, einschließlich der 
Knochentuberkulose nicht. Nebenbei sei auf die nicht 
uninteressante Tatsache hingewiesen, daß wir hier einen 
schwer von Tuberkulose heimgesuchten Menschenschlag 
vor uns haben, bei dem nicht die geringsten tursälht 
lichen Beziehungen zur Tuberkulose des auf der Insel 
nicht heimischen Rindes bestehen, eine Tatsache, die 
nicht ohne Bedentung für die in der Heimat viel er- 
örterte Frage der Wechselwirkungen zwischen Rinder- 
und Menschentuberkulose ist. Wohl aber sind nicht 
nur alle sonstigen daheim für die Tuberkuloseverbrei- 
tung angeschuldigten Umstände auch hier anzutreffen, 
sondern außerdem noch zwei für die Westkarolinen 
Zunächst die Ubertragung durch den 
Betel. Die bisweilen zu beobachtende Gepflogenheit, 
einen angekauten Betelpriem weiterzugeben. ermöglicht 
die unmittelbare Vermittlung der Tub erkelbazillen. 
Kittelbar ist aber seine Gefährlichkeit noch viel größer, 
denn wenn ein schwindsüchtiger Betelkauer hundertmal 
und öfter seinen mit Bazillen beladenen Auswurf in 
die Umgebung verspritzt, so macht er sie damit zu einer 
auernden bequemen Infektionsquelle. Die zweite 
eigenartige Übertragungsmöglichkeit der Tuberkulose, 
e meiner Ansicht nach für die kindliche Tuberkulose 
ne große Bedeutung hat, liegt in der allgemeinen 
itte der Japmütter, ihren kleinen Kindern die Nah- 
rungsbissen vorzukauen. So nützlich es für den kind- 
ichen Magen sein mag, wenn ihm durch diese Prozedur 
ein Teil der die Verdauung vorbereitenden Arbeit ab- 
lenommen wird, so nahe liegt die Gefahr einer direkten 
Infektion des Kindes. durch eine kranke Mutter. 
rei großen Volksseuchen der Jnsel leisten 
sich leider gegenseitige Unterstützung, vor allem in der 
Weise, daß Ankylostomiasis und Frambösie durch ihre 
Schwächung der Konstitution und Anämie der Tuber- 
kulose den Boden bereiten. Weiterhin ist allen dreien 
eigen, daß sie meist schon in der Kindheit erworben 
  
  
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werden und so beharrlich den Karoliner durch sein 
ganzes Leben begleiten, bei Hunderten alle drei zu- 
sammen in verhängnisvoller Bundesgenossenschaft. 
3. Sonstige Krankheiten der Insel. 
In den vorstehenden beiden Kapiteln haben wir 
die Senchen kennen gelernt, die teils das größte Kontin- 
gent in der Sterblichkeit Japs stellen, teils die Wider- 
standskraft der Uberlebenden bedrohen. Damit ist 
jedoch die Liste der Krankheiten nicht erschöpft. Wir 
müssen wenigstens noch alle die von ihnen kurz Revue 
passieren lassen, die zwar geringer an Frequenz, doch 
nach irgendeiner Richtung hin über das Einzelwesen 
hinaus die ganze Voltsgesundbeit nachtellig. beeinflussen. 
Zuvörderst die Geschlechtskrankheiten. Uber ihre 
Verbreitung habe à Kehe eigenen Beobachtungen an- 
stellen können. die für ein einigermaßen zuverlässiges 
Urteil genügten. Die Leute sind bei allem sonstigen 
Entgegenkommen in diesem Punkte von begreiflicher 
Zurückhaltung. Die Unsicherheit des Urteils gilt 
namentlich für die Syphilis. Zaß sie vorkommt, ist 
durch einige frische Fälle, die Dr. Buse in Behand- 
lung hatte, sicher erwiesen. Wenn schon die hänfigen 
Tot= bzw. Frühgeburten den Verdacht auf syphilitischen 
Ursprung erwecken müssen, scheint ihre Verbreitung 
bisher doch nicht stark zu sein. 
Die Krankheitsbegriffe, die der Japmann hat, 
decken sich nicht immer mit einem entsprechenden unserer 
medizinischen Terminologie, sondern er hat nebenher 
Sammelnamen, deren Gemeinsames gewöhnlich ein 
besonders hervorstechendes Symptom ist, gleichviel von 
welchem Grundleiden es hervorgerufen wird. Den 
umfassendsten dieser Sammelbegriffe haben wir im 
Misillepik bereits kennen gelernt. Ein zweiter ist der 
des „Alingen“. Das Kollektivsoymptom dieser Gruppe 
ist der Kopfschmerz, sei es nun, daß er von einer fieber- 
haften oder sei es sonstigen Krankheit verursacht ist, 
so ungefähr, wic bei uns vom Laien mit dem Begriff 
des Rheumatismus gewirtschaftet wird. Irgendeine 
einheitliche Ursache für die unter Alingen subsummierten, 
vielen Todesfälle besteht sicher nicht. Zweifelhaft ist 
mir geblieben, ob wir es bei einer weiteren Gruppe, 
die als „Sassio“ dezeichnen wird, mit einer Krank- 
heit sui generis oder ebenfalls nur mit einem Sammel- 
nan ben zu tun haben. ie Sassiokranken bezeichnen 
sich selbst als wosche und wissen, daß ihre Widerstands- 
kraft herabgesetzt ist, so daß sie bei irgendeiner hinzu- 
tretenden ernsten Krankheit schwer gefährdet sind. Ich 
habe viele solche Sassiolente. immer Erwachsene, ge- 
sehen und untersucht. Die allen gemeinsamen Symp- 
tome sind folgende: sie sind anämisch und periodisch 
treten bei ihnen Schwellungen der Füße auf, die auch 
auf den Anterschenkel übergreisen können. Es sin 
keine Odeme, sondern sie imponieren als Verd gansinn 
der Cutis, ähnlich denen der Elephantiasis. Deshalb 
stieg zunächst auch der Verdacht auf eine filarielle Er- 
krankung in mir auf. Ich habe aber weder im Tages- 
noch im Nachtblute der Sassiokranken Filarien ge- 
funden. Am wahrscheinlichsten will mich dünken, daß 
wir es mit einer ungewöhnlichen, auf Gefäßerkranu- 
kungen beruhenden Erscheinungsform der Spätfram- 
bösie zu tun haber 
Sicherer sind wir in der Beurteilung der Krank- 
heit „Delag“, die mit unserer Lungenentzündung 
übereinstimmt. Safrit die häufigste Todesursache 
der Ingend, so die des Alters. Wie so viel- 
fach bei Natlcrvölkerg verläuft auch auf Jap die 
Pncumonie stürmisch und mit bedrohlichen Herg- 
erscheinungen, die in einem höheren Prozentsatz als 
beim Europäer zum Tode führen. Neben der Lungen- 
entzündung sind auch andere akute und chronische Kraul-
	        
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